Kapitel 8

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James setzte sich nachdenklich neben Mias Bett, während Madam Pomfrey ihn beobachtete. Hagrid war, sobald er Mia abgelegt hatte, losgelaufen um anscheinend Neville zu holen.

James betrachtete Mia. Sie sah so unschuldig und verletzlich aus, das James einen unheimlichen Beschützer Instinkt verspürte, der ihn überraschte.

Er kannte dieses Mädchen nicht einmal wirklich, und dennoch wollte er sie verteidigen.

Mias Haut war so blass, dass sie mit dem Krankenbett zu verschmelzen schien, und James ging auf, dass sie das so wollte. Sie wollte mit dem Hintergrund verschmelzen. Nur wieso?

Auf einmal hörte er ein Poltern, und Hagrid und Neville betraten den Raum. James konnte nur schwer den Blick von Mia lösen, aber er blickte auf. "James...was...du... Hier?", keuchte sein Schulleiter und Patenonkel perplex. James setzte zu einer Antwort an, aber Madam Pomfrey unterbrach ihn. "Professor Longbottom, Mia geht es schlechter. Ich weiß nicht ob sie dieses Jahr überhaupt noch durchsteht. Es könnte ein Jahr, ein halbes oder doch nur ein paar Wochen sein.", sagte sie aufgeregt, und James Herz stockte.
Also stimmte es. Sie war todkrank.
Nevilles Züge erschlafften. "Danke, Poppy", sagte er dann erschöpft, bevor er näher an das Bett trat, und Mia betrachtete.

Sein Blick huschte zu James. "Auf ein Wort, James?", sagte er dann schließlich und schweren Herzens erhob James sich und verließ mit Neville den Krankenflügel.

Draußen sah Neville ihn eindringlich an. "Also, James, du hast sie also endlich wahrgenommen?"sagte er aber keinesfalls vorwurfsvoll, sondern erleichtert.

James nickte nur, immer noch überwältigt von dem was gerade passiert war. Neville betrachtete ihn besorgt, und überlegend.

"James, sie ist schwer krank. Poppy gibt ihr nicht mal mehr ein Jahr. Und- sie hatte eine unglaublich schwere Vergangenheit. Bitte pass auf sie auf", brach er schließlich das Schweigen.

James schaute auf. Neville sah immernoch ziemlich besorgt aus, nur war James sich nicht sicher ob um Mias Krankheit oder ihr künftiges Verhalten James gegenüber.

Dann nickte James wieder. "Ich pass schon auf sie auf", sagte er selbstbewusst, und Neville klopfte ihm auf die Schulter, bevor sie den Krankenflügel wieder betraten.
Mia lag noch so da wie vorher, und James musste genau hinsehen um festzustellen ob sie noch atmete. Was sie glücklicherweise noch tat.
Hagrid saß mit geschlossenen Augen neben ihr. Madam Pomfrey stand deprimiert neben ihrem Bett und strich eine nicht vorhandene Falte glatt.
Leise ließ sich James ebenfalls neben Mias Bett sinken. Er wollte doch nur, dass sie wusste, dass sie nicht mehr alleine war.

*

Mia war wieder alleine in der Dunkelheit. Sie erinnerte sich noch an diese braunen Augen. James' Augen.
Dann erinnerte sie sich, dass sie bei Hagrid war, und er ihr gesagt hatte, sie könne James vertrauen, ebenso wie den anderen Potters. Mia wusste, dass sie ihnen vertrauen konnte. Nur tat sie es nicht, weil ihr Vertrauen schon zu oft missbraucht worden war.

Sie saß in der Dunkelheit auf einem Floß. Es trieb im Nebel auf dem schwarzen Wasser. Es war Nacht. Sie kauerte sich zusammen, denn es war kalt. Sie starrte in die Ferne. Kein Land war zu sehen. Wie lange würde es dauern bis ihr Floß sie in Sicherheit bringen würde?
Sie hatte keine Angst vor dem Floß oder dem Ort an dem sie war, da sie sich erinnern konnte, schon oft hier gewesen zu sein.

Sie hatte Angst vor der Ungewissheit wohin das Floß sie bringen würde.

Der Wind heulte um sie herum und ließ ihre schwarzen Haare um ihr kleines Gesicht peitschen. Sie schlang ihre Arme um ihre Knie, aber es wurde auch so nicht wärmer. Wie sehr wünschte sie sich in diesem Moment mehr denn je jemanden, der ihr während sie auf diesem Floß saß Beistand leistete und ihr einen Grund gab zu kämpfen.

Warum kämpfte sie überhaupt? Die Welt wäre ohne sie genauso wie mit ihr. Niemand brauchte sie. Vielleicht mochten Madam Pomfrey, Hagrid und Professor Longbottom sie, aber das hieß noch lange nicht, das sie nicht ohne sie könnten.

Niemandem hing etwas an ihr, niemand würde sie vermissen. Vielleicht würden die drei kurz um sie trauern, aber nach Wochen, spätestens nach einem Jahr hätten sie schon vergessen wer sie war.

Die Mädchen im Waisenhaus hatten sie gehasst. Mia war nicht immer unsichtbar gewesen. Sie war schon immer ruhig und verschlossen, das ja, aber sie hatte gehofft. So sehr. Sie hatte gehofft das jemand sie lieben lernen würde, und ihr alles im Leben zeigen würde. Jemand der ihr half die Scherben in ihrem Leben wegzukehren und sich nicht daran schnitt.

Nur war sie anders. Sie war nicht nur einen Hexe, sie war... Mia. Während die anderen Mädchen sich anfreundeten, und spielten als sie jünger waren war Mia alleine geblieben und hatte sich Gründe für ihre Existenz ins Gedächtnis gerufen.

Und nach ihrer Krankheit hatte sie auch noch ihre Hoffnung verloren. Warum also noch unnötig diese verlorene Schlacht kämpfen, wenn niemand  ihr einen Grund gab?
Ihre Liste fiel ihr ein. Alle ihre Wünsche. Und James wollte ihr helfen.

Dennoch konnte sie sich nicht vorstellen, dass er es nicht aus Mitleid tat.

Mia stand in ihrem Floß auf und blickte in die Richtung, an der die Nacht sogar dunkler war.

Vielleicht würde sie dort endlich ihren Platz finden?

Mia wusste nicht, das dies ihr Todesurteil gewesen wäre.

Sie wusste es genauso wenig wie das jemand an ihrem Bett saß und mit seinen braunen Augen flehende blicke auf sie warf.

Sie wusste nur das es nicht ihr Todesurteil war, denn ihr Floß trieb in die entgegengesetzte Richtung, dorthin, wo jemand schluchzte und Regentropfen fielen, dort wo jemand alles versuchte, um sie am Leben zu erhalten,
und vor allem dort wo jemand saß der sie zum kämpfen aufforderte.

Things I have to do before I goWo Geschichten leben. Entdecke jetzt