Kapitel 8 Gänseblümchen

17 1 2
                                    

Noch bevor unsere Gruppenleiterin noch ein einziges Wort verloren hatte, betrat ein weiterer Mann die Halle. Er war deutlich jünger als Xander. Mit ebenso breiten Schultern wie Brutus kam er auf uns zu. Langsam ging er unserer Reihe ab und nahm jeden Einzelnen ins Visier. Wir wurden von oben bis unten gemustert. Wenn mich nicht alles täuschte, mischte sich Belustigung in seine grünen Augen, als er kurz vor mir stehen blieb.

Das Grübchen in seinem Kinn stellte sich bei näherer Betrachtung, als Narbe heraus. Sie zog sich dick und breit bis fast hoch zur Unterlippe. In der Mitte war sie unregelmäßig und schien hell, wie ein Lichtblitz durch die dunklen Bartstoppeln.

Er ging unsere Reihe weiter ab. Alles was da war, war der Duft nach Sandelholz und etwas anderem, das ich nicht einordnen konnte. Es schien nichts aus der Stadt zu sein. Was bei der Patrouille auch kein Wunder war.

Corab stupste mir in die Seite. „Ich glaube, du hast Erwartungen geweckt."

Ich drehte meinen Kopf zu ihm. „Ja, sicher habe ich das. Er erwartet Kanonenfutter. Kleines Kanonenfutter. Da komme ich gerade gelegen."

Corab grinste mich breit an und machte seinen Mund auf. Doch er kam nicht dazu etwas zu sagen. Der fremde Mann erhob seine Stimme, die mich an die Nacht erinnerte. Sie war dunkel und wirkte irgendwie dicht. So als könnte nichts sie durchdringen oder aufhalten. „Mein Name ist Damian. Ihr seit für heute an eurer letzten Station angekommen. Dies ist der letzte Prüfungsteil für die Patrouille. Ihr lauft einen Parkour." Mit seiner kräftigen Hand zeigte er die Laufrichtung an. Eine kleine Geste machte uns klar, dass von uns auch erwartet wurde, dass wir die Kletterwände nutzen sollten. „Wenn ihr das geschafft habt, dürft ihr ein letztes Mal in euer derzeitiges zu Hause, um euch zu verabschieden. Morgen früh um Punkt 6 seit ihr wieder hier in der Halle, wo wir euch eure Gruppe bekanntgeben. Enttäuscht mich nicht, in dem auch nur einer von euch in die Verbrennungsanlage geschickt werden muss."

Damian schnaubte durch die Nase und erklärte uns, dass er den Parkour einmal ablaufen würde. Er wollte sicher gehen, dass auch der letzte den Weg verstanden hatte. Doch bevor er anfangen konnte, hob das andere Mädchen die Hand. Ihr Haare gingen ihr bis zum Po. Mickey verbrachte die meiste Zeit damit, sie anzusehen, als hätte sie ihr in den Tee gespuckt.

Damian sah sie mit erhobener Augenbraue an. „Was ist?"

„Was ist, wenn wir morgen nicht wiederkommen?", fragte sie mit einer glockenhellen Stimme so kleinlaut, dass man sie schwer verstand. Ihre wasserblauen Augen sahen mit einem traurigen Glanz auf den Boden.

„Dann komme ich persönlich bei dir zu Hause vorbei und werfe deinen Hintern zu den Verbrennungsöfen. Haben wir uns verstanden?"

Sie nickte schnell. Ihr tiefbraunes Haar flog wild um ihren Kopf, als hätte sie Zuckungen. Die Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Die Haut wirkte eher wie Marmor, als wie etwas, durch das Blut lief.

Ich zuckte bei der Härte seiner Worte zusammen. Wenn man zu dem Job nicht erschien, der einem zugeteilt wurde, landete man unten. Das war einfach so. Trotzdem hätte er sie nicht so anschreien müssen. Noch bevor ich es realisierte, kam ein einzelner Laut aus meiner Nase. Ein kurzes Prusten, das ich nicht beabsichtigte.

Damien schoss zu mir herum. Seine Augen blitzten mich streng an. „Hast du ein Problem?"

Sofort war mir klar, dass dieser Mann einen Ausgleich brauchte. Vielleicht sollte ihm jemand zeigen, wie man spazieren ging oder Schach spielte. Irgendwas, bei dem er nicht so aggressiv gucken musste. „Vielleicht wäre ein etwas freundlicherer Ton angebracht?", versuchte ich mein Glück.

Damian kam auf mich zu. Er blieb in einem respektablen Abstand stehen und verschränkte die Hände auf dem Rücken. „Vielleicht. Oder soll ich ihr einen Kuchen backen. Ich könnte auch einen Kranz aus Gänseblümchen binden und ihr schenken. Dann würde sie sich schön wohlfühlen. Wenn sie danach da raus geht, wird ihr einer der Clans ganz sicher auch freundlich das Herz aus der Brust reißen." Jedes seiner Worte war ein gezischtes Flüstern."Alle mal herhören. Hier wird keiner euch den Hintern pudern. Es würde euch auch nichts bringen. Jedes bisschen Weichheit, das wir euch zu Teil werden lassen, könnte euch draußen umbringen. Wenn das jetzt alle in ihren Quadratschädel bekommen haben, können wir endlich anfangen." Er wendete sein kantiges Gesicht von mir ab und wandte sich dem Parkour zu.

Ins LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt