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Müde blinzelt Cintia unter der Decke hervor. Sonnenschein füllt ihr Zimmer, sie knurrt, zieht die Decke weiter über den Kopf. Es ist noch viel zu früh für einen Sonntag Morgen. Sie dreht sich nochmals um. Aber - sie steht schon auf, rennt zur Toilette, faucht leise mit sich selbst. Es brennt nicht mehr so arg wie am anfang, es ist besser geworden, das gesteht sie sich selbst ein - aber es ist einfach Müll. So schnell ist ein Sonntag versaut. Sie ist nicht mehr sieben und spielt den ganzen Tag mit Barbie - sie hat kein spannendes Buch mehr zum Lesen - außer, vielleicht gibt es ja doch was. Auf ihrem Handy meldet sie sich an, Wattpad. Neue Nachrichten, Kommentare, Votes - Sternchen. Aber Cintia will das gar nicht sehen. Ihr letztes Kapitel, sie mag es nicht. Es war eine Notlösung, schnell schnell getippt, aber jetzt - sie fühlt eine Taubheit in den Fingerspitzen. Jetzt fühlt es sich einfach falsch an, zu schreiben. Soll sie eine Entschuldigung schreiben? Ihre Leser beruhigen? Sie - die Leser sind doch eigenständige Menschen. Missmutig klickt sie sich wieder durch Geschichten. Sex. Ein Suchwort, viele Treffer. Alle mit so vielen Klicks und die meisten mit wenig Inhalt. Genervt, ohne zu wissen weshalb, klickt sich Cintia durch die Texte. Weshalb muss sie es anders schreiben? Weshalb hat ihr Xinon da reingeredet. Weshalb? Aber - gleichzeitig - irgendwie ist sie auch froh. Ein kleines Bisschen nur, aber doch - etwas froh. Wie hätte sie es denn schreiben sollen. Die Worte kommen ihr nicht richtig in den Computer. Und wenn - wenn die Mutter - man weiss ja nie. So Laptops können was Gefährliches sein. Irgendwie. Ungeduldig öffnet sie ihr Worddokument, schaut den Titel an. Sex - das kam noch nicht vor, also nicht wirklich, aber das kommt noch. Bad Boys - Wer? Wer ist jetzt der Bad Boy? Und schlussendlich - Gier? Wann kommt die Gier? Es sind schon sieben Kapitel und noch kein Wort zur Gier. Was erwarten die Leser? Cintia schreibt erneut Notizen, kritzelt eine ganze Seite voll. ‹Mind Mapping› wurde das in der Schule genannt. Eine besonders gute Technik - aber nicht gerade hilfreich. Eigentlich kennt Cintia ja schon das Ende ihrer Geschichte. Aber dieses Ende rückt immer mehr in die Ferne. Und - es würde noch mehr in die Ferne rücken, wen sie jetzt nicht weiter schreibt. Mit einem geschnaubten Schlusspunkt scrollt sie an das Ende ihres Textes. Unten im Dokument steht, dass es schon mehr als Fünfundzwanzigtausend Zeichen sind - mit Leerzeichen. «Krass», entweicht es ihren Lippen, dann beginnt sie zu tippen.

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«Er riss sich los. Ich schaute ihn an. ‹Was?›, wollte ich ihn Fragen, aber er stand schon auf, schaute erschrocken seine Uhr an, eine Blanc Pain. Mit einigen schnellen, gestotterten englischen Worten rannte er zu seinem Auto. Der Motor heulte auf und die Reifen hinterliessen eine Staubwolke. Ich schaute ihm nach. Was? Ich konnte es nicht verstehen. Plötzlich, ohne – ich habe ihn nicht verstanden. Was wollte er mir sage? Ich hatte wieder so viele Fragen. Plötzlich war nichts mehr klar. Zerrissen. Mein Herz setzte aus. Ein Schlag und dann Stille. Nichts kam, nichts mehr. Vielleicht musste ich jetzt sterben – aber – ich durfte wenigsten einmal küssen. Trotzdem, ich wollte nicht als Jungfrau sterben. Ich – ich – ich war überfordert.Was sollte ich tun. Da verschwand die Staubwolke meiner Liebe, Pluff, löste sie sich auf. Wie ein magischer Trick, nur ohne Zauberer. Ich wollte weinen. Laut. Aber – mir fehlten die Tränen dazu. Ich war ausgetrocknet, hatte zu lange nichts mehr getrunken seit – seit gestern. Ich war – eine Träne rann trotzdem aus meinen Augenwinkeln. Eine kleine, feine Träne. Kopfschmerzen Ahoj – das hatte ich jetzt wirklich nicht gebraucht. Aber was konnte ich schon wählen. Ich wollte mich nur noch zusammenrollen und in frieden sterben. Auch als Jungfrau. Alles war zu ende. Fertig. Schluss. Aus. Ich weinte eine zweite Träne. Migräne – ja. Ich spürte eh keinen Schmerz mehr, mein Herz war zersplittert. Scheiß Männer. Ich schaute durch den Tränenfilm, alles verschwamm. Die Welt ging unter. Alles zerbrach, gebrochen in Tränen. Ich wollte nicht mehr. Mein Herz jedoch verriet mich, ein Schlag, ein zweiter. Ich war zum leiden verdammt. Wie hatte ich das nur verdient? Ich verstand die Welt nicht mehr – nicht, dass ich sie jemals verstanden hätte – aber das jetzt, das war einfach zu viel. Ich blieb liegen vor dem Tippi, hoffte aus diesem Albtraum zu erwachen – aber ich war gefangen in der Realität. Leider.

Ich wusste nun, ich hatte ein Herz, Betonung lag bei ‹hatte›, denn dieses war nun zersplittert. Geborsten unter der Last der Liebe. Wie doof das klang. Schniefend zog ich die Nase hoch, schaute in die Ferne, nichts mehr deutete auf den Jeep hin, weg, verschwunden, aufgelöst. Ich warf mich wieder auf den Boden. Etwas Hartes bohrte sich in meinen Rücken – ich war wohl auf einem Stein gelandet. Genervt drehte ich mich zur Seite, wollte den Stein wegwerfen - hielt eine Mundharmonika in der Hand. Eine – seine! Ich wollte sie trotzdem wegwerfen – und gleichzeitig bei mir behalten. Ich legte sie auf meine Brust, Kopfschmerzen brandeten in meinem Schädel. ‹Bubum› hämmerte mein Puls von innen. Ich litt unter dem Dröhnen, dem Sausen.

Mit meiner letzten Kraft richtete ich mich auf, wankte, ging runter auf alle viere. So kroch ich meinem Haus entgegen. Die Mundharmonika fest in der Faust, die ließ ich nicht mehr los. Weiter, feuerte ich mich an, weiter. Summer, Surren, Hämmern. Mein Kopf! Tränen hinterliessen Tropfen zwischen den Kriechspuren. Ich war am Ende – aber noch nicht tot. Ich musste – das Haus kam immer näher. Scheiße, was war nur mit mir passiert?

Hallo meine lieben, treuen Leser – ja, die Geschichte geht weiter – und es bleibt weiterhin spannend! Wie gefällt euch dieses Kapitel? Ich musste mich dazu durchringen – aber ich glaube, es ist ein gutes Kapitel. Schreibt doch einen Kommentar und lasst es mich wissen – ja? Danke euch! Bis zum nächsten Kapitel

xoxo, Xindy»

SEX, BAD BOYS, GIER - Sehnen der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt