Scherben

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Ich warf einen Blick auf die grosse Küchenuhr und seufzte. Mir blieb noch eine Dreiviertelstunde Zeit um mich anzuziehen, zu schminken und zur Arbeit zu fahren. Ich war den gestrigen restlichen Tag, wie auch schon Vorgestern zuhause geblieben und hatte die Zeit mit Nichtstun und Betäubungsmethoden ausprobieren zugebracht. Ich grübelte ob ich nun doch arbeiten gehen sollte. Einerseits hatte ich überhaupt keine Lust so zu tun als ob nichts wäre, einen auf heile Welt machen und meine Gefühle hinter einer lächelnden Maske zu verstecken, andererseits könnte es mich auf andere Gedanken bringen und mir vielleicht halbwegs gute Laune bescheren. Zudem wollte ich ja meinen Job nicht verlieren.
Entgegen meinem anfänglichen Vorsatz, Henry so richtig zusammenzustauchen, hatte ich auf dem Hinweg beschlossen, meinen Mund zu halten. Die Bewegung tat mir gut, und der Fahrtwind kühlte mein erhitztes Gesicht.
Als ich endlich ankam (die Fahrt war mir ewig vorgekommen, weil ich die ganze Zeit überlegt hatte, ob ich nun nicht doch lieber wieder umkehren und mich in meinem Appartement verkriechen sollte), wurde ich von einer stockwütenden Maja erwartet. Sie hatte ihre dünnen Arme in ihre Seite gestemmt und funkelte mich aus ihren hellbraunen Augen an.
,,Bist du verrückt?", brüllte sie mich auf englisch an. Überrumpelt wich ich zurück.
,,Why?!", stammelte ich und starrte sie aus meinen vor Schreck weit aufgerissenen Augen verdattert an. Fassungslosigkeit breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Gerade wollte sie zu einer Antwort ansetzten, da kam Eden in den Verkaufsraum gestürzt.
,,Luna!" Sie schoss auf mich zu und zog mich in eine kräftige Umarmung. ,,I have called you a thousand times, why haven't you picked up your phone?!"
Schweigen meinerseits. Ich schluckte schwer. Wie sollte ich das entschuldigen? Ich meine, was fiel mir eigentlich ein, mich drei Tage lang einfach nicht zu melden und dann urplötzlich wieder auftauchen als ob nichts gewesen wäre?! Mit dem Gedanken einfach da weitermachen zu können, wo ich aufgehört hatte?! Erst jetzt kam mir in den Sinn wie frech das eigentlich war. Beide sahen mich erwartungsvoll an. Unter ihren wachsamen Blicken fühlte ich mich unwohl und senkte beschämt die Augen zu Boden. Ich setzte mich an ein kleines rundes Tischen. Meine beiden Kolleginnen setzten sich mir gegenüber hin. Nervös trommelte Eden mit ihren rot lackierten Fingernägeln auf dem hellblau lackierten Holz herum . ,,Ok, i'm sorry about that...," begann ich. ,, ...But i..." Fieberhaft überlegte ich, wühlte in meinem müden Kopf nach einer Ausrede, einer Erklärung die mein Verhalten entschuldigte oder zumindest nachvollziehbar erscheinen liess. Als die Türglocke in meine Grübeleien hinein bimmelte, fuhr ich herum. In der Türe stand Henry. Na das würde ein heiterer Tag werden.
Schlussendlich war mir doch noch eine mehr oder weniger plausible Erklärung eingefallen. Ich hatte ihnen erzählt, das ich ganz spontan zu einer Freundin fahren musste, um auf ihren Hund aufzupassen, weil sie verunfallt war. Deshalb hatte ich das Festnetztelefon auch nicht abnehmen können, und mein Handy war angeblich kaputt. Zum Glück hatten mir mein Chef geglaubt, Eden ebenso. Maja hatte sich mir gegenüber sehr skeptisch verhalten. Wahrscheinlich ahnte sie, das es nicht ganz so verlaufen war, wie ich berichtet hatte. Ich hoffte, sie würde dichthalten.

Acht zähe Stunden später stand ich wieder in meiner Wohnung. Endlich hatte ich Feierabend. Erleichtert zog ich die Türe hinter mir zu. Ich war selten so froh gewesen, wieder zuhause zu sein. Der Tag hatte sich zäh wie Kaugummi in die Länge gezogen.
Die ganze Zeit über war ich mir seltsam beobachtet vorgekommen, ich wusste das man mir anmerkte das etwas nicht mit mir stimmte. Vor allem, weil Eden mich in der Mittagspause beim Rauchen erwischt hatte. Immerhin hatte mich niemand deswegen angesprochen. Weder wegen meiner Augenringe, meinem bleichen, eingefallenen Gesicht oder meiner Müdigkeit. Seit ich so wenig ass, plagte sie mich ständig. Wegen ihr hatte ich sogar wieder angefangen Kaffee zu trinken.

Es war inzwischen Nacht geworden. Die Dunkelheit hatte sich zusammen mit der Stille über die grosse Stadt gelegt und alles in eine grosse, dunkelblaue Decke gehüllt, welche jegliche Geräusche verschluckte. Nur die erleuchteten Fenster schnitten helle Quadrate aus der Dunkelheit. Ich sass in meine Bettdecke gekuschelt auf der Dachterrasse und blickte auf die Strasse hinunter. Ab und zu fuhr ein Auto vorbei. In Momenten wie diesen bin ich sehr dankbar, dass ich nicht im Zentrum von L.A. lebe. In der Innenstadt findet man niemals Ruhe, die Stadt schläft in diesem Quartier niemals.
Ich genoss die Stille. Gedanken kamen und gingen, ich liess zu was sie in mir bewirkten.
Irgendwann würde ich schon vom Schlaf übermannt werden.
In der letzten Woche war physisch- und psychischer Schmerz zu meinem ständigen Begleiter geworden. Wenn ich nicht traurig war, dann war ich wütend oder fühlte mich einfach nur taub.
Die Zeit verstrich und irgendwann wurde es mir zu viel. Mit einem genervten Seufzer setzte ich mich auf und ging nach unten in die Küche. Ich würde so niemals einschlafen können. Mit einem Schwung zog ich eine ein-Liter-Weinflasche aus dem gelben Vorratsschrank. Ich drehte den Zapfen heraus. ,,Auf ins Land der Träume.", murmelte ich grimmig und nahm einen tiefen Schluck.
Ich erwachte mit einem Mordskater. ,,Fuck.", stöhnte ich und fasste mir an den vor Schmerz pochenden Kopf. Auf dem Wohnzimmerteppich vor mir lag in einer kleinen Weinpfütze die Flasche. Ich wankte in die Küche um den übrigen Alkohol in den Abfluss zu kippen. Über dem Spülbecken drehte ich sie um. Ein einsamer, dunkelroter Tropfen löste sich vom Flaschenhals und landete mit einem leisen Platschen auf dem fleckigen Chromstahl. Ich merkte wie mein Herz schneller zu schlagen begann. Beunruhigung machte sich neben der Übelkeit in mir breit und legte sich wie ein schwerer Stein in meinen Magen. Ich konnte doch nicht ...
Die ganze Weinflasche hatte ich gestern Nacht ausgetrunken gehabt.
Ich hatte noch nie viel Alkohol vertragen. In dem Lebensabschnitt, der von mir liebevoll ,,Absturzzeit" getauft wurde, hatte sich mein Körper recht an die Droge gewöhnt gehabt. Das war jetzt drei Jahre her, und seit dem hatte ich nie mehr getrunken gehabt. Bis jetzt. Um ehrlich zu sein: ich war enttäuscht. Enttäuscht von mir. Ich hätte nicht gedacht das ich immer noch so labil war, das mich ein Tod so sehr aus der Bahn werfen könnte.
Neben mir erklang klägliches Miauen. Magnus' schmaler Körper rieb sich an meinem Bein.
,,Mistvieh!", fauchte ich ihn an. Der schwarze Kater zuckte zusammen. Auf einmal musste ich an Henry denken, diese miese Ratte. Er war an allem schuld und jeden Tag musste ich in ansehen und ihm in den Arsch kriechen während er mich vollschlankste obwohl ich genau wusste das er immer noch beleidigt war und mich insgeheim hasste.
,,Sie kommt nie mehr zurück, nie mehr!" In blinder Wut griff ich nach der leeren Weinflasche und warf sie nach dem zierlichen Kater. Mit einem befriedigen Klirren zersprang sie an der weiss gestrichenen Küchenwand. Magnus war mit einem Satz zur Seite gesprungen und schneller als ich schauen konnte war er aus der Küche verschwunden. Das gute Gefühl, welches mich beim Klang des splitternden Glases erfüllt hatte, brachte mich auf eine Idee. Ich öffnete den blauen Küchenschrank, schob meinen Arm hinein und mit einem kräftigen Ruck zog ich das ganze Geschirr, welches sich auf dem Tablett befunden hatte, auf den Küchenboden. Eine Symphonie aus zerspringendem Glas und Keramik ertönte. Immer mehr Geschirr landete auf dem Boden, wo es in einem lauten Klirren zerplatze. Schliesslich war das Regal leer und ich stand barfuss inmitten eines bunten Scherbenhaufens. Eine kurze Ewigkeit lang war es still. Ohrenbetäubend still. Es war noch nicht mal eine Minute vergangen, da bereute ich meine Tat auch schon. ,,Maaaaaaagnus!" Schluchzte ich laut und herzzerreissend. ,,Es tut mir leeeeeeeid!"

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Sooooooorry Leute, tut mir echt meeega leid! Meine Mom hat das Internet ausgeschalten, ich konnte gestern kein Kapitel mehr posten.
Aber nun geht es endlich weiter
Weird as fuck, i know,
Wusste nicht was ich schreiben sollte. Ab diesem Kapitel wird es erst mal ziemlich regelmässige updates geben und dann werde ich mal schauen wie ich weiter machen werde. Wird sich schon alles einrenken,
Love you,
Lou🤖👠🕸

Friendshit (Tom Kaulitz ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt