Vier

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William nahm das Tablet in die Hand und reichte es seiner Kollegin. Anschließend bat er Niall: „Zeigen Sie mir bitte Ihren Personalausweis."

Wenn es weiter nichts ist, dachte der Angesprochene, verdrängte das mulmige Gefühl in seiner Brust und zückte seine Geldbörse, um dem Inspektor seinen Ausweis zu überreichen. Der nahm ihn entgegen und musterte ihn, bevor er ihn auch Antonia zeigte. Nachdem sie genickt hatte, reichte er ihn zurück.

„Wir haben Ihr Auto gefunden", teilte er Niall mit, der seine Verwirrung daraufhin nicht mehr verbergen konnte. Was meinte er damit, sie hätten sein Auto gefunden?

„Tut mir leid, ich kann Ihnen nicht ganz folgen, Inspektor", stotterte der Ire. „Mein Auto steht auf seinem gewohnten Platz vor dem Restaurant." Er zeigte durch das Fenster nach draußen, vergewisserte sich quasi, dass er nicht träumte. „Es ist der Range Rover auf dem linken Parkplatz."

„So?" William zog skeptisch die Augenbrauen nach oben. „Dann sollten Sie sich das hier ansehen, Mr Horan."

Antonia tippte auf das Tablet, drehte es herum und hielt es Niall unter die Nase. So bemerkte er, dass sie keinen Ehering trug, aber das war eine Nebensache. Auf dem Bildschirm zu sehen war das Bild einer ausgebrannten Karosserie, die auf abschüssigem Gelände neben alten Bahngleisen stand. Er sah es sich ganz genau an, aber dem Geschehen folgen, konnte er trotzdem nicht.

„Dies war einmal ein Porsche. Er wurde uns gestern Nachmittag gemeldet", teilte William ihm mit. „Wie Sie sehen, ist er Schrott, aber das Nummernschild hat den Brand einigermaßen überstanden. Also haben wir nachgeforscht. Er ist auf den Namen Niall James Horan angemeldet. So heißen nur Sie, das haben wir in der Einwohnermeldekartei nachgeschlagen."

Niall schwieg und starrte auf das Bild. Was sollte das heißen, die Karre war auf seinen Namen angemeldet? Grundsätzlich waren Porsche total hässlich und im Leben hätte er nicht seinen heißgeliebten Range Rover gegen einen Sportwagen eingetauscht. Es konnte nicht mal ein Geschenk sein. Keiner seiner Freunde verdiente so viel Geld, dass er einen Porsche verschenken konnte.

„Haben Sie nichts dazu zu sagen?", bohrte William nach einer Weile nach.

Niall schüttelte fassungslos den Kopf, bevor er erwiderte: „Tut mir leid, Inspektor. Ich kann mir auf all das keinen Reim machen. Ich habe niemals einen Porsche besessen und ... nein ... meine Freunde verdienen auch nicht so viel Geld, dass er als Geburtstagsgeschenk gedacht sein könnte. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll."

„Dann sage ich Ihnen mal was dazu", bellte William so heftig, dass Niall erschrocken zusammenzuckte. Antonia machte auf dem Bildschirm des Tablets eine Wischbewegung, sodass das nächste Bild angezeigt wurde. Es war die Leiche des Autoinsassen, von Ibrahims Kollegen soweit wie möglich von Ruß gesäubert und auf einen Obduktionstisch gebettet.

„Kennen Sie diesen Mann?", wollte William eindringlich wissen. Er nahm keinerlei Notiz davon, dass Niall völlig schockiert und mit aufgerissenen Augen auf das Bild starrte, ein Stück weit Ekel in seinem Blick, ein Stück weit Angst.

„Nein." Seine Stimme war brüchig. „Ich ... ich wüsste nicht, woher."

Antonia verzog keine Miene, lächelte stumm in sich hinein. Jetzt war ihr Gegenüber an dem Punkt angelangt, an dem er William hoffnungslos ausgeliefert war. Der Inspektor war alt und, in ihren Augen, manchmal nicht mehr ganz dicht, aber seine Verhörkünste waren unfehlbar.

„Kein Problem. Ich sage Ihnen gerne, wer das ist", fuhr William fort und zeigte auf das Bild. „Der Name dieses jungen Mannes ist Stuart Thompson, zweiundzwanzig Jahre alt, geboren in Manchester, in London wohnhaft seit einem Jahr und vier Monaten. Er verdiente sein Geld als Callboy."

Objekt 242Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt