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Cintia blickt auf den orange hinterlegten Text. Fortsetzung. Dieses Wort und der Satz von Goldfischchen - «Wann schreibst du weiter?» Die Leser warten - Cintia erkennt das Gefühl. Die Leser warten auf ein neues Kapitel, wollend ie Geschichte weiterlesen, genau wie sie weiterlesen will. Mit einem bitteren Schluck Cranberry öffnet sie das Dokument, streckt ihre Arme, lässt die Finger knacksen und beginnt mit dem neuen Kapitel

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«Die Sterne wurden dunkler und plötzlich blendete mich die Sonne. Der Morgen hatte die Nacht verjagt und wir lagen immer noch da. Er war zum Greifen nah, seine Hand in meiner. Immer noch. Ich war - ich konnte das Gefühl nicht beschreiben. Es füllte mich aus. Tief, ehrlich, heiß. Er war da, gleich neben mir. Ich drehte mich zu ihm, strich ihm mit meiner freien Hand über die Wange, wischte einige Haare von der Stirn. Wie süß er doch aussah, wenn er schlief. Plötzlich war er so sanft, so - wunderschön.

Ich wollte schon mit mir selbst schimpfen, war aber zu verwirrt. Was machte ich hier. Ich kannte das nicht. Ich kannte mich so nicht. Was hätte Mutter dazu gesagt? Die Fragen wurden plötzlich wieder lauter, hörbarer. Ich war da, war wieder wach, wollte weiter träumen. In Fragen versunken lächelte ich ihn an und realisierte gar nicht, als er die Augen öffnete. So lagen wir wohl eine Weile, er blickte mich an und ich schaute in die Ferne. «Hey», sagte er mit seiner warmen Stimme. Ich schmolz. «Morning Ev», versuchte er, mich nochmals zu erreichen. «Hi», antwortete mein doof grinsendes Gesicht. Scheiße. Das hatte ich jetzt total versaut. Ich hielt den Atem an und hoffte, einen schmerzlosen Tod zu sterben. Das war so verdammt peinlich. Echt jetzt. Musste ich so grinsen? Pfannkuchengrinsen hatte es meine Mutter immer genannt. Ja - als Kind war das ja noch süss, aber ich war kein Kind mehr. Mist. All diese Gedanken, wie Fausthiebe, schlugen auf mich ein. Röchelnd presste ich die Luft raus, erschlagen von mit. Ich wartete, kamen jetzt die Engel? Oder kam ich in die Hölle?

Ich wartete, wartete immer noch. Nichts passierte. Ich hatte immer noch keine Luft. Wie lange musste ich denn warten? Es war so verdammt verdammt verdammt peinlich. Echt. Ich war von mir selbst enttäuscht. Es hatte alles so gut begonnen - ich hatte endlich jemanden kennen gelernt - jemanden, der mich auch mochte. Ach, Schwachsinn - mein Herz, es hat endlich begonnen zu schlagen - und jetzt - ich. Mutter winkte mir zu, ich begann zu lächeln. Wenn ich Mutter sah, musste alles gut werden. Da war ich mir sicher. Vermutlich kam sie und würde mich in den Himmel begleiten. Und der Typ - Scheisse, ich wusste seinen Namen immer noch nicht, doppelpeinlich - der Typ faltete einfach so seine Flügel aus. Er war ein - Ich war - wow. Er schenkte mir das schönste Lächeln meines Lebens, ich verdunstete. Wenn das nicht Liebe war, dann war es tödlich. Ich zitterte. Vor Freude, natürlich. Er schaute mich immer noch an. Sein Name war mir plötzlich unwichtig, seine Lippen drängten sich in meinen Fokus. Seine Lippen waren viel zu nah unendlich weit weg. Ich schluckte leer, es war nichts zum Schlucken da.

Sanft setzten seine Lippen auf. Fein, zart, legte sich die Wärme über mein Mund. Ich wollte etwas sagen - doch fehlte mir die Luft dazu. Luft. Scheiße. Mir fehlte Luft. Vorsichtig öffnete ich den Mund, feucht glitt seine Zunge zu meinen Zähnen. Ich - ich - Dan kam Luft. Ein bisschen Luft. Nur für meine Lungen. Endlich. Ich atmete durch ihn, er war Teil meines Ichs geworden. Mein Herz setzt aus. Mutter lächelte, ehe sie verschwand. Ich wollte ihr noch - aber seine Lippen lagen auf meinen. Ich war gebunden, vereint. Wir waren eins. Seine Zunge strich über meine. Rau. Ich spürte meinen Atem auf meinen Wangen. Heiß. Ich war gebannt. Erwachen. Nun wollte ich mehr. Meine Zunge spielte mit seiner, schuf sich dann Platz und kroch zu seinem Mund. Seine Lippen waren rissig, lecker, Erdbeeren. Ich fuhr weiter, ließ mich nicht mehr aufhalten. So - so fühlte sich also ein Kuss an?


Sooo Leute - wie gefällt euch der Kuss? Schreibt es mir doch in den Kommentaren und vergesst nicht zu Voten!

XoXo, Cindy»

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Cintia füllt den Text ein, schaut das Fenster an und drückt Vorschau. Kapitel 7, das nächste, erwartete, ersehnte Kapitel - in ihren Händen. Nur ein Knopfdruck entfernt. Nur ein Klick und alles hätten es. Nur. Aber Cintia zögert. Ist es das Kapitel, auf welches die Leser warten? Der Titel sagt nichts über den Inhalt aus. «Weiter, wann schreibst du weiter?», hallt ihr der Tenor der Kommentare nach - und die Frage nach dem Typen, dem - dem Bad Boy. Vermutlich. Wer? Sie hat sich noch nicht entschieden. In den Kommentaren scheinen die Belieber die Hartnäckigsten zu sein - aber ist es ihr Publikum? Unwohlsein breitet sich in ihr aus, die Toilette brennt wieder, oder noch? Tabletten werden geschluckt, Saft wird getrunken. Cintia starrt wieder den Veröffentlichungs-Knopf an. Wann - wann wenn wirklich, wann wird sie es veröffentlichen? Ihr nervöser Finger drückt zu. «Scheisse», schreit Cintia auf. Aber - sie lässt den Laptop einfach stehen. Das Fenster zeigt immer noch die Tags und gratuliert ihr zum neuen Kapitel. Cintia zieht sich aus, läuft ins Badezimmer, dreht den Hahn auf. Eine heiße Dusche - einfach abschalten. Cintia lächelt, während sie den Duschschaum verteilt.

SEX, BAD BOYS, GIER - Sehnen der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt