Thoughtfull

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Nach einem guten, aber sehr tränenreichen Gespräch klappte ich den Laptop zu. Ich brauchte einen Moment um den immer noch tief sitzenden Schock zu verarbeiten. Mein Herz klopfte in einem wilden und viel zu schnellen Takt. Ich stand einfach nur da, in der Mitte des Raumes und zitterte am ganzen Körper. Wie gerne ich jetzt eine tröstliche Umarmung gehabt hätte ...

Die Tränen hatten salzige Spuren auf meinen Wangen hinterlassen, meine Haut fühlte sich gespannt und trotz des vielen Weinens ausgetrocknet an. Zudem juckte es juckte überall in meinem Gesicht. Um auf andere Gedanken zu kommen genehmigte ich mir ein Bad in der Wanne mit den goldenen Füssen. Ich füllte das Becken mit einem nach Orangen duftenden Badezusatzt, der Berge von Schaum produzierte. Dazu noch gute Musik und eine Tafel Schokolade. Als die Wanne bis über den Rand mit duftendem Schaum gefüllt war, liess ich mich in das Becken hinein gleiten. Das warme Wasser tat gut, es löste meine verspannten Muskeln und wusch das Salz von meinem Gesicht. Es entspannte mich ungemein, schwerelos im Wasser zu liegen und einfach nichts zu tun. Die Schokolade schüttete zusätzlich Glückshormone in meinem Körper aus, da musste ich natürlich gleich die ganze 400g-Tafel in mich hineinstopfen. Mit Übelkeit und Bauchschmerzen als Folge.
Frisch gewaschen und mit verschrumpelten Händen und Füssen stieg ich zwei Stunden später aus dem inzwischen nur noch lauwarmen Wasser. Ich trocknete mich ab und setzte mich dann in ein flauschiges Frotteetuch gewickelt auf die feuchten blauen Fliesen. Ich wollte das Badezimmer nicht verlassen, weil es so schön warm hier drin war.
Inzwischen war es dunkel geworden und die Luft in der ganzen Wohnung abgekühlt. Es war nicht unbedingt kalt, aber im Bad war es viel wärmer. Nach orange duftende Dampfschwaden zogen durch den blau gekachelten Raum und machten mir das Atmen schwer. Irgendwann war die Luft leider wieder abgekühlt und ich begann leicht zu frieren. Schweren Herzens erhob ich mich von meinem gemütlichen Platz unter dem Waschbecken und öffnete das kleine, vom Wasserdampf angelaufenen Fenster über der Waschmaschine.
Sobald ich das Badezimmer verlassen hatte, kamen die Gedanken von vorhin mit voller Wucht zurück. Ich machte mir furchtbare Sorgen um meine Mutter, ich konnte an nichts anderes mehr denken. Es schnürte mir den Hals zu, so als ob jemand eine Hand um ihn gelegt hätte und nun kräftig zudrückte. Ich begann wieder zu weinen. Weil ich meine Gedanken nicht aushielt, stellte ich die Musikboxen in der ganzen Wohnung an und begann zur Ablenkung das Wohnzimmer aufzuräumen. Das war seit ich hier angekommen war fällig gewesen. Ich machte die Wäsche und hängte sie auf dem Wäscheständer auf der Dachterrasse auf. Danach ging ich wieder rein und räumte das Popcorn und die Schokolade von gestern weg, putzte das ganze Schlafzimmer und versorgte die Bücher auf dem Boden im Regal. Als ich den Boden feucht gewischt und die Bettwäsche gewechselt hatte, verliess ich das Zimmer und widmete mich dem Rest der Wohnung.
Stunden später fiel ich erschöpft in mein Bett. Die das ganze Apartment hatte ich heute geputzt, sogar das Klo. Wahrscheinlich roch ich schrecklich nach Putz- und Waschmittel.
Ich war schon halb eingeschlafen, da hörte ich ein klagendes Miauen. Oh Shit, das hatte ich ja ganz vergessen. Müde wälzte ich mich aus meinem gemütlichen Nachtlager und landete auf dem Teppich vor dem Bett. Schwankend erhob ich mich und ging in die Küche. Wie erwartet sass Magnus bereits auf dem Küchentisch und peitschte mit seiner Schwanzspitze unruhig auf die Tischplatte ein. ,,Ja, ja. Ich komme gleich." Verfressener Kater. Seufzend schlurfte ich zum Kühlschrank und öffnete ihn. Das grelle Licht sprang mir förmlich entgegen, sodass es geradezu wehtat. Ich kniff die schmerzenden Augen zusammen. Blind tastete ich nach der Milch und füllte sie in eine Schüssel, welche ich neben dem schwarzen Kater auf den Tisch knallte. Er zuckte zusammen. Eine zweite Schale, diesmal aber mit Trockenfutter gefüllt, landete sogleich daneben. Ich setzte mich neben ihn auf einen Barhocker. Wie immer schlang er das Essen in Windeseile hinunter und kletterte dann auf meine Schulter, um sich von mir ins Schlafzimmer tragen zu lassen. Ich legte mich wieder hin und kuschelte mich in die tausend Kissen und Bettdecken. Der kleine Kater rollte sich neben mir auf einem riesigen Kopfkissen zusammen. Durch Magnus' beständiges Schnurren schlief ich trotz der vielen Gedanken in meinem Kopf schnell ein.

Ich hatte im Verlauf des Tages noch mit Chris telefoniert. Sie hatte mich beruhigt und mir oft eingeredet, dass meine Mutter noch lange leben würde. Es hatte mir geholfen und mich beruhigt. Das mulmige Gefühl in meiner Magengegend blieb trotzdem.

Es war ein wunderschöner Abend im Spätsommer. Ich stand barfuss auf einem grasbewachsenen Hügel und blickte auf das kleine Städtchen unter mir. Das hohe, im Wind hin und her wogende Gras kitzelte mich an meinen nackten Beinen. Die schwere, nach Blumen und Eis duftende Luft flimmerte über dem Teer und liess meine Sicht verschwimmen. Hinten im orange und roten Horizont ging gerade die Sonne unter und tauchte alles in ein warmes, goldenes Licht. Ein blauer Schmetterling flog durch die schwüle Hitze und setzte sich auf meine Nase. Neben mir stand plötzlich meine Mutter und lächelte mich voller Liebe an. Sie sagte nichts, strich mir nur immer wieder über die Wange. ,,Mama?" Fragte ich in die Stille hinein. Ein kühler Wind kam auf und sämtliche Härchen auf meinen Armen stellten sich auf. Plötzlich begann sich eine schwarze Wolkenwand vom Rand meines Blickfeldes über den Himmel in meine Richtung schieben. Blitze zuckten durch die geballte Dunkelheit, die immer näher auf mich zukam. ,,Mama?", fragte ich erneut. Sie lächelte schwach und zog ihre Hand zurück. Sie trat nach hinten, weg von mir. Ich wollte auf sie zugehen, doch der Boden hielt mich fest. Das Gras hatte sich in eine graue, zähflüssige Masse verwandelt, die meine Füsse verbrannte und mir langsam meine Kraft entzog, so als würde mir jemand mit einem Strohhalm mein Leben aussaugen. Mom lief immer weiter von mir weg, wich von mir fort. Immer weiter weg, bis ich sie kaum noch erkennen konnte. Je weiter weg sie von mir lief, desto dunkler wurde es um mich herum, bis ich plötzlich im Dunkeln stand.

,,Mama?" Schweissgebadet erwachte ich mitten in der Nacht. Das Herz klopfte mir bis zum Hals. Mein eigener, verzweifelter Schrei hing in der stickigen Luft und hallte in meinen Ohren nach. Raus, ich muss hier raus, war mein einziger Gedanke. Hektisch atmend tastete ich neben mich. Magnus sass aufrecht neben mir und sah mich mit gespitzten Ohren aufmerksam an. Schnell stand ich auf und zog mir etwas an. Ich verliess die Wohnung so schnell wie ich konnte und rannte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, nach unten.
Die milde Luft umfing mich mit sanfter Wärme und beruhigte meinen Puls. Je länger ich durch die Nacht lief, desto ruhiger wurde ich. Ich musste wieder an Tom denken. Ob er wohl oft an mich dachte? ,,Ach sei doch still!"herrschte ich mich selbst an und zwang mich an etwas anderes zu denken.

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Gott, dieses Kapitel ist so schlecht geworden. Tschüss, ich geh mich vergraben.
Au revoir. Nicht.
Lou 🔥🍬🎾

Friendshit (Tom Kaulitz ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt