Kapitel 19

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Auch in den Tagen nach Firat Astans Besuch änderte sich kaum etwas. Die Mädchen hatten sich mittlerweile beinahe daran gewöhnt, nach Lust und Laune von Revenbrook abgeholt zu werden.
Jedoch verlief in Hamburgs Innenpolitik nicht alles nach Revenbrooks Plan, was Irina und Leyla deutlich zu spüren bekamen. Wann immer er einen schlechten Tag gehabt hatte, war er ihnen gegenüber grober und behandelte sie schlechter. Auch im Bett wurde er an diesen Tagen aggressiver. Jedesmal, wenn sie seine Schritte vor der Tür hörten, schickten sie innerlich ein Stoßgebet gen Himmel, in der Hoffnung, einen guten Tag erwischt zu haben.
Revenbrook hatte tatsächlich überlegt, beide zurück nach Odessa zu schleusen, nachdem er mitbekommen hatte, wie kaltblütig Astan war. Diese Idee war jedoch genau so schnell verflogen, wie sie gekommen war. Es würde ihm nicht gelingen, ohne dass Firat Wind davon bekam. Seinen eigenen Kopf hinhalten wollte er natürlich auch nicht und da ihm die Mädchen eine gute Ablenkung von seinem Arbeitsalltag boten, behielt er sie in seinem Keller.
Die Mädchen schickten erneut kurze Gebete los, als sie an diesem Tag die energischen Schritte vor der Tür hörten. Revenbrook riss die Tür förmlich auf und rief nach Irina, die ängstlich aufstand und Leyla ansah. ,,Bis später", flüsterte sie im Gehen und verschwand durch die Tür, die mit einem lauten Knall wieder ins Schloss fiel. Kaum, dass sie alleine im Raum war, ergriff ein merkwürdiges Gefühl von Leyla Besitz, dass sie nicht zuordnen konnte, ihr aber Angst machte. Irgendetwas in ihr drin sagte ihr, dass es ein Fehler war, Irina alleine gehen zu lassen und dass sie an ihrer Stelle hätte gehen sollen. Sie versuchte vergeblich, das Gefühl loszuwerden und wartete schließlich aufgeregt auf die Rückkehr ihrer besten Freundin.
Revenbrooks Arbeitstag musste mehr als schlecht verlaufen sein, bei dem, was er Irina antat. Er fesselte sie ans Bett und war so erbarmungslos wie sie es noch nicht von ihm erlebt hatte. Sie verspürte unglaubliche Schmerzen, weshalb sie unaufhörlich schrie und weinte. Immer wieder bat sie ihn, aufzuhören. Vergebens. Ihr Körper trotzte den Schmerzen eine ganze Zeit, bis er es irgendwann einfach nicht mehr schaffte und sich in die Ohnmacht flüchtete. Revenbrook interessierte das wenig. Er machte einfach weiter. Das die Fesseln zu stramm und der Körper der jungen Frau total überlastet waren, kam ihm nicht in den Sinn. Er musste sich abreagieren, in diesem Fall eben an Irina. Er machte immer weiter, bis sich seine Wut gelegt und er befriedigt war. Von dem Mädchen war immer weniger Handlung gekommen, was ihm in seiner Rage nicht bewusst geworden war. Fertig angezogen stand er nun neben dem Bett, auf dem Irina sich immer noch nicht bewegte. Er löste die Fesseln und bemerkte die tiefen Einschnitte, die sie zurückgelassen hatten. Kurzerhand zog er ihr einfach grob ihre Klamotten an und trug sie zurück in den Keller. Kaum hatte er die Tür geöffnet und den Raum betreten, stürzte Leyla auf ihn zu. ,,Irina, was.. WAS HAST DU GETAN?!" Er ignorierte sie kurzerhand und legte Irina auf ihre Matratze. ,,Sie ist nur wieder in Ohnmacht gefallen, wie schon ein paar Mal. Kein Grund, hier so rumzukeifen, Püppchen!" Leyla war sich dessen nicht so sicher. Möglicherweise lag es an ihrem Gefühl, aber sie fand, dass Irina anders aussah, als bei den Malen, die sie in Ohnmacht gefallen war. Sie setzte sich neben ihre beste Freundin und strich ihr vorsichtig durchs Haar. ,,Was hat er nur gemacht?", hauchte sie, während sie Irina in die Arme schloss. Kurz darauf schreckte Revenbrook durch einen schrillen Aufschrei zusammen. Er hatte Leyla eine Weile zugesehen, wie sie sich um Irina sorgte, sich dann aber andere Gedanken gemacht. ,,Du verdammtes Schwein! Wie konntest du nur?!" Leyla ging auf ihn los. Er packte sie an den Handgelenken und drückte sie mühevoll an die Wand. ,,Was ist dein verdammtes Problem?!" Sie sah ihn wutentbrannt an und spuckte ihm mitten ins Gesicht. ,,Was fällt dir ein, du dumme Göre?!" ,,Mörder, du beschissener Mörder!" Leylas Augen füllten sich langsam mit Tränen, während sie weiterschrie. ,,Sie hat keinen Puls mehr! Ihr Herz schlägt nicht! DU HAST SIE VERDAMMT NOCH MAL TOTGEFICKT!!" Reflexartig verpasste Revenbrook ihr einen Schlag ins Gesicht. Er wollte ihre Worte nicht wahrhaben, es konnte einfach nicht sein. Er ließ sie los und stürzte zu Irina. Es stimmte. Revenbrook stürmte aus dem Zimmer, er musste Astan wohl oder über davon berichten. Leyla, die sich ihre schmerzenden Handgelenke rieb, stolperte weinend auf ihre beste Freundin zu und brach schluchzend über ihr zusammen. Wenn Irina sie verlassen hatte, war der einzige Grund, diese Tortur zu überstehen, verschwunden.
Doch in ihr wuchs langsam ein neuer Grund heran: Hass. Hass auf Astan, auf Revenbrook. Und der Wunsch, beide Leben auszulöschen, so wie sie es bei Irina getan hatten.

Sie nannten mich EisprinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt