Kapitel 26:

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Die Beamten wollten eindeutig zu uns.

„Hallo, Polizeioberkommissar Martin Fuchs und mein Kollege Stephan Sindera. Haben sie uns informiert?", fragte der erste Beamte, Martin Fuchs, nach.

„Ja, habe ich. Ernst Müller, mein Name. Ich habe dieses Mädchen beim Schwarzfahren erwischt. Zudem hat sie Sitze aufgeschlitzt und beschädigt.", trug der Fahrkartenkontrolleur vor.

Ich drehte mich entgeistert zu ihm rum. Was sagte er da?
Was sollte ich gemacht haben? Das war doch nicht sein ernst?
Musste ich immer an diese verlogenen Typen kommen?
Ich war so perplex, dass ich erst einmal nicht darauf reagierte.

„Sie sind Kontrolleur?",
„Ja, bin ich.", gab Herr Müller an und zeigte seinen Dienstausweis her.
„Okay, dann gehen wir erst einmal ein bisschen vom Bahngleis weg.", sagte Sindera.
Wir liefen alle zusammen ein paar Meter weiter zu den Sitzbänken.
Ich lies mich sofort auf die Metallbank nieder. Die Beamten stellten sich rechts und links neben mich und vor mir war der nette Herr Kontrolleur, der jetzt wieder einen auf freundlich tat.

Diese ganze Aktion konnte ja noch etwas werden. Wahrscheinlich dauerte es erst einmal eine Weile, bis sie alles geklärt hatten. Dann musste ich den Polizisten noch erklären, dass ich nichts kaputt gemacht hatte.

Ich fühlte mich hier unsicher. Wer weiß wo Jessica und Mara jetzt gerade waren?
Die Umgebung behielt ich sicherheitshalber im Blick. Überall rannten Menschen herum. Sie schauten in unsere Richtung und fingen gleich darauf an zu tuscheln.
Ich fühlte mich schlecht und ihnen ausgeliefert.

„So nun wieder zurück zu ihren Beschuldigungen.", riss mich Sindera aus meinen Gedanken.

„Ja, das Mädchen ist schwarzgefahren, hat die Sitze aufgeschlitzt und möchte mir zudem nicht ihren Namen sagen.", fing der Kontrolleur wieder an.

„Ich habe ihnen angeboten meine Adresse zu geben, bevor sie die Polizei gerufen haben! Wissen sie noch?", mischte ich mich wütend von meinem Platz aus ein. Wieder spürte ich ein Stechen in meiner Seite. Ich ignorierte ihn so gut es ging.

„Haben sie Beweise dafür?", fragte der Beamte den Kontrolleur.

„Ja, ich habe alles fotografiert was sie beschädigt hat. Und auf frischer Tat habe ich sie dabei entdeckt.", fügte er mit Stolz hinzu und winkte mit seiner Kamera in der Hand.

„Das stimmt gar nicht...", versuchte ich auf mich aufmerksam zu machen.

„Du gibst mir bitte erst einmal deinen Ausweis.", sagte Sindera zu mir.

„Das mit den Sitzen war ich wirklich nicht. Ich habe sie nicht aufgeschnitten. Ich habe nicht mal ein Messer dabei.", versuchte ich verzweifelt klar zu stellen.

„Wenn du es nicht warst, dann wird sich alles noch klären. Jetzt aber brauche ich erst einmal deinen Ausweis.", lies sich Sindera nicht von seinem Vorhaben abbringen.

„Ich habe ihn nicht dabei, aber ich könnte ihnen meine Adresse und meinen Namen geben.", antwortete ich unruhig.

„Genau so hat sie es auch bei mir probiert. Aber ich bin doch nicht blöd. Die gibt mir noch die falsche Adresse.", sagte Herr Müller immer noch aufgebracht. Er wollte einen Schritt auf mich zugehen. Ich zuckte nach hinten und Fuchs hielt Herr Müller auf, damit er sich mir nicht mehr nähern konnte.

„Beruhigen sie sich erst einmal. Wir sind ja jetzt hier und helfen beim Aufklären.", versuchte er ihn zu beruhigen.

„Ja, hoffentlich.", meinte er mürrisch und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wir gehen erst einmal ein paar Schritte auf die Seite und dann hätte ich von ihnen auch die Personalien.", teilte Fuchs ihm mit.
Mit ein bisschen gegrummel wich der Kontrolleur ein paar Schritte nach hinten. Dann begann er seine Papiere zu suchen.

„Also dein Name und deine Adresse.", sagte Sindera zu mir. Ich schaute zu ihm hoch und nickte.

„Jane Liro, Buschweg 14."

Sindera holte sein Funkgerät raus und gab meinen Namen und die Anschrift durch. Ich hoffte derweil, dass ich dort noch gemeldet war.
Immerhin war ja eine Weile vergangen... aber wenn das Haus sowieso mir gehörte, dann wäre ich bestimmt immer noch dort gemeldet. Ich drückte die Daumen.

Neben an erklärte der Kontrolleur erneut, was ich anscheinend alles angerichtet hatte. Auch die angeblichen Beweisfotos zeigte er dem Polizisten namens Fuchs.

Ich überlegte gerade den Polizisten zu fragen, ob er vielleicht Robin kannte, als er mir zuvorkam.

„Warum hast du keine Schuhe an?", fragte mich Sindera. Irritiert schaute ich nach unten zu meinen Füßen. Ich hatte schon wieder vergessen, dass ich barfuß war.

„Ähm... die Schuhe habe ich in der Eile nicht gefunden.", gab ich ihm eine Antwort. Er runzelte die Stirn. Das war mir jetzt doch etwas peinlich.

„Wo musst du denn hin?", fragte er mich.

„Zu einem... Freund. Weshalb ich auch die Fahrkarte vergessen habe.", erklärte ich ihm.

„Erzähl mir mal deine Version der Bahnfahrt."

„Ich bin eingestiegen und habe mich hingesetzt. So wie immer. Ganz normal halt. Dann kam gleich der Kontrolleur. Noch vor der ersten Haltestelle und hat er mich nach meinem Fahrschein gefragt. Ich habe gleich zugegeben, dass ich keine hatte... dann haben wir etwas diskutiert. Er wollte Geld von mir. Ich habe aber keins dabei. Also hat er meinen Ausweis verlangt, den ich auch nicht dabei habe. Daraufhin hat er gemeint, dass er auch wertvolle Dinge als Bezahlung entgegen nehmen kann. Aber er hat nie gesagt, dass ich die Sitze beschädigt habe."

„Hast du es gemacht?"
„Nein, natürlich nicht. Ich wollte nur in die Innenstadt.", murmelte ich und schaute zu ihm hoch.

„Wo bist du den hinzugestiegen?", fragte er mich.
„Die Haltestelle gegenüber von der Klinik am Südring.", erinnerte mich an den Schriftzug am Ausgang des Krankenhauses.

„Das wären jetzt vier Stationen bis hier her.", sagte Sindera.

„Darf ich jetzt eigentlich gehen? Sie haben ja meine Daten und ich muss wirklich dringend weg.", drängte ich ungeduldig.

„Nein, wir werden erst einmal unsere Maßnahme durchziehen, bevor hier jemand geht.", erklärte mir Sindera.

Das Funkgerät knackte und unterbrach uns.

Sindera stand auf und entfernte sich etwas von mir. Er behielt mich aber im Blick.

Ich drehte mich weg von ihm und atmete erste einmal wieder richtig durch. Die Wunde an meiner Seite tat immer kräftiger weh. Ich legte meine Hand zurück auf die Stelle.
Nur nicht aufgeben, dachte ich mir. Zur Not musste ich gleich, bei denen mir unbekannten Polizisten, meine Anzeige machen.

Ich schaute mir meine Handflächen an.
Bis jetzt hatte ich vollkommen vergessen, dass ich dort verletzt gewesen war. Die Schnitte, der Metallsplitter, konnte ich noch deutlich erkennen. Ich fuhr mit meinen Fingerkuppen behutsam über die Narben. Es fühlte sich so an wie zuvor, wenn man von den langen Narben absah. Sie waren kreuz und quer verteilt.

Dann legte ich meinen Kopf in die Hände und wartete darauf das Sindera wieder zu mir trat.

Wenn ein paar Tage deine Welt verändern (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt