Kapitel 13:

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Die Schmerzen in meinen Rippen wurden besser, als ich anfing zu gehen. Ich wählte den schnellsten Weg nach Hause. 

Ich weiß nicht ob es an den Schmerzen lag oder ob mein Verstand einfach aufgehört hatte zu funktionieren, denn ohne einen Blick auf den Verkehr zu werfen, lief ich über die Straßen. Ich wechselte von der einen Straßenseite auf die andere. Ein paar Ecken von uns zuhause entfernt wurde ich durch das laute quietschen von Bremsen aus diesem starren Zustand gerissen.

Ich stand schräg zu dem Auto. Wie angewurzelt blieb ich stehen und wagte es nicht mich zu bewegen.

Das Fahrzeug erfasste mich glücklicherweise nicht, sondern blieb einen Meter von mir entfernt stehen. Langsam löste ich mich aus dieser Starre und schaute zu dem Auto rüber.

Die Männer im Wagen schauten mich erschrocken an.

Die insgesamt zwei Personen im Wagen trugen Rettungsdienstkleidung und vorne auf der Motorhaube stand mit großen weißen Buchstaben „Notarzt". Mir schoss diese Erkenntnis sofort durch den Kopf.

Ich Idiot war doch tatsächlich einem Notarzteinsatzfahrzeug vor die Reifen gelaufen.

Allmählich kam wieder Leben in unsere Glieder.

Der Fahrer öffnete die Tür und stieg aus.
„Alles in Ordnung bei dir?", fragte mich der Beifahrer, der auch ausgestiegen war. Ich starrte ihn immer noch unverändert an und drehte mich ganz zu ihnen um. Ständig bedacht darauf einen Abstand zwischen den beiden und mir herzustellen.
Auf dem dunklen T-Shirt des Beifahrers stand mit roten Buchstaben Notarzt.

„Entschuldigung.", murmelte ich leise und fügte lauter hinzu. „Tut mir wirklich sehr, sehr leid."

"Kannst du mir deinen Namen sagen?", fragte der Sanitäter. Ich schüttelte den Kopf und trat dabei einige Schritt nach hinten. Der Sanitäter hob beschwichtigend die Hände und trat nach vorne, auf mich zu.

"Du bist verletzt. Wir können dir helfen.", probierte er es erneut.

"Nein, alles ist gut. Es tut mir nur sehr leid, dass ich nicht aufgepasst habe.", wiederholte ich und wankte nach hinten.

Bitte nicht schon wieder rennen. Das war so anstrengend, sträubte sich mein Körper dagegen. Aber es musste sein.

"Wir können dir helfen.", sagte der Notarzt zu mir. Doch ich drehte ihnen schon den Rücken zu und lief die Straße entlang davon.

„Bleib stehen.", rief er mir hinter her. Doch ich rannte was das Zeug hielt und erreichte ein paar Minuten später unser Haus.

Das NEF-Team hatte mich glücklicherweise nicht verfolgt.

Ich ging durch die Hintertür in die Villa rein. Am Spiegel blieb ich stehen. Ich sah genauso aus wie heute Morgen. Vielleicht war ich noch etwas bleicher im Gesicht geworden.

Mit meinen Fingern strich ich mir eine dunkelbraune Strähne, aus dem Gesicht hinters Ohr. Behutsam tastete ich über die leichte Kruste des Cuts. Ich hoffte, dass der Rettungsdienst ihn nicht gesehen hatte. Sonst würde eine Menge Ärger auf mich warten, wenn sie nach mir suchen würden. Aber so wie sie auf mich reagiert hatten... bestimmt hatten sie die Verletzungen gesehen.

Ich erinnerte mich an den Moment zurück, als sie mich ansprachen.
Der  Sanitäter hatte es zumindest bemerkt, dass ich verletzt war.

Panik kam in mir auf. Was sollte ich machen?
Wenn ich Pech hatte würden sie der Polizei mitteilen, dass sie jemand verletztes suchen.
Daraufhin würde man die Augen nach mir offen halten und das war es bestimmt nicht was ich wollte.

Vielleicht ist es dem Sanitäter und dem Notarzt aber auch egal was mit mir los war.
Sie haben bestimmt wichtigeres zu tun als mich zu suchen, dachte ich mir und spürte ein ziehen am verletzten Arm.

Daraufhin zog ich meinen Ärmel vom Pullover hoch und entschied mich dazu den Verband und die Kompresse zu wechseln.

Solange die meisten Schmerzen von meinen Rippen ausgingen würde es hoffentlich nicht zu stark weh tun.

Doch ich täuschte mich gewaltig.
Die Wunde hatte zwar aufgehört zu bluten, aber die Kruste war mit der Kompresse verbunden und als ich sie abzog mache ich die ganze Kruste ab. Ich malträtierte mich damit selbst. Tränen liefen mir die Wange hinunter, während die Wunde erneut aufbrach. Als ich das hinter mich gebracht hatte, blickte ich zu der Küchenuhr.

9:30 Uhr.

Mara, Mutter und Robert müssten bald aufstehen.

Schnell machte ich Wundsalbe auf die Schriftzeichen und deckte sie dann erneut steril ab.

Ich ging in den obersten Stock. Das ganze Gerenne und Adrenalin in meinem Blut hatte mich erschöpft. Ich legte mich zum Schlafen auf den Boden. Eine Decke nahm ich noch als Kopfkissen, dann war ich schon eingeschlafen.







„Leitstelle bitte kommen.", sprach der Sanitäter, Franco Fabiano, in sein Funkgerät.

„Leitstelle hört.", kam es einen Moment später zurück.

„Uns ist gerade eben ein Mädchen vor den Wagen gelaufen. Könntet ihr uns bitte die Polizei vorbeischicken."

„Geht klar."

Franco parkte den NEF noch ein, dann warteten er und der Notarzt Oliver Dreier auf einen Streifenwagen. Schon ein paar Minuten später traf dieser vor Ort ein.

„Hallo, Marc. Hallo Robin.", sagte Franco zu den beiden und schüttelte ihre Hände. Oliver tat es ihm gleich.

„Hallo, Franco. Euch soll ein Mädchen vor das Auto gelaufen sein? Ist sie schon wieder weg?", fragte Robin nach. Er schaute sich kurz um.

„Ja, sie ist uns vor das Auto gelaufen. Hat uns angestarrt und ist weggelaufen nachdem wir sie angesprochen hatten.", fing Franco an.

„Wir haben euch nur dazu gerufen, weil das Mädchen einen ordentlichen Cut im Gesicht hatte.", erklärte Oliver weiter. „Sie war auch ziemlich blass."

„Könnt ihr das Mädchen beschreiben? Damit wir eine Nahfandung machen können.", hakte Marc nach und holte sein Heftchen raus.

„Ja. Sie war um die 16 Jahre alt. Könnte aber auch älter gewesen sein. Schulterlange, dunkelbraune Haare.", begann Franco sie zu beschreiben.

„Schwarze, lange Hose. Weinroter Pullover. Sie hatte eine aufgeplatzte Lippe und einen langen Cut über der rechten Augenbraue."

„Danke, das hilft uns schon sehr.", sagte Marc. Robin stand neben ihm und dachte nach.

„Das Mädchen im Park. Auf sie passt die Beschreibung auch.", rief sich Robin das Bild des Mädchens wieder ins Gedächtnis. Es war gerade einmal eine gute Viertelstunde her.

„Ja, schulterlange, dunkelbraune Haare. Das würde passen. Dann ist sie hierher gerannt?"

„Muss sie wohl. Vielleicht wohnt sie ja hier in der Gegend."

„Ich will mich ja nicht zu sehr bei euch einmischen, ...", erklärte Oliver den Polizisten. „... aber ich glaube es wäre sinnvoll, das Mädchen in einem Krankenhaus zu haben. Bei so einem Cut, muss sie ziemlich was gegen den Kopf bekommen haben."

„Wir fahren noch eine Zeit lang hier in der Gegend herum und halten Ausschau, aber wenn sie wirklich hier wohnt, dann werden wir sie wahrscheinlich nicht mehr entdecken."

„Gut, danke schön.", verabschiedeten sich Franco und Oliver von den Polizisten und setzten sich wieder in den NEF um zur Zentrale zu Fahren.

Wenn ein paar Tage deine Welt verändern (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt