In dem Moment kommt auch der Junge von vorhin heran gelatscht. Neben Ash bleibt er stehen und guckt mich an. Als er den weißen Hasen entdeckt runzelt er die Stirn. „Wieso ist dort ein Hase?" Er zeigt auf das kleine Häschen und guckt meinen Betreuer fragend an.
„Die Löwin soll ihn fressen. Frischfleisch verstehst du?", sagt Ash leise und guckt mich immer noch an. Der Junge nickt nur. Dann guckt er auf den Boden, wo vorhin noch das Fleisch lag. „Sie hat ihr Fleisch gefressen.", stellt er fest. Blitzmerker. Ash nickt. „Sie mag es nicht wenn andere zu gucken.", meint er leise, so als habe er Angst etwas falsches gesagt zu haben. „Und wieso entfernt ihr dann diese Fütterungszeit nicht vom Programm?", fragt der Junge sichtlich aufgeregt. „Ich treffe hier nicht die Entscheidungen. Ich sehe es schon als Ehre dem schwarzen Löwen zugeteilt zu werden.", sagt Ash. Seine Stimme wird zunehmend lauter. Sie streiten noch weiter, doch ich höre nicht mehr zu, starre stattdessen den Hasen an, der inzwischen auf die Felsen neben mir geflüchtet ist. Sehr gewagt von dem kleinen Hasilein. Hat wohl keine Angst, dass ich ihn fresse.Irgendwann, schon spät in der Nacht, ist es endlich still. Niemand, der vor meinem Käfig steht und jemanden anschreit, niemand der Krawall macht. Sogar der Hase hat sich schlafen gelegt. Im Zoo ist es ruhig. Nur ich turne hier herum und muss meine Kraft irgendwo rauslassen. Ich bin hellwach und kann einfach nicht schlafen. Wie gerne hätte ich ein Mitbewohnerin. Damit ich nicht alleine hier bin. Zurzeit bin ich der einzige Löwe im Zoo. Es gibt keinen zweiten. Wieso auch immer. Ich sehne mich nach der Gesellschaft eines anderen Löwen. Doch ich bin hier allein. Jetzt ist zwar ein Hase hier, den ich aber irgendwann noch essen werde. Ich kann meine Jagdinstinkte nicht für immer verbergen. Irgendwann kommen sie an die Oberfläche und ich werde mich ausgehungert auf den Hasen stürzen.
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Hinter Gittern
FantasyIrgendwo zwischen Menschenmassen und Gelächter sitze ich und beobachte sie. Sie alle. Unter anderem auch die Schuldigen. Die, die daran Schuld sind, dass ich hier eingesperrt bin.