Kapitel 4 - Wahrheiten (Part II)

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Hinter ihm stand das halbe Dorf, welches wohl durch Dagurs Gebrüll angelockt wurde. Rotzbakke und die Zwillinge starrten Hicks erschrocken an, während Fischbein zitterte. Astrid, die inzwischen anscheinend auch aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht war und aus Grobians und Gothis Fängen entwischt war, hatte ihre Hände fassungslos vor ihren Mund gehalten und ließ diese jetzt langsam sinken, während sie auf Hicks zuging.
,,Stimmt es? Ist sie...tot?",flüsterte sie. Hicks nickte und im Hintergrund schluchzte Fischbein auf, während Astrid den Kopf schüttelte.
,,Nein",hauchte sie fassungslos.
,,Es tut mir so leid Astrid",flüsterte Hicks. ,,Ich weiß sie war deine beste Freundin"
Astrid vergrub ihr Gesicht an Hicks Brust. Sie weinte nicht, dafür war sie zu kriegerisch und stark erzogen wurden, doch Hicks merkte, wie sehr sie die Tränen in diesem Moment zurückhalten musste.
Der braunhaarige Wikinger hob den Kopf und schaute zu Fischbein, dessen Augen bereits rot und verquollen waren.
'Es tut mir leid',formte er mit den Mund, während Fischbein nur nicken konnte, als Zeichen, dass er verstanden hatte.
Astrid löste sich von Hicks und wischte sich einmal schnell über das Gesicht.
,,Es tut mir so leid Astrid",sagte Hicks nochmal. ,,Ich denk immer die ganze Zeit, ich tu das Richtige, dabei stolper ich von einer Katastrophe in die nächste. Hätte ich mich damals nicht mit Viggo angelegt, hätte niemand sterben müssen"
,,Hicks die Grimmborn Brüder sind das Problem, nicht deine Handlungen",antwortete Astrid mit einer mehr gefassten Stimme.
,,Aber wenn ich schlauer gewesen wäre..."Hicks seufzte und flüsterte: ,,Ich weiß nicht was sich Odin damals gedacht hat, mich auszuwählen. Die Wahrheit ist, ich bin Viggo nicht ebenbürtig, im Gegenteil, ich bin ihm hoffnungslos unterlegen"
Verzweifelt bedeckte Hicks sein Gesicht für einen Moment mit seinen Händen. Er wünschte er könnte Heidruns leblosen Gesichtsausdruck vergessen.
,,Sie ist fort. Und es ist meine Schuld..."
,,Hicks du weißt genau, dass-"
,,NEIN!",rief er plötzlich laut. Doch fast sofort fielen seine Schultern wieder in sich zusammen und er drehte sich gequält weg.
,,Ich...i-ich brauch etwas Zeit für mich allein",flüsterte er und ging davon.
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,,Ach verdammt",fluchte der junge Wikinger und schlug deprimiert einen Zweig aus dem Weg. Er wollte Astrid nicht so anfahren, doch die Schuldgefühle fraßen ihn innerlich auf.
Er wusste, er war nicht direkt für Heidruns Tod verantwortlich, aber sicherlich indirekt. Denn er hätte ihn verhindern können. Er hätte nur schlauer sein müssen.
Entmutigt kickte er einen Stein ins nächstbeste Gebüsch. Er wusste echt nicht, was er noch machen sollte. Das erste mal in seinem Leben hatte er nicht den leisesten Ansatz, was er noch machen könnte. Sein Kopf war komplett leergefegt. Vielleicht hatte er auch einfach keine Kraft mehr weiter gegen Viggo zu bestehen. Aber er wusste, dass er eigentlich keine andere Wahl hatte, denn er konnte sich dieser Krise nicht entziehen. Nicht mehr. Und er spürte auch selbst, tief in seinem Herzen, dass er Vergeltung und Rache an Viggo wollte. Rache an allem was bisher wegen ihm geschehen war.
Der junge Mann wusste, dass er wahrscheinlich erst mit diesem Kapitel abschließen konnte, wenn Viggo tot war. Oder er. Auch wenn er hoffte, dass es nicht dazu kommen würde.
Hicks hatte sich noch nie so alt gefühlt. Heidrun war jedem Drachenreiter sehr wichtig gewesen. Sie war in den vielen Jahren eine gute Freundin geworden.
Inzwischen war Hicks an einem steilen Abhang angekommen. Während Vögel in den Bäumen hinter ihm fröhlich zwitscherten, blickte er hinab. Das dunkle Wasser schwappte gegen raue Felsen und der Fluss unter ihm schlängelte sich in Richtung Berk. Es sah trist aus, aber es passte zu seiner Stimmung.
Erst jetzt war Hicks aufgefallen wie weit er schon gegangen war. Die Sonne hatte ihren hösten Stand bereits hinter sich und begann langsam wieder zu sinken.
Vielleicht sollten sie alle einfach auf die Drachenbasis zurückkehren... Schließlich war das ihr Zuhause, auch wenn Berk immer für sie da sein würde. Denn Hicks spürte, wie es ihn von diesem Ort wegzog.
Er brauchte Ruhe und die würde er in Berk nicht bekommen, das wusste er. Außerdem könnte er auch hier nicht mehr innere Gelassenheit finden, nicht nach den gestrigen Ereignissen.
Bevor der junge Mann jedoch noch einen weiteren Gedanken fassen konnte, bekam er plötzlich einen harten überraschenden Schlag auf den Kopf.
Sofort sah er Sternchen und kippte nach vorne, seine Pupillen drehten sich in seinen Schädel und verschwommen nahm er noch wahr, wie eine starke Hand seinen Arm umfasste, bevor er den Abhang herunterstürtzen konnte.
Er wurde zurückgezogen und stolperte, doch bevor sein noch schwacher Körper auf dem Boden aufschlug, verabschiedete sich sein Bewusstsein endgültig.

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