▷onze◁

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Tränen. Stumme Tränen, die sich jeden Tag, jede Nacht einen Weg über meine Wangen bahnten. Es war weg. Sie war weg und ich konnte sie nicht zurückholen. Ich konnte nicht noch Einmal spielen, um meine Liebe zu zeigen. Es war vorbei. Lohnte es sich jetzt noch, weiter zu machen? Weiterzuleben, wenn der Grund für den man gelebt hat verschwunden ist?

Ich saß angelehnt am Küchenschrank auf dem Boden, als Holly schwanzwedelnd um die Ecke bog und mich durch ihre schwarzen Knopfaugen ansah. Ich wusste, dass es falsch war. Falsch, sie immer noch hier zuhaben. Ich war nicht gut für sie. Sie hat so ein Leben mit mir nicht verdient. Denn schon seit Tagen war ich nicht mehr rausgegangen, weshalb das Gassi gehen auch ausfiel. Ich ließ immer die Terassentür auf, damit Holly in den Garten konnte. Doch auch das Futter wurde knapp. Sie bekam nur noch irgendwelches altes Fleisch, dass meine Mutter mitbrachte, wenn sie von der Arbeit kam.

Meine Mutter hatte mir schon oft vorgeschlagen, Holly in ein Tierheim zu geben, weil sie es hier bei mir niemals gut haben würde. Doch ich wollte nicht. Zu sehr hatte ich dieses kleine Wesen in mein Herz geschlossen, dass ich sie niemals gehen lassen wollte. Doch wo ich nun hier so saß, und dieses weiße Wesen sah, mit nun struppigem Fell und unglücklichem Gesichtsausdruck, wurde mir klar, wie geizig diese Aktion von mir war.

Mühsam drückte ich mich hoch und stand auf, musste mich aber an der Küchentheke festhalten. Seit meine Liebe verschwunden war, hatte ich mich kaum bewegt, kein Wort gesprochen und auch den Blickkontakt mit meiner Mutter gemieden. Gegessen hatte ich kaum, wollte eigentlich aufhören, doch meine Mutter zwang mich. Und es war komisch, aber dadurch, dass sie mich dazu zwang, hatte ich ein klein bisschen das Gefühl ihr doch noch wichtig zu sein.

Doch es war an der Zeit, Abschied zu nehmen. Ein letztes Mal zusammen Luft zuschnappen und sich dann zu trennen. Ich schnalzte mit der Zunge, um Holly auf mich aufmerksam zu machen. Sie schaute zu mir auf und lief auf mich zu, als sie sah, dass ich die Haustür öffnete. Kalter Wind blies mir ins Gesicht und eine Gänsehaut überkam meine Arme. Ich schaute neben mich, sah den kleinen weißen Hund aufgeregt hin und her springen, und trat dann aus der Tür heraus.

Als ich aus unserer Einfahrt nach rechts abbog und meinen eigentlichen Weg fortsetzen wollte, bemerkte ich, dass etwas anders war. An der Straße stand ein großer LKW und ich konnte Möbel erkennen, die darin standen. Mein Blick wanderte zum Nachbarhaus und ich sah große Männer einen Kühlschrank trugen. Dieses Haus stand schon seit Jahren leer. Unsere letzten Nachbarn waren ausgezogen, weil es sie genervt hat, dass sie mein Piano gehört hatten. Seitdem hatte niemand mehr einen Fuß in das Haus gesetzt. Und jetzt zog wieder jemand ein?

Im Augenwinkel sah ich, wie Holly voraus rannte. Sie rannte auf jemanden zu. Kannte sie diese Person? Schnell ging ich ihr hinterher, um sie nicht zu verlieren. Als ich bei der Person angekommen war, die gerade kniete und Holly streichelte, hockte ich mich ebenfalls hin und wollte Holly auf den Arm nehmen, als sich die Person wieder aufrecht hinstellte. Ich hob Holly hoch und hob meinen Blick.

Wow...

First love |  m.ygWo Geschichten leben. Entdecke jetzt