Kapitel 1 - Chelsea

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Gestresst hetzte ich in unsere Firma. Mein nächster Termin würde in einer knappen halben Stunde stattfinden und anstelle der geplanten Stunde hatte ich nur noch zehn Minuten Zeit bis ich dort sein musste. Dass dieser fast auf der anderen Seite von Kailua war, machte die ganze Situation nicht einfacher.

»Chelsea. Da bist du ja endlich. Ich habe dir die Unterlagen schon rausgelegt, da steht alles drin was du brauchen wirst«, empfing mich meine Arbeitspartnerin und beste Freundin Tiffany Knight.
»Danke, du bist ein Engel. Irgendwelche Stichpunkte, die ich wissen sollte?«, fragte ich während ich die Unterlagen einpackte und ein Blick auf die Uhr warf.

»Ich hatte keine Zeit die Unterlagen durchzulesen. Ich weiss nur dass du dich gleich mit Thiago Pérez triffst.«
»Müsste ich diesen kennen?«
»Stinkreich, aber ziemlich heiss«, erwiderte Tiffany.
Ich nickte. Das erklärte schon mal einiges.

Mit knappen zehn Minuten Verspätung erreichte ich das Gebäude von 'Pérez Enterprises'. Im Auto hatte ich mir Stichwortartig einige Informationen über Thiago Pérez gemerkt. Er war 28 Jahre alt, Inhaber von 'Pérez Enterprises', schon seit 7 Jahren mit seiner Verlobten zusammen und wohlhabend. Das würde für das heutige Treffen genügen müssen. Der Bürokomplex von 'Pérez Enterprises' war so gigantisch, dass ich leicht eingeschüchtert war. Es wunderte mich wenig, dass alle Personen, die das Gebäude verliessen oder betraten, Anzüge trugen und unglaublich gestresst wirkten.

Wie ich von den Notizen bereits wusste, musste ich in Thiago Pérez Büro im sechsten Stock. Also ging ich zügig auf einen der beiden Fahrstühle zu und drückte auf das richtige Stockwerk. Genervt pustete ich eine Haarsträhne, welche sich aus meinem Zopf gelöst hatte, aus meinem Gesicht und beobachtete mich im Spiegel. Schliesslich öffnete ich ihn, wuschelte einmal durch meine Haare und verliess den Fahrstuhl. Auf dem Flur das letzte Zimmer rechts rief ich mir ins Gedächtnis als

Jemand gegen mich stiess und meine Visitenkarten und die Unterlagen unsanft zu Boden fielen. Die Person kniete sich zu mir runter und half, meine Karten einzusammeln.
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«, fragte mich eine raue Stimme.
»Eh ja, ich suche Thiago Pérez. Ich soll seine Hochzeit planen.« Ich hob meinen Kopf und blickte direkt in seine Augen. Sein Mund öffnete sich langsam und ich wartete auf eine Antwort. Doch es kam keine.
»Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte ich und musterte ihn kurz.
Ein leichter Dreitagebart umrandete sein Gesicht. Seine Lippen waren voll, fast schon zu voll für einen Mann. Er war durchaus ein ansehnlicher Kerl.

»Eh ja. Ja klar.« Ein lächeln legte sich auf meine Lippen und der Mann vor mir kratzte sich an der Stirn.
»Was machst du denn da am Boden?«, wurden wir unterbrochen. Jemand kam uns entgegen und zog eine Augenbraue hoch als er mich sah. Er sah meinem Gegenüber recht ähnlich, nur hatte dieser grüne Augen und keine braunen.

»Hallo, schöne Lady.« Ich wandte mich wieder meinen Karten zu und sammelte den Rest ein. Seine Begrüssung ignorierte ich gekonnt und verdrehte die Augen. Eine Hand griff nach der Karte welche ich gerade aufheben wollte und die Aufschrift wurde laut vorgelesen.
»Ach, Sie sind in diesem Fall die Eventplanerin für die Hochzeit?«, sprach er das Offensichtliche aus.
»Offensichtlich«, erwiderte ich und stand auf.
»Liege ich richtig in der Annahme, dass Sie
Thiago Pérez sind?«, fragte ich und verschränkte meine Arme.

Besagter Mann setzte gerade zur Antwort an, als sich der Andere einmischte.

»Eh, Thiago, können wir uns vielleicht kurz unterhalten?«, fragte er und zog ihn in ein Büro.

Na toll, und ich sollte hier warten und Däumchen drehen?

Nach circa zehn Minuten traten die beiden Männer wieder aus dem Raum.
»Entschuldigen Sie, dass wir Sie haben warten lassen. Das ist mein Cousin und Trauzeuge Milan und ich bin Thiago Pérez«, stellte sich Thiago, anscheinend der Mann mit den grünen Augen, vor und reichte mir die Hand.
»Chelsea Gallagher«, erwiderte ich und schüttelte beiden die Hand. »Ich hätte einiges mit Ihnen zu besprechen«, sprach ich und wandte mich dann an Milan Pérez, »werden Sie uns während des Meetings Gesellschaft leisten?«

»Wie Sie bestimmt wissen, braucht man für die Planung einer Hochzeit viel Zeit. Man muss alles bis ins kleinste Detail planen und immer wieder Änderungen vornehmen.« Ich nahm zwei Blätter aus meiner Mappe und legte sie den beiden Herren vor mir auf den Tisch. »Hier sehen Sie zwei Hochzeiten aus unserem Repertoire. Beide Hochzeiten sind bei den Gästen und den Familien gut angekommen und mit höchsten Tönen gelobt worden.« Das nächste Blatt bestand hauptsächlich aus Zahlen. »Die Preise sind je nach Wünschen anders. Wenn Sie am Strand heiraten wollen und anschliessend auch die Feier dort stattfinden lassen kommt Sie das natürlich günstiger als eine Hochzeit in einem Castle und anschließendem Fest in einem Ballsaal oder ähnlichem. In Ihrem Profil haben Sie angegeben, dass Ihnen der Preis keine Rolle spielt, ist das richtig?«

Thiago Pérez warf einen Blick auf seinen Cousin, welcher kaum merklich nickte, ehe er mir antwortete.

»Das ist richtig. Der Preis spielt uns keine Rolle. Wir wollen aber auch nicht unnötig viel Geld ausgeben, wenn Sie verstehen was ich meine.«

Ich nickte und notierte mir einige Stichpunkte auf einem Notizblock. »Ich würde Ihnen vorschlagen eine Hochzeit am Strand von Kailua nicht auszuschliessen. Das Ambiente ist besonders im August und im September sehr schön. Falls Sie den Stand aber unpassend finden, ist es nicht meine Absicht Sie dafür zu überreden. Wissen Sie schon, was für eine Feier sich ihre Verlobte wünscht oder haben Sie sich da noch keine Gedanken gemacht?« Er verneinte und ich notierte mir Orte welche ich für das nächste Meeting genauer beschreiben würde.

»Nun gut, ich denke für heute haben wir genug besprochen. In der kommenden Woche werde ich Sie kontaktieren um mit Ihnen den weiteren Verlauf abzuklären. Ist das in Ordnung so?«, fragte ich und erhob mich währenddessen aus dem Stuhl.

»Natürlich. Lassen Sie sich Zeit. Und Entschuldigung wegen den Unannehmlichkeiten zu Beginn«, verabschiedete sich Thiago Pérez von mir. Auch sein Cousin Milan erhob sich, zeigte sein Zahnpasta lächeln und schüttelte mir die Hand. »Bis demnächst.«


Erschöpft schloss ich die Tür zu meiner Wohnung auf. Kalte Luft strömte durch ein offenes Fenster. Wie so oft hatte ich am Morgen vergessen das Fenster in der Küche zu schliessen.

Wobei man nicht wirklich Küche dazu sagen konnte. Ich wohnte in einem Loft. Bis auf das Badezimmer hatte ich keine richtigen Zimmer.

Seufzend schloss ich das Fenster und öffnete meinen Kühlschrank. Eine grosse Auswahl hatte ich nicht. Diese Woche war das Einkaufen ein bisschen zu kurz gekommen. Ich hatte zusätzlich zu meinen Meetings auch noch die von Tiffany übernehmen müssen weil ihr Sohn krank war. Demzufolge empfing mich mein Kühlschrank mit einer gähnenden Leere und ich musste mein Nachtessen auf zwei Joghurt und einen Apfel beschränken.

Ich liess mich an meinem Tischchen nieder und blätterte in einer der vielen Zeitschriften welche hier rumlagen. Mein Blick fiel auf einen Umschlag welcher ich vor einer Woche aus dem Büro mit nachhause genommen habe. Verdammt, und dieser hatte noch den Stempel 'WICHTIG' aufgedruckt. Hastig griff ich danach und riss das Couvert auf.
Eine Mahnung. Wir waren mit der Miete für das Büro überfällig und hatten noch bis Jahresende Zeit, den Betrag zu begleichen, ansonsten konnten wir mit einer Zwangsschliessung rechnen. Der Kunde Thiago Pérez war also enorm wichtig für uns, wenn wir unser Geschäft nicht verlieren wollten. Ich musste also alles dafür geben, die Hochzeit zu einem wahnsinnigen Erfolg zu machen.

Wedding Plans - Als der Bräutigam zum Trauzeugen wurdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt