Kapitel 2

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Nachdem die beiden Elfen die Stadttore durchquert hatten, wurde Faenelia von der Atmosphäre nahezu erdrückt. Unzählige Elfen wuselten durch die Gassen, auch wenn es schon längst später Abend war. Laute Geräusche und Gesprächsfetzen prasselten von überall auf sie nieder. Ständig von Fremden angerempelt, verlierte Faenelia schnell an Tempo und hatte Mühe mit ihrem Retter mitzuhalten. Schnellen Schrittes eilte er durch die Gassen, er schien ein klares Ziel vor Augen zu haben. Obwohl Suotah sie aus der Feste befreit hatte, war sie sich noch immer nicht sicher, ob sie ihm vertrauen konnte.
Wieso hatte er sie daraus geholt? Was hatte er nun mit ihr vor? Warum nahm er ihre Handschellen nicht ab? Was war mit den anderen Gefangenen, wieso hatte er ausschließlich sie da rausgeholt und vorallem wieso konnte er Eis erschaffen?
Viele Fragen schwirrten ihr durch den Kopf, doch fürs erste beschloss sie ihm zu folgen und abzuwarten, was er vor hatte.

Nach einer Weile war Suotah stehen geblieben und sah sie abwartend an. Als sie ihn erreichte, stockte ihr der Atem. Der Anblick, der sich ihr bot war unglaublich. Wie es schien waren sie auf eine Art Marktplatz gestoßen. Unzählige Elfen verschiedener Völker tummelten sich auch zu später Stunde noch vor einer Großzahl an Ständen. Wildes Stimmengewirr erfüllte den Platz, doch verstehen konnte man nichts davon.

"Dies ist Lunera, die Haupthandelsstadt der Nachtelfen. Drei der großen Flüsse ihres Landes münden in dieser Stadt im Meer, daher wird der Handel zum Großteil über diese Stadt organisiert. Und wie es scheint bleiben sie ihren Namen gerecht, immer noch wildes Gewusel zu später Tageszeit.", erklärte Suotah und blickte sich suchend in der Gegend um. Als er erblickte was er suchte, schritt er mit einem "Dann wollen wir mal" quer über den Marktplatz auf ein Gebäude zu. Er klopfte an dessen Tür und öffnete diese ohne auf eine Antwort zu warten und betrat das Gebäude, das einer Werkstatt ähnelte. Auf einem Schild über der Tür war das Wort "Schmied" zu lesen.

Zögernd trat auch Faenelia durch die Tür und lautes metallisches Klirren schlug ihr entgehen. Ein ziemlich großer und muskulöser Kerl arbeite in einer Ecke des Raumes an einem großen Ofen und schlug mit einem Hammer auf heißes Metall. Doch als Suotah irgendwelche Worte zu ihm sprach drehte dieser sich zu ihm um, legte sein Werkzeug beiseite und schritt auf die gegenüberliegende Seite hinter einen Tisch, welcher scheinbar als eine Art Tresen dient.

"Also was darf es sein?", brummte der stämmige Elf und beobachtete die Beiden argwöhnisch, da immer noch Kapuzen ihre Gesichter verdeckten.
Suotah winkte die Elfin zu sich rüber und zog ihre gefesselten Hände unter dem Umhang hervor und hielt sie dem Schmied unter die Nase.
"Ich habe vor kurzem diese Sklavin erstanden, nur hat einer meiner Diener einen Fehler begannen und hat ihr Anti-Magie fesseln angelegt, dabei verfügt diese kleine Göre doch über keinerlei magische Fähigkeiten." Verwundet über seine Worte und die Art, wie er mit dem Schmied sprach, ließ Faenelia ihren Blick sinken und betrachtete ausgiebig die modrigen Holzdielen am Boden, unsicher wie sie sich verhalten sollte.

Mit einem tiefen, vollen Lachen nahm der Schmied ihre Hände und betrachtete ihre Handschellen. "Nichts leichter als das", gab der Schmied darauf zurück und zog Faenelia zurück zum Ofen, an dem er eben noch gearbeitet hatte. "Wird allerdings eine kleine Weile dauern und auch eine Kleinigkeit kosten." Mit groben Bewegungen legte der Schmied ihre Hände auf den Amboss und kramte nach einigen Werkzeugen. Obwohl seine Hände schon des öfteren ihre Fesseln berührt hatten, hatte er kein einziges Mal so zurückgesschreckt, wie Suotah, als er diese berührt hatte.

"Keine Sorge an Geld mangelt es nicht, allerdings hab ich noch meinen Zeitplan einzuhalten und werde in der Zwischenzeit etwas erledigen. Ich hoffe Sie sind fertig, wenn ich wieder komme." Seine Stimme quoll vor Arroganz nur so über. War dies dieselbe Person, die sie gerettet hatte? Auch wenn sie bisher keinen großen Einblick in seine Persönlichkeit hatte werfen können, versicherte ihr Gefühl, dass er eine Art schlechtes Schmierentheater vorspielte. Warum genau war sie sich allerdings nicht ganz sicher.

Das Vermächtnis Der HüterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt