Schweigend sitzen wir im Auto. Mein Kopf lehnt an der Fensterscheibe und mein Atem hinterlässt feuchte Spuren. Das Radio läuft um die bedrückende Stille zu übertönen. Was ist wenn meine Eltern mich nicht wiedererkennen? Wenn sie mich nicht mehr aufnehmen? Immerhin war ich zehn Jahre alt, als sie mich das letzte Mal sahen. Jetzt sehe ich total anders aus. Mein Benehmen hat sich verändert. So viele Jahre als Löwe. Wann habe ich Geburtstag? Wie lange war ich verschwunden?Ich habe einen Bruder. Der Gedanke fährt viel zu schnell durch mein verwirrtes Gehirn. Ist er nicht auch schon erwachsen? Verdammt, wie heißt er bloß?
Als der Wagen hält, steige ich aus und schließe die Tür leise hinter mir. Hände zu haben hat schon gewisse Vorteile. Er braust davon. Ich stehe vor einem kleinen Familienhaus. Ich erkenne es nicht. Ich habe wohl mehr vergessen, als es mir bewusst ist. Zögernd gehe ich über den Rasen auf die Haustür zu. Das Gras unter meinen Füßen ist mir vertraut. Wie soll ich je wieder Schuhe tragen ohne mich unwohl zufühlen? Im Haus ist es dunkel. Soll ich klingeln? Mitten in der Nacht? Ich tue es. Wenn keiner öffnet warte ich einfach. Das habe ich über die Jahre gelernt. Die Tür geht auf. Ein braunhaariger,etwas älterer Mann steht im Türrahmen. Mein Vater. „Wer bist denn du?", fragend runzelt er seine Stirn. Die Wörter bleiben mir im Hals stecken. So lange habe ich nicht mehr geredet. Verwirrt tritt ereinen Schritt zurück. „Luke, komm bitte mal runter!", schreit er ziemlich laut in Richtung Treppe. Das es mitten in der Nacht ist,scheint ihm egal zu sein. Verschlafen tapst der Junge aus dem Zoo die Treppe hinunter. Ich erstarre. „Was ist denn? Es ist verdammt nochmal mitten in der..." Sein Blick fällt auf mich. „Oh."Unser Vater guckt zwischen uns hin und her. „Kennst du die? Ist das eine von deinen Mädels?" Mit einem Finger zeigt er auf mich. Mein Bruder schüttelt den Kopf. Enttäuscht blicke ich auf den Boden. Mir steigen Tränen in die Augen. Sie erkennen mich wirklich nicht mehr.
Ich will mich schon zum Gehen wenden, als ich eine weibliche Stimme höre.„Heute wäre Layla 17 Jahre alt geworden." Langsam drehe ich mich um. Es ist meine Mutter. Sie hat noch immer das engelhafte Aussehen von vor vielen Jahren. Tränen laufen ihr die Wangen hinunter. Ich möchte nicht, dass sie wegen mir weint. Sie ist meine letzte Hoffnung. Wenn sie mich nicht erkennt, dann...
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Hinter Gittern
FantasyIrgendwo zwischen Menschenmassen und Gelächter sitze ich und beobachte sie. Sie alle. Unter anderem auch die Schuldigen. Die, die daran Schuld sind, dass ich hier eingesperrt bin.