Kapitel 6

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Eigentlich wollte ich ja endlich wieder joggen gehen, aber ausgerechnet heute musste es wie aus Kübeln schütten. Vielleicht hätte ich auch einfach die Vorhänge ziehen sollen, bevor ich mich angezogen hatte. Nun war ich genervt, dass ich schon in voller Montur vor dem Eingang des Wohngebäudes stand.

In der Loft zog ich mir meine Joggingschuhe aus und stellte sie zurück ins Regal. Was sollte ich denn jetzt noch tun? Tiffany würde erst um 13.30 Uhr herkommen. Ich hatte sie, Louis und James zum Essen eingeladen. Bis dahin hatte ich aber noch viel zu viel Zeit übrig.

Ich beschloss, dass es höchste Zeit war für ein Bad. Also liess ich warmes Wasser in die Wanne ein, während ich mich auszog. Ich konnte mir nichts Besseres vorstellen, als an einem regnerischen Sonntag ein entspannendes Bad zu nehmen und dabei ein gutes Buch zu lesen.

Als das Wasser schliesslich eine angenehme Temperatur hatte, gab ich ein Melissenbadesalz dazu. Mit einem Buch in der Hand stieg ich ins Wasser.

Ich war so in das Buch vertieft, dass es mir beinahe aus der Hand gefallen wäre als mein Wecker klingelte. Diesen hatte ich mir extra gestellt, damit ich nachher noch genug Zeit hatte, um zu kochen.

Kurz nach 13 Uhr hatte ich den Tisch fertig gedeckt und das Essen in den vorgeheizten Backofen geschoben. Louis zuliebe hatte ich seine Leibspeise, überbackenes Hawaii-Kokos-Hähnchen gekocht.

Als die Klingel durch die Wohnung hallte, erhob ich mich vom Stuhl und öffnete ihnen die Eingangstür mit der Türöffnungstaste. Ich liess die Tür zu meinem Loft offen und begab mich wieder in die Küche.

»Tante Chelly!«, rief James, als er auf mich zu rannte und in meine Arme sprang.

»Da ist aber Einer gross geworden. Na, wie geht's dir?«, erkundigte ich mich bei meinem Patenkind.

»Hey Chelsea«, begrüsste mich Louis und gab mir einen Kuss auf die Wange. Dann erblickte ich eine genervte Tiffany und sofort schrillten alle Alarmglocken in mir.

Ich stellte James wieder auf den Boden und kniete zu ihm hin. »James, geh doch mit deinem Papa zur Spielkiste und such dir ein Spiel aus, welches wir nachher spielen werden okay?«

Als die Beiden ausser Hörweite waren, zog ich Tiffany zu mir in die Kochnische.

»Was ist los?«, fragte ich direkt und stiess sie sanft auf einen Hocker.

»Louis' Mutter hat vorhin angerufen und sich beklagt, dass ich mich nicht genug um James sorge. Er sei in der Kinderkrippe nicht gut genug aufgehoben. Ich als seine Mutter, sollte meine Arbeit aufgeben, bis James aus der Grundschule kommt.« Genervt verdrehte Tiffany die Augen und stöhnte erschöpft auf. Wusste ich doch, dass etwas nicht in Ordnung war.

»Diese Frau bringt mich irgendwann in die Nervenklinik. Ich bin trotz Arbeit eine gute Mutter. James gefällt es in der Kinderkrippe.« Tiffany sah mich verzweifelt an.

»Ich bin doch eine gute Mutter, oder?«

»Natürlich bist du das Tiffany. Das sieht Louis genauso, sonst hätte er sich nie dazu entschlossen, zusammen mit dir ein Kind zu kriegen«, ermutigte ich sie und drückte ihr einen Schmatzer auf die Wange.

»Los komm jetzt, das Essen wird nur noch kalt wenn wir weiter rumquatschen.«

Louis freute sich riesig über das Gericht und wollte gar nicht mehr aufhören zu essen. Tiffany musste mir echt einmal zusehen, wie ich überbackenes Hawaii-Kokos-Hähnchen kochte.

»Und wie geht es mit deinen Projekten voran, Louis?«, fragte ich und nahm einen Bissen von dem Hähnchen.

»Das Projekt hat diese Woche die Baubewilligung bekommen. Es wird das erste grosse Gebäude sein an welchem ich offiziell beteiligt bin.« Louis hatte vor einem Jahr seine Ausbildung als Architekt abgeschlossen und ein halbes Jahr lang ein Praktikum absolviert. Nun war er Angestellter eines Architekturbüros ganz in der Nähe.

James gab einen klagenden Laut von sich und suchte die Aufmerksamkeit seiner Eltern. Ungeduldig rutschte er auf seinem Stuhl hin und her und quengelte.

»James, wenn du jetzt nicht still sitzen bleibst, spielt Chelsea nachher nicht mit dir«, drohte Tiffany ihrem Sohn. Etwas, was James nicht konnte, war still sitzen zu bleiben. »Ich laufe mit ihm eine Runde um den Block.« Louis schnappte sich James, zog sich und seinem Sohn die Schuhe an und verliess meine Wohnung. Wenn James quengelig wurde, half es meistens, wenn man mit ihm spazieren ging, dabei beruhigte er sich meistens.

Kaum fiel die Tür ins Schloss blickte mich Tiffany durchbohrend an. »Was?«, fragte ich und stach mein letztes Stück Hähnchen auf. 

Wedding Plans - Als der Bräutigam zum Trauzeugen wurdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt