Kapitel 3

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Die ganze Fahrt über schaute ich stumm aus dem Fenster. Ich wollte mich nicht mit diesem Mann unterhalten, ich wollte noch nicht mal hier sein.
»Sie sind wohl nicht sehr gesprächig, oder?«, unterbrach Milan die Stille.
»Ich wähle meine Gesprächspartner sorgfältig aus«, antwortete ich.
»Und ich gehöre nicht zu den Auserwählten?«
»Offensichtlich nicht«, konterte ich.
»Was habe ich Ihnen getan?«, fragte er mich.
»Sie benehmen sich extrem unfreundlich.«
»Ich habe Ihnen Rosen geschenkt.«
»Ja. Und? Ausserdem haben Sie das Gefühl, alles selbst bestimmen zu können.«
»Das ist mein Job«, sagte er und zuckte mit den Schultern.
»Ich bin aber nicht ihr Job.«
»Na gut, wo wollen Sie essen gehen?«
»Ist mir egal.«
»Sehen Sie? Sehen Sie?!«
»Sie wiederholen sich.«
»Sie können nicht jemandem vorwerfen, alles bestimmen zu wollen, wenn sie selbst keine Meinung dazu haben.«
»Okay, das reicht. Halten Sie an«, meinte ich nun vollends genervt.
»Chelsea...«
»Halten Sie an!«
»Nein.«
»Nein?«, fragte ich empört.
»Nein.«
»Na gut. Ab jetzt spreche ich kein Wort mehr mit Ihnen.«, murmelte ich beleidigt und verschränkte meine Arme.
»Das ist kindisch, Chelsea.«
Ich zuckte die Schultern und drehte mich wieder zum Fenster. Ich wusste sehr wohl, wie infantil mein Benehmen war, aber die Art dieses Mannes ging mir gewaltig gegen den Strich.


Milan hielt den alten Mustang an einer verlassenen Strasse neben einer Bucht, die ebenso verlassen war. Es war ein wunderschön idyllischer Ort und trotzdem hielt sich dort keine Menschenseele auf. Viel lieber besuchten die Leute die überfüllten Strände bei den Hotelbunkern und Shoppingmalls. Mir persönlich waren diese Strände viel zu touristisch. Milan lief um das Auto herum und wollte mir die Tür öffnen, jedoch nahm ich ihm die Arbeit ab, bevor er mich erreicht hatte.
»Ich bin durchaus in der Lage, meine Türe selbst zu öffnen«, schnauzte ich ihn, vielleicht einen Tick zu gehässig, an.
»Aber danke«, schob ich nach und räusperte mich, um meine heftige Aussage ein wenig zu entschärfen.
Milan kratzte sich nur am Kopf und hob dann stattdessen den Korb mit unserer Mahlzeit vom Rücksitz.
Ich lief um den Wagen herum und schaute aufs Meer hinaus.
»Es ist schön hier«, murmelte ich.
»Ja, es ist ein kleiner Geheimtipp unserer Familie. Früher war ich oft hier«, erwiderte er.
»Früher?«
»Meine Familie ist nicht mehr so wie sie früher war«, murmelte er und wies auf eine kleine Steintreppe die zum Sand führte. Ich zog meine Highheels aus und folgte seiner Bewegung. Meine Füsse versanken im sonnenerwärmten Sand. »Habt ihr euch zerstritten?«, fragte ich vorsichtig. Milan räusperte sich und befreite seine Füsse von den vermutlich sehr unbequemen Lackschuhen. Er lief neben mir her und seufzte.
»Nicht wirklich. Es ist nur...nicht mehr so, wie es mal war.«
»Dinge verändern sich. Da kann man nichts machen. Manchmal haben Veränderungen auch etwas Gutes.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob es seitdem viele gute Veränderungen in meinem Leben gab.«
»Wollen Sie darüber reden?«, fragte ich ihn vorsichtig.
»Ein andermal vielleicht«, lächelte er dankbar. »Wer sagt, dass es noch ein anderes Date geben wird«, grinste ich kokett.
»Ah, wir sind nun also doch der Ansicht, dass dies ein Date ist?«
Ich zuckte zusammen und musste lachen.
»Erwischt«, sagte ich noch immer grinsend. Milan breitete eine Decke aus und ich liess mich darauf fallen.
»Was gibt es denn zu essen?«, fragte ich neugierig.
»Spanische Paella. Selbst gemacht.«
»Ja, von ihrer Köchin wahrscheinlich.«
»Tatsächlich hat mir meine Haushälterin die Zutaten gekauft, mir das Rezept bereitgelegt und es in einen Warmhaltebehälter verpackt. Gekocht habe ich es jedoch selbst. Ich liebe es, zu kochen.«

»Tatsächlich?Das müssen Sie mir aber noch beweisen.«
»Liebend gern«, schmunzelte er. Er öffneteden Behälter und gab mir eine Gabel.
»Vegetarisch. Ich wusste nicht, ob sieFleisch oder Meeresfrüchte essen.«
»Ich esse beides sehr gerne, aber auchvegetarische Mahlzeiten entsprechen meinem Gusto. Muchas Graçias«, bedankte ichmich.
»Sie sprechen Spanisch?«
»Nicht wirklich. Ich bin ein paar Mal inKuba gewesen, aber mein Wortschatz enthält nur grundlegende Wörter wie Danke,Bitte und so weiter. Ihrem Nachnamen nach gehe ich davon aus, dass Sie jedochspanische Wurzeln haben.«
»Nichtganz. Meine Familie stammt aus Südamerika.«
»Interessant.Daher also auch dieses Gericht?«
»Gutkombiniert.«
»Danke.Ich habe mir schon immer mal überlegt, Detektiv zu werden.«
»Ach, tatsächlich? So ein SherlockHolmes Regenmantel würde Ihnen ausgezeichnet stehen.«
»Davonbin ich überzeugt.«
»Ichnehme an, Sie haben nicht wirklich vor, Detektiv zu werden.«
»Ich habe als Eventmanagerin meinenTraumberuf gefunden. Und zudem führe ich mit meiner besten Freundin unsereigenes Unternehmen. Das würde ich um keinen Beruf der Welt eintauschen. Dies bezüglichbin ich wirklich ein Glückspilz«, sagte ich stolz und legte die Gabel weg.
Die Paella war vorzüglich, aber ich war satt.
»Und wo haben Sie weniger Glück?« ichblickte ihm in die Augen und schaute dann auf das Meer hinaus. Er verstand meinZeichen, dass ich nicht darüber reden wollte, und murmelte bloss ein »Okay.«
Dann legte er ebenfalls die Gabel weg und packte den Rest der Paella zurück inden Korb. Er nahm aus seiner Jackettasche ein Minzbonbon und schob es sich inden Mund. Was erhoffte er sich genau von diesem Essen?

»Wollen Sie dann eine Runde schwimmen gehen?«, fragte er, erhob sich und hieltauch mir die Hand hin. »Nein, aber danke.«
»Ach, kommen Sie schon«, sagte er und begann,sein Hemd aufzuknöpfen.
»Nein, Milan, ich muss nachher noch arbeiten«,erwiderte ich und erhob mich.
Ich hob die Decke auf und klopfte den Sand weg. Plötzlich stand Milan direkthinter mir, strich meine Haare vom Hals weg und küsste mich am Hals. SeineHände wanderten zum Kragen meiner Bluse und er versuchte die Knöpfe zu öffnen.
»Hören Sie auf, Milan. Bringen Sie michbitte zurück«, sagte ich und schob seine Hände weg.
»Chelsea, seien Sie mal nicht so eineSpielverderberin«, versuchte er es erneut.
»Bringen Sie mich zurück!«, sagte ichdiesmal etwas heftiger.
»Na gut«, murmelte er, nahm mir dieDecke ab und hob den Korb auf. So schnell ich konnte, lief ichzum Auto und stieg ein. Die ganze Fahrt über redeten wir kein Wort mehr miteinander.Erst als wir vor meinem Büro ankamen und ich wortlos aussteigen wollte, legteer mir die Hand auf die Schulter und murmelte ein kurzes »Das wollte ich nicht,Chelsea.« Ich nickte nur und verliess fluchtartig den Wagen.

Wedding Plans - Als der Bräutigam zum Trauzeugen wurdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt