82. Kapitel

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82. Kapitel - Veränderung

Ich mach die Augen zu und lass mich fallen,
ich hoffe, jemand fängt mich auf.
Ich dreh mich im Kreis, mit verbundenen Augen,
bis mir jemand die Richtung zeigt.
Du bist da und streichst mir übers Haar.
Du fängst mich auf wie warmer, weicher Sand.
Du  beatmest mich mit allem, was du bist,
ich fühl die Kraft zurück in meiner Hand.
Wenn ich dich so spüre, dann kommt die Welt zum steh'n,
mit dir zusammen könnt ich barfuss durchs Scherbenmeer geh'n.
- Pur

Gegen Abend verabschiedeten wir uns von einer mittlerweile etwas ausgeruhteren Julia. Sie wirkte um einiges entspannter und versprach anzurufen, um uns das Datum für die Taufe mitzuteilen. Hanna setzte Dean am Stützpunkt ab, da er seine Wohnung vor zwei Monaten aufgelöst hatte und fuhr dann weiter zum Strandhaus. Während der Fahrt sah ich nachdenklich aus dem Fenster. Mir wurde klar, dass ich keine Ahnung hatte, was ich mit meiner wiedergewonnenen Freizeit anstellen sollte. Unwillkürlich kamen mir Kyle und Alex in den Sinn. Ich vermisste die Gegenwart von Beiden, doch ich war unsicher, ob es wirklich eine gute Idee war, wenn ich mich wieder mit ihnen traf.

„Woran denkst du?", riss Hanna mich aus meinen Gedanken.

Ich seufzte.

„An die Männer in meinem Leben."

Meine Freundin lachte auf.

„Ach ja? Und an wen genau?"

„Alex, Kyle",  murmelte ich.

„Soll ich dich zu einem von ihnen fahren?", fragt sie mich unerwartet.

Verwundert sah ich sie an. Mittlerweile kannte sie die ganze verworrene Geschichte mit mir, Kyle und Alex. Sie war nicht immer begeistert gewesen, als ich ihr davon erzählt hatte, aber sie hatte zu mir gehalten, so wie immer. Hanna war und blieb meine beste Freundin, kam was wolle.

„Im Ernst?", testete ich mein Glück.

Sie zuckte mit den Schultern und schaute mich an einer roten Ampel kurz an.

„Ich kenne dich, Lil. Du fragst dich, wie es weitergehen soll und wenn du mich fragst, findest du es nicht heraus, wenn du immer nur grübelst", antwortete sie unglaublich weise, wie sie manchmal war und fuhr an, kaum dass die Ampel auf grün sprang.

„Ich rede mit ihnen, wenn du mit Nick sprichst", konterte ich gekonnt.

Zähneknirschend starrte sie auf die Straße. Sie und Nick hatten sich getrennt, während ich im Irak gewesen war. Davon erfahren hatte ich erst nach meiner Rückkehr. Als erste Reaktion darauf hatte ich sie in den Arm genommen. Anschließend hatte ich gefragt, warum. Damals erfuhr ich, dass es sie doch mehr belastet hatte, als ich dachte, dass er sie nicht seinen Eltern vorstellen wollte. Ich verstand sie, fand es aber trotzdem schade.

Zwei Kreuzungen später sagte sie:

„In Ordnung."

Erstaunt verschluckte ich mich an der Luft, die ich atmete.

„Wirklich?"

„Wirklich."

„Dann mache ich am besten eine Runde. Angefangen bei Kyle. Die Unterhaltung mit Alex könnte länger dauern. Aber heute nicht mehr. Es ist schon zu spät", beschloss ich.

„Na schön. Dann drehen wir morgen eine was-nun-Runde", meinte sie grinsend und parkte vorm Haus.

„Alles klar."

Damit stiegen wir aus und gingen hinein. In der Küche schenkte Hanna uns zwei Gläser Rotwein ein. Dankend nahm ich ihr eines aus der Hand. Eigentlich hatte Alex Recht gehabt: Ich sollte nicht trinken, da es sich nicht wirklich mit meinen Medikamenten oder meinem Gemütszustand vertrug, aber heute war es mir egal. Außerdem hatte ich Hanna noch nicht erzählt, dass ich krank war.

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