Noch ehe ich weiter überlegen konnte, verließen wir die Schule. Ein großer dunkler Zug mit nur einem Wagon wartete auf uns. Er hatte ebenfalls ein Schild an der Seite. Er war rot-golden und strahlte uns an. Dahinter gab es noch mehr Züge, die alle ein anderes Symbol trugen. Wir wurden also nicht nur in einzelne Gruppe eingeteilt, wir wurden anscheinend auch an verschiedene Orte gebracht.
Das alles unterschied sich drastisch von dem Bild, dass ich von der Prüfung hatte. Bisher hatte ich geglaubt, dass wir in der Schule blieben. Vielleicht würde man uns nacheinander in ein Klassenzimmer zur Befragung bitten. Aber nicht das hier. Das hier war eine ganz andere Nummer.
Ich fragte mich, was wohl all das zu bedeuten hatte. Vor allem interessierte mich, warum mir nie jemand gesagt hatte, dass das alles so ablaufen würde.
Aber ich war ins kalte Wasser gestoßen worden, jetzt musste ich damit umgehen. Mit einem Schulterzucken ging ich zu den anderen. Ich hatte als letzte meiner Gruppe die Schule verlassen und kam neben Corab zum Stehen.
Er stupste mich mit den Ellenbogen in die Seite. „Wusstest du, dass wir sogar unseren eigenen Zug bekommen?"
Seine Augen leuchteten. Eine leichte Röte hatte sich auf seinen Wangen gebildet. Er stand auf den Zehenspitzen da und drehte seinen Kopf mal in die eine Richtung und wieder in die andere. Er sprühte förmlich vor Energie. Aufregung ließ ihn nicht still stehen.
„Nein, ich hatte keine Ahnung." Die hätte ich aber gerne gehabt. Stattdessen sah ich mich weiter in unserer Gruppe um. Keiner der anderen schien Corab und mich zu beachten. Aber ich erkannte einige von ihnen. Zum Großteil waren es grimmige Einzelgänger gewesen, die sich in den Pausen in irgendeiner Ecke verkrochen hatten. Solche Leute die keinen Kontakt wollte und jeden negativ begegnet waren, der sich ihnen auch nur genähert hatte. Was Corab und ich zwischen ihnen zu suchen hatten, konnte ich mir nicht einmal ausmalen.
Unsere Gruppenleiterin drehte sich herum, damit sie uns alle im Blick hatte. „Wir sind die Ersten und besteigen jetzt diesen Zug. Wenn wir im Prüfungszentrum angekommen sind, dann findet umgehend der erste Test statt. Ihr durchlauft mehrere Runden, damit wir uns sicher sein können in wo wir euch einsortieren müssen."
Ich konnte nicht anders, als meine Hand zu heben. Die Leiterin sah mich grimmig an, aber nickte. „Was hat es mit den Gruppen, den Zügen und diesen Symbolen auf sich. Uns wurde gesagt, dass wir mithilfe der Prüfung eingeordnet werden. Aber hier scheint schon eine Vorauswahl getroffen worden zu sein."
Die Gruppenleiterin bahnte sich ihren Weg zu mir. Einige Zentimeter vor mir blieb sie stehen und sah zu mir hinunter. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt. In ihrem Gesicht rührte sich kein Muskel. Ich beschloss, ihrem Blick einfach standzuhalten. Also blickten wir uns einen Augenblick in die Augen. Es war nicht einfach, doch ich schaffte es ohne mich abzuwenden.
„Es gibt Berufsgruppe, die schätzen Neugier. Die wollen sie sogar. Ich nicht. Neugier kann unschöne Ereignisse nach sich ziehen. Das Auswahlsystem der Prüfung ist vom Staat festgelegt und als geheim einzustufen. Vielleicht solltest du an deinem Mundwerk arbeiten."
Sie hob ihre rechte Hand und stieß mich gegen die Schulter. Ich taumelte einen Schritt zurück. Die Nachricht war angekommen. Mit Fragen herumwerfen, war also keine gute Idee. Ich hielt ab sofort meinen Mund und stieg mit den anderen in den Zug.
Dazu erklomm ich als Vorletzte die drei Stufen zu der Tür. Der Korridor war zuerst dunkel, aber die Augen gewöhnten sich schnell an das etwas gedimmte Licht.
Das Abteil sah gemütlich aus. Anstatt der Reihen aus Holz, die es in der normalen Stadtbahn gab, waren die Sitzbänke gepolstert. Sie erinnerten mich eher an Sofas, als an alles andere.

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Ins Licht
ActionFaye ist 19 Jahre alt. Sie sieht sich einem Umbruch in ihrem Leben gegenüber. Die Prüfung steht bevor und sie wird in ihre Berufsgruppe einsortiert. Doch was ihr neues Leben ihr bereit hält, hätte sie niemals gedacht. Aber was wird aus ihrer Familie...