Fast zwei volle Tage befanden sich die beiden Elfen nun auf dem Weg zur Hauptstadt. Nur wenige Male hatten sie Rast gemacht, um den Pferden und dem Fahrer ein wenig Ruhe zu gönnen. Da Suotah darauf bestanden hatte die Vorhänge dauerhaft geschlossen zu halten, hatte Faenelia nicht einmal die Landschaft bestaunen können und schaute daher nur gelangweilt zu Boden.
Jedoch fasste sie nach einer Weile all ihren Mut zusammen und blickte Suotah ins Gesicht, dessen Aufmerksamkeit auf den geschlossenen Vorhängen lag.
"Kannst du mit etwas über Flüche erzählen?", fragte sie und durchbrach damit die lang anhaltende Stille.
Unerträglich langsam wandte Suotah sich ihr zu und schaute sie lange mit einem argwöhnischen Blick an.
"Es gibt keine Flüche.", antwortete er nach einer Weile und erklärte das Thema damit als beendet. Irritiert blickte sie dem Elfen ins Gesicht. Hatte er einfach keine Lust ihr vernünftig zu antworten oder sprach er die Wahrheit? Doch der Ausdruck des Elfen blieb unverändert und machte es Faenelia unmöglich etwas darin zu deuten.Nachdenklich wanderte ihr Blick durch den Innenraum der Kutsche. Eine weitere Frage drängte sich in den Vordergrund ihrer Gedanken, die sie lange versucht hatte zu ignorieren.
Unsicher öffnete sie ihren Mund, um zu einer Frage anzusetzen, doch schnell überlegte sie es sich anders und schloss ihn wieder. Der Dunkelelf musterte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Würde er diese Frage ebenso abwehrend beantworten? Doch wusste sie nicht, an wen sie sich sonst wenden sollte. Also entschied sie sich die Frage zu stellen, die ihr dauerhaft im Kopf schwirrte.
"Sag mir, was geschah mit dem Volk der Waldelfen?" Ein leises Zittern lag in ihrer Stimme. Lange beobachtete sie der Elf mit einem fragenden Ausdruck auf dem Gesicht. Eine unangenehme Stille bereitete sich aus, welche dafür sorgte, dass sich lang verdrängte Bilder in ihrem Inneren abspielten. Sie konnte bereits erahnen, wie die Antwort des Dunkelelfen ausfallen würde, doch hoffte sie inständig, dass sie sich irrte."Wie lange warst du dort eingesperrt?", erwiderte er schließlich mit einer Gegenfrage und holte sie somit in die Realität zurück. Mit einem leichten Schulterzucken blickte sie nervös zu Boden.
Nach einem lauten Seufzen erhob der Elf erneut seine dunkle Stimme. "Sie wurden ausgelöscht. Allesamt. Vor mehr als zehn Jahren."
"Wieso?", flüsterte Faenelias zitternde Stimme, obwohl sie die Antwort nicht hören wollte.
"Sollte ich nicht eher dir diese Frage stellen?"
Als Faenelia den Blick hob, sah sie wie der Elf sie mit hochgezogener Augenbraue musterte. Mit verschränkten Armen lehnte er sich entspannt zurück und schien auf eine Antwort ihrerseits zu warten. Doch Faenelia ließ nur unsicher ihren Kopf sinken. Still wünschte sie sich, dass sie die Frage ungeschehen machen könnte.Lange Zeit herrschte wieder Stille im Innenraum der Kutsche. Doch diesmal war sie unerträglich unangenehm. Nervös rutschte die Elfin mehrere Male auf ihrem Sitz hin und her. Als ein lautes Räuspern die Stille durchbrach.
"Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir die Stadt er..." Ein plötzliches lautes donnern ertönte und verschluckte den Satz des Elfen. Erschrocken blickten sich die beiden Elfen gegenseitig in ihre geweiteten Augen. Die Pferde begannen wild zu wiehren und sträubten sich gegen die Weiterfahrt, wodurch die Kutsche ruckartig zum stehen kam. Vermutlich wäre Faenelia durch den Innenraum der Kutsche geflogen, hätte sie sich nicht im rechten Moment am Sitz festgekrallt. Fragend blickte sie in das Gesicht des Dunkelelfen, welcher die Vorhänge des Fensters zur Seite schob und seinen Kopf hinaus streckte.Als er sich einige Momente später zurück in den Sitz lehnte, war jegliche Farbe aus seinem Gesicht gewichen und kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn. Erschrocken blickte er zu der Elfin auf.
"Das kann unmöglich sein.", murmelte er leise eher zu sich selbst, weshalb es Faenelia schwer fiel seine Worte zu verstehen.
"Was ist passiert?", wollte sie ungeduldig wissen.
"Ein Drache. Er fliegt direkt in Richtung der Hauptstadt." Ungläubig schüttelte Suotah seinen Kopf und verließ fluchtartig die Kutsche. Nachdem er die Tür zugeknallt hatte, schien er dem Kutscher etwas zu zurufen, doch konnte Faenelia nichts genaues verstehen.
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Das Vermächtnis Der Hüterin
FantasyDie Welt der Elfen droht im Chaos zu versinken, seitdem die Hüterin verschwunden ist und nun das Bündnis zwischen Drachen und Elfen zu zerbrechen droht. Doch nicht nur die Drachen drohen den herrschenden Frieden zu zerstören, sondern auch das Verhäl...