Thoughts

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Ich und Tom sassen noch eine ganze Weile auf der Terrasse und redeten über Gott und die Welt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Es tat mir einfach so gut mal wieder etwas mit einem männlichen Wesen zu machen, auch wenn wir 'nur' redeten. Schon seit mehr als zwei Jahren (genauer: seit ich und mein Freund uns getrennt hatten), hatte ich nichts mehr mit Jungs (oder besser gesagt Männern) zu tun gehabt, mal abgesehen von meinem Bruder. Und ich genoss es einfach in vollen Zügen, wie wir über das Leben philosophierten, das hatte ich so vermisst. Ich meine klar, ich hatte oft mit meinen Freundinnen geredet, doch mit einem Mann war das etwas völlig anderes. Und es hatte mir gefehlt. Zudem hatte ich nicht erwartet, das der 'coole Macker' so gesprächig war, und es hob mein Selbstwertgefühl, dass er es so lange mit mir aushielt und nicht einpennte oder sich einfach von mir zutexten liess. Irgendwann hatte er seinen Arm um mich gelegt. Sofort bekam ich eine Gänsehaut und an der Stelle wo seine Haut auf meine berührt hatte, kribbelte es. Ich glaubte förmlich spüren zu können, wie mir die Röte ins Gesicht schoss. Warum tat er das, war es ein Versehen gewesen? Oder war das einfach eine freundschaftliche Geste? Er hatte unsere Abmachung doch sicherlich nicht vergessen. Die Gedanken in meinem Kopf überschlugen sich. Innerlich verfluchte ich mich dafür, das mein Körper so auf ihn reagierte. Gerade erst hatte ich es geschafft, einen Grossteil meiner Scheu abzulegen und ganz normal mit ihm zu plaudern, und dann berührte er mich und ich drehte völlig durch. Ich redete mir ein, das ich nur so reagiert hätte, weil ich im Bezug auf Männern so ausgehungert war. Aber was war dann mit Bill? In seiner Nähe war ich selbstbewusster. Irgendwie schüchterte Tom mich einfach ein. Schnell schob ich die störenden Gedanken zur Seite und wand mich wieder dem Mann neben mir zu. Bill war mit den Hunden spazieren gegangen und tauchte erst gegen sechs Uhr wieder auf.
Irgendwann war es dann leider schon halb acht und Tom und sein Zwilling mussten los. Ich verabschiedete mich von den beiden. Sie hatten mir angeboten mich zu fahren, da ich ja keine Schuhe anhatte und zu Fuss sicher eine Stunde entfernt von ihnen wohnte. Zudem hatten es, wie Tom es ausdrückte, eine Menge Typen die es auf so eine hübsche Frau wie ich abgesehen hatte. Nach diesem Satz liess sich das doofe Grinsen, welches sich in mein Gesicht geschlichen hatte, nicht mehr aus diesem verbannen. Obwohl ich liebend gerne noch mehr Zeit mit den beiden verbracht hätte, lehnte ich dankend ab. Ich versicherte ihnen, das ich keinen langen Nachhauseweg hatte, was der Brünette mir irgendwie nicht so ganz abkaufte. Schon süss wie sich die Zwillinge, oder eher gesagt Tom Sorgen um mich machte. Schliesslich hatte ich ihn mit der Hilfe seines Bruders davon überzeugt, das ich ganz gut alleine zurecht kam. Zur Verabschiedung zogen mich beide kurz in ihre Arme, wobei mir wieder auffiel, wie gut Tom einfach roch. Als er mich umarmte, blieb mir das Herz für einen kurzen Moment stehen, nur um dann um so schneller Blut, Adrenalin und Glückshormone durch meine Adern zu pumpen. Am liebsten wäre ich noch eine ganze Weile in seinen starken Armen geblieben, mit dem Kopf auf seiner Brust, und seinem warmen Atem im Nacken, welcher mir eine Gänsehaut bescherte. Der Moment war leider viel zu schnell vorüber.
Ich hatte gerade die Haustüre hinter mir schliessen wollen, da hielt mich Bill zurück. ,,Ehm also... eigentlich erwarten wir das sowieso nicht von dir, aber eh...", fragend sah ich ihn an. Ihm schien die ganze Situation ziemlich peinlich zu sein. ,,Bitte verrate niemandem wo wir wohnen weil... ", er brach ab und sah mich mit leicht geröteten Wangen an. Oh Bill Kaulitz konnte anscheinend doch etwas peinlich sein. Ich lächelte verständnisvoll.
,,Natürlich, sowas würde ich nie machen."
,,Also natürlich habe ich das nicht erwartet aber du weisst ja... Vorsicht ist besser als Nachsicht."
Einen Moment lang herrschte eine peinliche Stille.
,,Eh ja... ich werde dann mal gehen. War schön euch kennengelernt zu haben.", rettete ich uns aus der peinlichen Situation. Der Blonde nickte ,,Man sieht sich.", und mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand im Haus. ,,Hoffentlich.", dachte ich. ,,Hoffentlich werde ich euch mal wieder sehen.", und mit diesem Gedanken machte ich mich auf den Weg.
An dem alten Penthouse angekommen nahm ich den Schlüssel aus dem Briefkasten und ging hinein und schnurstracks auf den Lift zu, wobei ich die Treppe erfolgreich ignorierte. Nachdem ich über eine Stunde lang durch LA gejoggt war, weil ich mich verlaufen hatte, und ich die seltsamen Blicke der Passanten ertragen hatte, war ich einfach zu müde für die unzähligen Stufen. Klar, wer in LA wohnte war sich so einiges an Seltsamkeiten gewöhnt, aber barfuss durch die schmutzigen Strassen zu laufen, das machte doch nur der allerschlimmste Hippie. Und der wollte ich auf keinen Fall sein. Zudem konnte ich auch nicht ewig den teils sogar feindseligen Blicken standhalten. Ich war recht froh, das sich in dem rostigen Fahrstuhl ausser mir niemanden anders befand. Im 21. Stock angekommen schleppte ich mich den kahlen Flur entlang. Es stank entsetzlich, da es keine Klimaanlage gab und sich die Fenster nicht öffnen liessen, und hier und da blätterte die weisse Farbe ab, aber das störte mich nicht im geringsten, solange das nur hier im Korridor und nicht in meiner Wohnung der Fall war. Eigentlich blieb ich immer kurz stehen, um durch die verschmierte Glasfront zu meiner linken einen Blick auf die Stadt zu werfen, aber heute war ich einfach zu müde. Zwar glücklich, aber doch müde. So müde, das ich Mühe hatte, mit dem Schlüssel das rostige Schloss zu treffen. Ich musste ein par mal an der Klinke rütteln weil das Schloss ein wenig klemmte, bis die Tür mit einem leisen Knarren aufsprang. Sofort hörte ich klagendes Miauen, Pfoten, die über die schwarz-weissen Fliesen tapsten und eine Sekunde später strich mir eine kleine schwarze Katze im die Beine.
Meine Freundin hatte mich um Rat gefragt, weil sie nicht wusste welchen Namen sie ihr geben sollte, und ich hatte sie nach einer meiner Lieblingscharaktere aus der Buchreihe 'Chroniken der Unterwelt' benannt. Nach Magnus Bane, dem obersten Hexenmeister von Brooklyn. Und er war ziemlich beleidigt, weil ich heute nicht da gewesen war um ihn zu füttern. Ich kannte ihn zwar erst seit einem halben Jahr, bzw. hatte ihn vor sechs Monaten zum ersten Mal live und nicht durch die Webcam des Computers meiner Freundin Christine betrachtet, aber wir hatten uns von Anfang an gut bestanden. Und ich wollte nicht, dass sich das änderte, also bückte ich mich, um ihn als Entschuldigung zu kraulen. Er sprang auf meinen Schoss und kletterte frech wie eh und je auf meine Schulter, wo er es sich gemütlich machte.

Meine Wohnung (oder besser gesagt Christines) bestand aus einem grossen, viereckigen, weiss getünchten Raum, in dem links neben der Wohnungstür ein klappriges Fahrrad und zwanzig verschiedenen Schuhpärchen und rechts eine Palmenstaude standen. In der Wand rechts von mir befand sich eine hellblau gestrichene Türe, hinter der ein ebenfalls zartblau gekacheltes Bad und eine Toilette waren, beides glücklicherweise nicht im selben Raum. Neben der Badezimmertür hing ein grosser Spiegel mit einem goldenen, verschnörkelten Holzrahmen.
Der blauen Tür gegenüber war die Schlafzimmertüre, auf deren hellem Holz sich zahlreiche Zeichnungen aus Edding befanden. Christine hatte mir aufgetragen die Türe zu verschönern, und ich war ihrem Wunsch gerne nachgekommen. Wir hatten die Wohnung gemeinsam eingerichtet, ich war extra für eine Woche nach LA geflohen um ihr dabei zu helfen, weil es ihre erste war. Sie war mit neunzehn von zuhause ausgezogen, ich hingegen schon mit sechzehn. Es war die Wohnung unserer Träume. Auch wenn sie klein war, und auch wenn sie nicht die modernste war. Wir beide hatten unsere ganze Leidenschaft und Chris ihr ganzes Geld in die Einrichtung investiert.

In der Wand direkt vor mir waren zwei Türen, beide aus dunklem, unlackiertem Holz. Die eine führte in die Stube und die andere, auf die ich gerade zusteuerte, in die Küche.
Die Küche war ein 8 Quadratmeter grosser, weisser Raum, in dem ein eingebauter Kochherd stand, unter dem ein Backofen war. Über dem Herd hing eine grosse Runde Uhr, mit einem Durchmesser von einem Meter. Daneben stand ein riesiger, himmelblauer Kasten, in dem sich sämtliche Koch- und meine heiss geliebten Backutensilien, sowie das Geschirr und das Besteck befanden. Auf der gegenüberliegenden Seite standen eine knallroten Kühlschrank, auf dem in einem Topf Kapuzinerkressen blühte und ein kanariengelbes Vorratsregal. Meine Freundin hat ein Faible für knallige Farben. Ihr müsst jetzt bestimmt denken:,,Oh Gott, das sieht bestimmt schrecklich aus.", aber irgendwie war die Küche überhaupt nicht zu bunt und die Farben harmonierten perfekt miteinander. Die Küche strotzte nur so vor Lebensfreude.
Gegenüber der Tür war ein grosses Fenster, unter dem eine Art Bartisch und ein paar Barhocker mit beiger Ledersitzfläche standen, sodass man, wenn man an dem schwarzen Tisch sass, direkt aus dem Fenster sah. Ich hob Magnus von meiner Schulter und setzte ihn auf dem weissen Boden ab. Dann schlurfte ich zum Kühlschrank und nahm einen halben Fisch heraus, welchen ich in Magnus' Futternapf legte. Ich ersetzte das Wasser in dem anderen Napf durch Milch. Eigentlich war der Fisch sau teuer, und ich kaufte nur selten Fleisch für ihn (ich esse keine Tiere), aber ich wusste das er das besonders mochte, und ich wollte nicht das er weiter sauer auf mich war. Während der schwarze Kater ass, begab ich mich ins Bad. Ich zog mich aus und warf meine Klamotten in die Waschmaschine, setzte mich in die grosse, altmodische Wanne mit den goldenen Füssen und begann zu duschen. Ich hatte zwar eine Badewanne, dafür aber keine Dusche, weswegen ich, wenn ich den Duschkopf benutze, immer höllisch aufpassen musste, das ich nicht das ganze Bad unter Wasser setzte.
Trotz meiner Bemühungen gelang es mir trotzdem nicht den Boden trocken zu halten und so musste ich, nachdem ich aus der Wanne gestiegen war, den himmelblau gefliesten Boden trockenwischen.
Endlich war es so weit, ich hatte alles erledigt und konnte mich in mein Bett fallen lassen, wo mich Magnus schon erwartete. Er hatte mir also verziehen. Ich wusste nicht wie ich es vorher angestellt hatte nicht einzupennen, denn als ich mich hinlegte überrollten mich die Ereignisse der letzten Stunden wie eine Dampfwalze und ich schlief sofort ein.

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Jo, mal wieder ein längeres Kapitel.
Schreibt mal in die Kommentare, was euch von der Kapitellänge am liebsten ist, also ob es ich zu anstrengend ist so lange Kapitel zu lesen, oder ob sie viel zu kurz sind (was ich doch eher bezweifle😉).
Ich hatte wirklich richtig lange an diesem Kapitel, und ich werde mich jetzt ebenfalls in mein Bett schmeissen.
Guten Tag, oder in meinem Fall gute Nacht,
Lou🦄🍭🎪

Friendshit (Tom Kaulitz ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt