„Was machen wir denn jetzt?"
„Wir haben alle Chancen verspielt..."
„So kommen wir nicht weiter."
„Wie denn sonst?!"
Piers beteiligte sich nicht an der Diskussion. Er blendete die Stimmen um sich herum aus und dachte nach. Da war er wieder, der kleine Gedankenfetzen vom Vorabend, den er nicht erreichen konnte. Aber dieses Mal war er klarer, schien näher zu kommen. Es war etwas Wichtiges, ganz eindeutig. Es hatte mit dem Fall zu tun, es könnte eine Spur sein...
Aber er kam einfach noch nicht heran.
Für einen Moment schloss er die Augen. Es gehörte zum Fall, zur Leiche, war etwas kleines, Unauffälliges...
Piers sprang auf und lief eilig zum Aufzug, schlug ein paar Mal auf den Knopf und tippte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden, bis er kam. Dann fuhr er nach unten zur Pathologie und stürmte in den Autopsieraum.
„Was war das denn?", fragte Jane irritiert, als sie sah, wie ihr Kollege im Aufzug verschwand.
Sein spontaner Aufbruch war sehr unerwartet gekommen und hatte ziemlich genau fünf überraschte Gesichter hinterlassen.
Jane, Frost und Korsak schauten noch immer zum Aufzug, Maura beeilte sich dem Soldaten zu folgen und Frankie, der gerade erst rein gekommen war, stand recht planlos im Raum.
„Äh, was ist hier los?", fragte er.
„Würden wir auch gerne wissen", murmelte Jane, „Aber was machst du eigentlich hier?"
„Achso, ich habe noch jemanden, der sagt er könnte euch helfen..."
Frankie ging einen Schritt zur Seite und hinter ihm durch die Tür trat niemand anderer als Rondo.
„Heeey, Vanilla!"
„Das gibt's doch nicht..."
„Du hast etwas gefunden?"
Maura ging auf Piers zu, der mit dem Rücken zu ihr vor dem Beweismittelschrank stand und darin herumwühlte. Er zuckte zusammen, als sie ihm eine Hand auf die Schulter legte.
„Wo sind sie?", fragte er dann, „Wo sind die Klamotten des Toten?"
Da musste die Pathologin auch erst einmal nachdenken. Eigentlich hatte sie sie in den Schrank gelegt, ordnungsgemäß gekennzeichnet und den Schrank abgeschlossen, aber jetzt war der Schrank offen und alles durcheinander.
„Hast du dieses Chaos hier angerichtet? Und wieso ist der Schrank überhaupt offen??", Maura verlangte eine Erklärung.
„Ich war das nicht!", beteuerte Piers und ging nun doch ein paar Schritte vom Schrank weg.
Jetzt sah Maura, dass er Handschuhe trug. Wenigstens konnte er so die anderen Beweise, die dort lagen nicht verfälschen...
„Ich hab' dieses Chaos nicht angerichtet und der Schrank war bereits offen...!", versicherte Piers noch einmal und hoffte, dass Maura ihm glauben würde.
„Dann heißt das, hier war jemand dran. Fehlt etwas?"
Es schien nicht so, als würde die Pathologin ihm misstrauen.
„Die Kleidung des Toten ist nicht hier...! Und ich glaube, dass ich darauf noch etwas gesehen habe, was uns helfen kann!"
„Du willst also sagen", mutmaßte Maura, „Dass jemand sie gestohlen hat?"
„Sofern du mir nicht sagen kannst wo sie sind, ja."
Eigentlich wäre das unmöglich, dachte Maura, zumal in letzter Zeit so einiges passiert war, was sie für unmöglich gehalten hatte. Aber wer wäre an den Schrank herangekommen? Und wann?
Es war schon einmal vorgekommen, dass jemand versucht hatte sich der Beweise zu ermächtigen und es hatte mit einem Toten und zwei schwer verletzen Cops geendet. Dieses Mal mussten sie allerdings anders vorgegangen sein. Cleverer, leiser und unauffälliger. Ansonsten hätte doch längst irgendwer Alarm geschlagen...
„Alarm...", nuschelte Maura laut denkend vor sich hin.
„Natürlich! Der Notfall hier unten!", sprach Piers ihren Gedankengang aus.
„Ja, das muss es sein!", bestätigte Maura, „Während des Vorfalls war beinahe niemand hier und auch danach war es erst einmal leer. Jeder, der einen Schlüssel hat oder weiß, wie man hier rein und an den Schrank kommt, hätte sich hier problemlos umschauen können."
„Sich umschauen und unsere Beweise mitnehmen...!", knurrte Piers.
Inzwischen war er sich sicher, dass ihm die Kleidung des Toten etwas Wichtiges verraten würde und er wollte sie dringen wieder haben.
„Wir müssen herausfinden, wer das war...!"
„Ich hab' was gesehen, Vanilla!"
„Raus damit, was ist es?
Jane saß mit Rondo im Café, hatte ihm Pfannkuchen ausgeben müssen und war gespannt, was ihr Informant denn nun entdeckt hatte, Vielleicht könnte es helfen. Tatsache war, dass er schon öfter etwas Entscheidendes gesehen hatte und wirklich nützliche machen konnte.
So auch dieses Mal: „Ich bin letztlich hier vorbeigekommen, abends, als wohl ziemlich was los war. Keine Ahnung, was ihr hier veranstaltet habt, aber die drei Männer in den weißen Schutzanzügen sahen ja schon ziemlich verdächtig aus. Was ich jetzt aber eigentlich wollte: Der eine Typ der hier raus gegangen ist, der hatte einen Plastikbeutel in der Hand und darin lag irgendein Stoff oder so. Der sah aus, als hätte man damit ‚ne Menge Blut aufgewischt. Ich hab' mir natürlich Sorgen gemacht, dass hier etwas passiert ist, deshalb wollte ich es dir sagen, Vanilla."
Drei Männer in weißen Schutzanzügen, überlegte Jane. Waren es nicht vier gewesen?
„Hier bist du!", rief Maura, als sie und Piers ins Café stürmten.
„Was ist denn in euch gefahren?", fragte Jane überrascht.
Inzwischen hatte sich das halbe Café zu ihnen gedreht.
Schnell schilderte Maura die Situation: „Jemand hat die Kleidung des Toten aus dem Beweismittelschrank gestohlen!"
Jane sah sie einen Moment lang ungläubig an, dann wandte sie sich an Rondo, der ebenfalls sehr vielsagend dreinschaute.
„Haben wir etwas verpasst?", fragte Piers irritiert, „Oder wieso schaut ihr uns so an?"
„Und wie ihr was verpasst habt", sagte Jane und sah auf einmal erstaunlich fröhlich aus.
Schnell fasste sie für ihre zwei Kollegen zusammen, was Rondo ihr erst kurz zuvor erzählt hatte. Danach machten sie sich auf ins Büro – nicht ohne Janes Informanten für seine Dienste zu entlohnen – und teilten den anderen Ermittlern mit, wonach sie nun suchten: Der vierte Mitarbeiter vom Seuchenschutz war nicht in seiner Arbeitskleidung heraus gekommen; das hieß, er musste in Zivil das Gebäude verlassen haben und war auch nicht mit seinen Kollegen mitgefahren. Er hatte auf jeden Fall Zugang zum Labor, dem Autopsieraum und auch der Asservatenkammer und den Schränken gehabt, also hätte er mit Leichtigkeit etwas entwenden können. Entweder hatte er auch die anderen drei ausgetrickst oder sie steckten alle unter einer Decke.
Das schien bei der aktuellen Sachlage jedoch unwahrscheinlich. Was hingegen allerdings gewiss zu sein schien war, dass irgendetwas auf der gestohlenen Kleidung ihnen den Weg zur Ursache dieser ganzen Geschichte weisen würde.
Und jetzt hatten sie endlich wieder einen vernünftigen Ansatz!
Sie brauchten den Namen und Wohnort desjenigen, der ihnen den Beweis gestohlen hatte und dafür riefen sich beim Seuchenschutz an, fragten nach den Namen der Angestellten, ließen sich Telefonnummern und Adressen geben und dann alles durch ihre Datenbanken und Programme laufen. Schnell fand man die vier, die bei ihnen gewesen waren. Jetzt galt es nur noch herauszufinden, wer von ihnen nicht mit den anderen zurückgefahren war.
Dazu mussten sie theoretisch nur einen Anrufen, der ihnen das verraten konnte, allerdings wäre es ja langweilig, wenn alles auf Anhieb klappen würde, weshalb es dazu kam, dass kein einziger der vier Arbeiter ans Telefon ging – obwohl es zuvor geheißen hatte, dass keiner von ihnen auf der Arbeit war.
Was genau das zu bedeuten hatte wussten die Ermittler auch nicht, aber jetzt würden sie sich die Mühe machen müssen, jedem einen Besuch abzustatten. Es gab ja auch genug unverdächtige Gründe nicht an ein Telefon zu gehen. Obwohl es ja schon ziemlich auffällig war...
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"Ich will ja nichts sagen, aber eure Leiche ist abgehauen."
FanfictionPiers Nivans, ein Agent der BSAA, wird zum Bostoner Police Departement geschickt um "im Notfall" eingreifen zu können. Dieser Notfall ereignet sich schneller als gedacht und schon läuft der erste Zombie durch Boston! Die Suche nach dem Schuldigen be...