Unsere Blicke treffen nur einen ganz kurzen Moment aufeinander, dann unterbreche ich den Augenkontakt und schaue angestrengt wieder nach vorne. Toll, ich wurde beim glotzen erwischt. Aus den Augenwinkeln nehme ich wahr das er mich immer noch mustert und zwar nicht unauffällig. Aber ich blicke weiter regungslos auf meinen Dozenten, der dort vorne irgendetwas quasselt, dass ich mir vermutlich merken sollte. Als mein Prof. sich umdreht um eine Folie in den Hellraumprojektor einzulegen, bewegt sich die Gestalt in meinen Augenwinkeln. Wie von selbst drehe ich Kopf in besagte Richtung. Zayn füllt die Lücke zwischen uns und nimmt in dem leeren Stuhl neben mir Platz.
Er öffnet den Mund um zu sprechen. "Ich glaube wir kennen uns noch nicht.", flüstert er und sieht mich dabei an. Einerseits fällt mir ein Stein vom Herzen, als mir bewusst wird, dass er mich nicht erkannt hat. Andererseits bin ich auch enttäuscht, dass ich es anscheinden nicht Wert bin, sich mein Gesicht zu merken.
"Ich bin Zayn.", raunt er mir mit tiefer, kräftiger Stimme ins Ohr und jagt mir damit eine Gänsehaut den Rücken runter. Ich glotze einfach weiter bewegungslos nach vorne und versuche seine Anwesenheit zu ignorieren. "Und du bist?", fragt er, als ihm bewusst wird, das ich nicht vorhabe auf ihn einzugehen. Als ich ihn wieder ignoriere, stützt er seinen Ellbogen auf der anderen Seite der Stuhls ab und rückt mir somit noch etwas mehr auf die Pelle. "Du kommst mir bekannt vor. Wie ist dein Name?", hakt er jetzt etwas neugieriger nach. Mist, ich komme ihm bekannt vor."Hat dich nicht zu interessieren.", zische ich leise hinter vorgehaltener Hand.
"Und wenn es mich doch interessiert?"
Mein Handy leuchtet auf meinem Tischchen auf, aber nicht nur das, es gibt auch noch in voller Lautstärke einen Ton von sich.
"Fuck..", flüstere ich so leise, das es nur Zayn möglich wäre es zu hören. Schnell greife ich danach, stelle es auf Stumm und murmle eine undeutliche Entschuldigung vor mich hin. Diejenigen die sich umgedreht haben, wenden sich wieder der Vorlesung zu. Ich lasse mich peinlich berührt tiefer in meinen Sitz sinken, drehe mich aber irritiert um, als ich neben mir ein leises Hüsteln vernehme. Zayn lacht mich aus, ich meine gerade der? Das muss auch super aussehen, der Idiot, der am ersten Tag zu spät kommt und das Mädchen, dass zu blöd ist ihr Handy auf Stumm zu schalten. Die ganze restliche Vorlesung über, bin ich mir der stechenden Blicke bewusst die er mir zuwirft, doch ich tue sie einfach ab, als würde ich sie nicht bemerken.
Endlich entlässt uns unser Dozent am Ende der Stunde. Ich springe von meinem Sitz auf, schultere meinen Rucksack und haste, ohne Zayn noch eines weiteren Blickes zu würdigen aus, dem Saal.
Während ich auf dem Campus auf Eliot warte, werfe ich einen Blick auf mein Handy, um nachzusehen, wer das Bedürfnis hatte, mich an meinem ersten Tag zu blamieren.
Dad: Wie ist dein erster Tag so?
Dad: Mein kleines Mädchen ist erwachsen geworden 😔
Dad:
Dad: Deine Mutter wäre stolz auf dich! Und ich bin es auch!
Rosmary, meine Mutter, ist bei meiner Geburt gestorben. Es war eine lange und schwere Geburt, ihre Plazenta ist gerissen und der Blutverlusst war eben einfach zu hoch.
Die Wahrheit ist: Ich kannte diese Frau nicht, also kann ich sie auch nicht vermissen. Was mir jedoch fehlt, ist nicht sie als Person, sondern das Gefühl eine Mutter zu haben. Und trotzdem bedeuten mir die Worte meines Vaters viel, denn ich möchte sie stolz machen, auch wenn ich sie nicht kannte und sie nicht mehr am Leben ist. Sie ist zwar nicht mehr da um es mir zu sagen, doch ich weiss, ich war kein ungeplantes Missgeschick, wurde in Liebe empfangen und es hat mir nie an etwas gefehlt. Wenn ich an sie denke, überkommt mich nicht das Gefühl der Trauer, sondern der Dankbarkeit. Denn sie hat sich in einen Mann verliebt, der es selbst nach einem solch schweren Schicksalsschlag gemeistert hat, zwei Kinder grosszuziehen.Ich tippe schnell meine Antwort auf Whatsapp ein und schicke sie ab.
Ich: Läuft gut 😊 Danke, ich hab dich lieb Dad ❤️
Dad: Ich dich auch Kleines ❤️
Eine Berührung an meiner Schulter lässt mich aufsehen. Eliot steht vor mir und strahlt mich an.
"Naaaa? Wie wars?", fragt er ziemlich laut und wirkt damit irgendwie unecht.
"Sieh jetzt nicht hin, aber dort drüben an der Wand steht ein echt heisses Rosinchen und es lässt dich nicht mehr aus den Augen.", schildert er und vesucht dabei die Lippen nicht allzu grob zu bewegen.Automatisch drehe ich meinen Kopf in die Richtung in die er unauffällig genickt hat. "Ich sagte sieh nicht hin!", nuschelt er energisch. Mit dem Rücken an die Wand gelehnt steht er da. Zayn. Seine Augen leuchten in einem intensiven Azurblau und der leichte Goldschimmer in seinen denoch dunklen Haaren, untermalt seine Erscheinung. Ruckartig drehe ich meinen Kopf wieder zurück zu Eliot.
"Das ist bestimmt kein heisses Rosinchen!"
"Was auch ... er ist, ... hier her.", murmelt er gedämpft, weshalb ich nicht alles verstehe.
"Hi.", vernehme ich die Stimme die ich gerade am wenigsten hören möchte. Sofort drehe ich mich in seine Richtung. Keine Ahnung warum aber irgendwie verschlägt mir diese Situation die Sprache und ich fühle mich wieder wie Ginger, das Mädchen, dass ihren Mund nicht aufkriegt. Eliot scheint zu merken das da nichts mehr kommt, weshalb er mich unterstützt.
"Hi.", sagt er etwas quirrlig. Innerlich rufe ich mir mein Mantra ins Gedächtnis: Laut denken, mehr ist es nicht.
"Hallo.", sage ich schnell und tonlos und richte das Wort gleich darauf an Eliot. "Können wir? Ich hab was vergessen." Eliot legt die Stirn in Falten, nickt jedoch weil er begreift das mir die Situation unangenehm ist. Innerlich danke ich Gott auf Knien Eliot zu haben.
"Na dann, hat mich gefreut ehm.."
"Zayn. Zayn Michaels."
"Okay Za.." Eliot kennt Zayn, nicht persönlich, aber sein Name ist einige Male gefallen. "Zayn Michaels?", wiederholt er fragend und sieht mich dabei ungläubig an.
Gott? Ich nehme alles zurück.
"Ich hab's gewusst, wir kennen uns.", wirft Zayn seine neue Erkenntnis ein. "Wer bist du?", fragt er mich jetzt bereits das dritte mal an diesem Tag. Drei Jahre sind schon eine lange Zeit, aber komm schon, war ich wirklich so unbedeutend. Das macht mich irgendwie wütend, so wütend das ich schon fast wieder will, das er mich wiedererkennt.
"Keine Ahnung wovon du spr.."
"Vergiss das gleich wieder.", wirft er grinsend dazwischen. "Es ist zu spät, ich kriege raus woher wir uns kennen und warum du nicht willst das ich es weiss!", verkündet er entschlossen. Soll er doch.
"Gut mach ruhig, ich wüsche dir viel Vergnügen dabei.", bemerke ich entrüstet. Sein Mienenspiel gibt mir das Gefühl, das er sich nicht zwischen interessiert und amüsiert entscheiden kann.
"Irgendetwas sagt mir, dass das Vergnügen erst danach kommt.", gibt er mit rauchiger Stimme zurück und kommt mir dabei, für meinen Geschmack, etwas zu nah. Dann dreht er sich um und nimmt wieder seinen vorherigen Platz an der Wand ein. Währenddessen wendet er kein einziges mal die Augen von mir ab, was wirklich verdammt einschüchternd ist.
"Verdammt.", gluckst Eliot gedankenverloren und folgt mir, als ich mich aus Zayns Blickfeld entferne.
Jep, das trifft es. Verdammt!
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Secret Desire
Romance«Für mich bedeutet kaputt, das etwas durchaus noch repariert werden kann.» Ihre ganze Jugend über konnte Haley, Zayn Michaels nicht ausstehen. Sie hasste die Vorurteile die er ihr gegenüber nie ablegen konnte. Die einzige Zeit in der er ihr Beachtu...