Kapitel 28:

4K 113 9
                                    

Sindera steckte das Funkgerät wieder zurück in den Gürtel und drehte sich zu mir um. 
Er sah besorgt aus.
Ich fragte mich, was er jetzt wohl alles über mich herausgefunden hatte.
Sein Kollege, Herr Fuchs stellte sich zu ihm und die beiden unterhielten sich für einen kurzen Moment, bevor Sindera zu mir rüber kam und Fuchs in Richtung Straße ging.

Der Polizist ging vor mir etwas in die Knie, damit er auf derselben Augenhöhe war wie ich.

„Bist du aus dem Krankenhaus abgehauen?", fragte er mich streng.

Ich schaute ihn stumm an und rückte ein Stückchen von ihm weg. Mit dem Rücken lehnte ich jetzt an der Glaswand der Haltestelle.
Er wusste Bescheid! Vielleicht nicht über alles, aber er war in Kenntnis gesetzt worden, dass ich weggelaufen bin. Wer weiß was er sonst noch über mich wusste?

„Du musst keine Angst vor uns haben. Wir wollen dir nur helfen. Wieso bist du denn aus dem Krankenhaus raus?", fragte er mich behutsam.

„Ich wollte zu einem Freund, weil ich...", wollte ich anfangen zu erklären, als meine Seite anfing wie verrückt zu stechen. Ich keuchte auf und krümmte mich zusammen. Während ich meine Hände auf die Stelle drückte. Auch die Rippen schmerzten wieder leicht.

„Hey, alles in Ordnung? Der RTW ist schon verständigt. Kannst du mir sagen was dir weh tut?", fragte mich Sindera gleich.

„Das wird bestimmt gleich wieder besser.", murmelte ich und schloss die Augen, während ich zusammengekauert auf der Bank saß.

Sindera legte seine Hand auf meine Schulter und blieb bei mir, während die Schmerzen langsam zurückgingen.

„Ich brauche keinen RTW.", murmelte ich und setzte mich langsam auf.

„Du kommst trotzdem wieder ins Krankenhaus. Es ist sicherer, wenn du noch einmal untersucht wirst. Kannst du mir erklären, weshalb du abgehauen bist?", fragte er mich erneut.
War es ihm denn so wichtig?

Ich überlegte einen Moment ob das eine gute Idee war ihn zum Teil einzuweihen.
Ich nickte leicht mit dem Kopf und lehnte mich zurück gegen die Glaswand.

„Ich wollte einfach nur weg... und zu Robin.", sagte ich.

„Wer ist Robin? Der Freund zu dem du wolltest?"

„Ja."

„Warum läufst du deshalb aus dem Krankenhaus weg?", fragte er mich.

„Ich... muss noch eine Sache klären. Und wenn sie mich gehen lassen, dann kann ich das erledigen."

„Deine Gesundheit steht erst einmal im Vordergrund.", versuchte mich Sindera zu überzeugen.

„Sie... ähm... Robin ist auch bei der Polizei und ich wollte bei ihm jemanden anzeigen.", rückte ich mit der Wahrheit raus und schaute zu ihm hoch. Sindera blickte interessiert zu mir herunter und kniet sich dann wieder neben mich.

„Wie heißt Robin, denn mit Nachnamen?", fragte er mich dann.

„Sturm, glaube ich. Kennen sie ihn?"

„Ja, er ist ein Freund von mir. Du kannst mich übrigens Stephan nennen. In Ordnung?", sagte er freundlich zu mir. Ich lächelte ihn erleichtert an. Ein Freund von Robin, dass war auch gut. Bestimmt kann er mir in diesem Fall auch helfen.

„Wen wolltest du denn anzeigen?", fragte er mich behutsam.

„Das ist kompliziert und Robin weiß schon etwas darüber Bescheid.", erklärte ich und halte mir weiter die schmerzende Seite.

„Meinst du deine Mutter und deine Schwester?", fragte mich Stephan plötzlich. Ich schaute erschrocken zu ihm hoch.

„Woher... weißt du das? Ich habe es nie erzählt..."

„Keine Sorge. Die beiden wurden schon vor einer Woche verurteilt und können dir nichts mehr antun."

„Vor einer Woche? Dann sind sie schon im Gefängnis und können nicht mehr zu mir? Also wirklich gar nicht.", fragte ich ihn angespannt.

„Genau. Sie werden dich erst einmal nicht sehen."

„Gut, dass ist sehr gut.", murmelte ich und lehnte mich zurück an die Glaswand. Ich schloss die Augen.

„Lässt du bitte die Augen auf, Jane.", sprach mir Stephan zu und hält mich seitlich an der Schulter.

„Mmm.", kommt nur noch über die Lippen.
Sie sind im Gefängnis. Endlich. Jetzt habe ich endlich Ruhe vor ihnen und kann mein Leben wie ein ganz normaler Mensch führen.
Dann kam mir plötzlich der Gedanke: Wenn sie schon seit einer Woche im Gefängnis waren, wie lange bin ich dann im Krankenhaus gewesen?

„Haben wir noch Juli?", fragte ich Stephan mir geschlossenen Augen.

„Wir haben Mitte August... der 18 ist heute.", teilte er mir mit.

„Vier Wochen lag ich im Krankenhaus.", lasse ich leise verlauten. "Verdammte vier Wochen meines Lebens."

„Das wird schon wieder.", beruhigte mich Stephan. „Der RTW kommt gerade. Ich denke dein Erziehungsberechtigter kommt auch gleich vorbei und dann wird das wieder."

„Mein Erziehungsberechtigter?", fragte ich erschrocken nach und reiße die Augen auf. „Ich habe jemanden als Aufpasser bekommen? Ich dachte ich komme ins Heim."

„Ich dachte das wüsstest du schon...", stotterte Stephan etwas. Er wusste nicht wirklich was er dazu sagen sollte. „In einem Heim bist du laut meiner Information nicht."

„Kein Heim, also Pflegefamilie oder ich komme zu meinem total netten Stiefvater.", überlegte ich sarkastisch. Bei dem Gedanken wird mir ganz übel. Mein Stiefvater ist zwar kein schlechter Mensch, aber seine Stimmungsschwankungen sind nicht das Beste was es auf dieser Welt gibt. Je mehr ich darüber nachdenke, desto klarer wird es mir, dass ich zu meinem Stiefvater komme.

In unserer Nähe wird der RTW von Fuchs eingewiesen und die Türen schlagen laut zu. Vier Rettungssanitäter folgen Fuchs in meine Richtung.

„Sie werden dir jetzt helfen. Ich kläre derweil auf wer der Erziehungsberechtigte ist. In Ordnung?", fragte mich Stephan und zog sein Funkgerät aus der Jackentasche.

„Ja, mach das ruhig.", murmelte ich leise und überlegte, was ich machen könnte, um aus den Fängen meines Stiefvater zu entfliehen.
Ich könnte einfach abhauen, aber mit den Schmerzen wäre das eventuell nicht die beste Lösung, die mir zu Verfügung stand. Aber dann waren die Sanitäter auch schon bei mir angekommen.



Wenn ein paar Tage deine Welt verändern (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt