Kapitel 7

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Völlig übermüdet und mit großen Ringen unter ihren zierlichen Augen, tauchte sie ein weiteres von Blut getränktes Tuch in das heiße Wasser. Schnell eilte Selia zu dem verwundeten Elfen und legte ihm einen frischen Verband an. Es dauerte nicht lange bis auch der neue Verband völlig in Blut getränkt war. Erschöpft legte sie ihm ein nasses Tuch auf die Stirn, um sein Fieber zu lindern. Anschließend wandte sie sich wieder einem der anderen Verletzen zu, die sich in ihrem Haus nahezu stapelten und versorgte dessen Wunden. Die ganze letzte Nacht hatten sie und ihr Vater damit verbracht die Verletzten des Drachenangriffs zu versorgen. Zwar waren sie keine Heiler, doch etwas Ahnung von Medizin konnte Selia dennoch vorweisen. Ihr Vater war zurzeit wieder draußen und suchte nach weiteren Überlebenden. Er wollte einfach nicht einsehen, dass sie in ihrem Haus keinen Platz für weitere Verletzte hatten. Er hatte ihr gesamtes Haus in ein Lazarett verwandelt und obwohl sie den Leuten ebenfalls helfen wollte, war ihr nicht wohl dabei, dass mittlerweile ihr ganzer Boden vom Blut rot gefärbt war. Doch ihr Vater war von seiner Fürsorge nicht abzubringen und schleppte vorallem viele verletzte Soldaten an. Früher hatte er selbst einmal in der Wache gedient, doch aufgrund einer schlimmen Verletzung, die nie mehr richtig verheilt war, musste er aus der Wache austreten. Selia War sich sicher, dass dies die Art ihres Vaters war, sich zu dafür zu bedanken, dass diese ihr Leben für die Sicherheit der Bewohner riskieren.

Nach einer Weile kehrte ihr Vater wieder zurück. Erneut trug er einen Verletzten durch ihre Haustür. Obwohl dieser die Rüstung der Wache trug, schien es nur ein kleiner Junge zu sein. Ihr Vater legte ihn zu den Anderen und schnell entfernte die Elfin die Rüstung des Jungen, um dessen Zustand zu überprüfen. Er schien keine Verletzung zu haben, allerdings plagte ihn hohes Fieber. Sie legte ihm feuchte Tücher auf seine Stirn und Gliedmaßen. Das Fieber würde wohl nicht so schnell sinken. Unruhig wandte sich der Junge im Schlaf hin und her und schien keine Ruhe zu finden. Selia vermutete, dass er einen schweren Schock erlitten haben musste und nun einen schlimmen Alptraum durchlebte.
Immer wilder rang der Junge mit seinem Fieber und stieß mehrere Male ein lautes Stöhnen aus, während sie die andern Verletzten behandelte.

Inzwischen waren mehrere  Stunden vergangen, jedoch hatte sich der Zustand des Jungen verschlimmert und sein Stöhnen wurde durch schmerzerfülltes Schreien ersetzt. Nachdem sie ihren Vater um Rat gefragt hatte, lag er nun getrennt von den anderen Verletzten im Bett ihres Vaters. Verzweifelt versuchte sie den Jungen zu beruhigen, doch ihre Mühe blieb erfolglos. Im Minuten Takt wechselte sie die durchnässten Tücher, doch schien sein Fieber immer weiter zu steigen. Als sie ihre Hand auf sein Handgelenk legte, um seinen Puls zu messen, zog sie diese erschrocken zurück. Sie hatte sich an seiner Haut verbrannt. Irritiert schaute sie auf den roten Fleck an ihren Fingern. Ohne zu überlegen kippte sie den gesamten Eimer Wasser über den Körper des Jungen, doch in Sekunden verdampfte das Wasser mit einem lauten Zischen. Hastig eilte sie die Stufen hinunter ins Wohnzimmer, um ihren Vater zu holen, als ihr der Geruch von Feuer in die Nase stieg.

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Völlige Schwärze umgab Aterion. Was war geschehen? Wo befand er sich? Orientierungslos blickte er durch die Gegend, doch vergebens. Die Dunkelheit schien alles verschlungen zu haben. Eine Weile stand der Junge regungslos da und versuchte sich zu erinnern, was mit ihm geschehen war. Plötzlich hallte lautes Gebrüll in seinen Ohren wider, sodass er diese mit seinen Händen schützen musste. Es schien aus allen Richtungen zeitgleich zu dröhnen und kurze Augenblicke später umringten ihn lodernde rote Flammen. Sie versperrten ihm die Flucht. Zwischen den Flammen blickte ein Augenpaar hervor, das ihn zu fixieren schien. Ein unglaublicher Hass schlug dem jungen entgegen, worauf sein Körper wie von selbst reagierte und ebenfalls Wut in ihm aufloderte.

Hypnotisierend ließen die Augen ihn Näher ans Feuer treten. Endlich konnte er erkennen, wem diese Augen gehörten und er war nicht sonderlich überrascht, als er sich selbst gegenüber stand. Hinter seinem Spiegelbild konnte er etwas in der Dunkelheit umher schleichen sehen. Ein mit roten Schuppen besetzter Schweif schlängelte sich um den Hals seines Abbildes. Mit einem Lächeln ließ dieser es geschehen, doch anstatt ihn zu erwürgen, schmiegte sich der Schweif zaghaft um dessen Hals. Das Abbild erhob seine Hand und streichelte sanft den Schweif des Wesens.

Das Vermächtnis Der HüterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt