Kapitel 1

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Ich stieg gerade auf mein Ross, Thorny, auf, als meine Mutter mich beinahe vom Sattel riss und mich besorgt ansah.

"Versprich mir, dass du ein Telegramm sendest, sobald du in Sirenius bist."

Ich nickte, beugte mich um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben und gab ihr ein versicherndes Lächeln. Ich bemerkte, wie ihre Augen leicht glitzerten.

"Ich verspreche, dass ich euch kontaktiere. Worum machst du dir Sorgen? Wir werden schon aufpassen", meinte ich und legte meine Hand beruhigend auf ihre Schulter.

"Derek, du bist unser einziger Sohn. Natürlich mache mir Sorgen um dich", sagte meine Mutter etwas leiser und sah auf den Boden.

"Meine Hoheit, es wird dämmern, wenn wir nicht bald aufbrechen. Wir versprechen, dass wir Ihren Sohn heil zurückbringen werden", sagte Ronnie, einer meiner besten Ritter, der auf seinem braunen Pferd saß.

Meine Mutter lächelte, als hätte Gott ihr versichert, dass ich unbeschädigt wiederkommen würde. Sie mochte Ronnie am meisten von allen Rittern am Hof. Am meisten, denke ich jedoch, mochte sie, dass er eine Frau hatte und sie ein Baby planten. Mutter hatte ihnen einige Zimmer im Palast angeboten und Ronnie bekam mehr Lohn als alle anderen.
Ich mochte ihn auch, aber manchmal konnte ich das Gefühl nicht loswerden, dass meine Mutter ihn bevorzugte.

"Oh, na dann", sagte sie kichernd und streichelte Ronnies Pferd. Ich schien sie überhaupt nicht mehr zu interessieren, aber das war okay. Ich kümmerte mich nicht darum, ihr 'Auf Wiedersehen' zu sagen, sondern ritt langsam durch all die anderen Männern, sodass ich quasi am Anfang der Formation stand.

Es wurde still und ich spürte, wie die Blicke der Ritter sich in meinen Rücken bohrte. Ich klopfte Thorny auf die Schulter, drückte meinen Rücken durch und starrte geradeaus.

Endlich weg von hier, auch wenn es nicht für immer war. Ich nickte zu mir selbst und rief: "Hüa!"

Thorny gehorchte wie immer und galoppierte in die Richtung, in die ich eben noch starrte. Ich konnte mir perfekt vorstellen, wie meine Mutter hinter uns mit einem Taschentuch umherwedelte. Sie war einfach so eine Person, die etwas zu schnell zu sentimental wurde.

Neben mir konnte ich niemanden sehen, aber ich wusste, dass hinter mir eine kleine Ritter-Armee war.

Lange blieb es jedoch nicht so, denn Oliver ritt plötzlich neben mir und sah mich an. Okay, irgendwie starrte er mich an, also starrte ich zurück. Es war irgendwie komisch, Oliver so zu sehen. Er hatte rabenschwarze Haare und sein Pferd war ebenfalls schwarz.

"Was ist?", fragte ich, wohl etwas schnippisch, als er einfach nichts sagte.

"Oh, tut mir leid. Ich habe gehört, dass in Reversor bald ein großes Unwetter aufkommen soll. Wir sollten uns beeilen", sagte er mit seinem britischen Akzent. Oliver kam ursprünglich aus Großbritannien, obwohl ich nie gefragt hatte, wieso er hier war.

"Hm", sagte ich und dachte darüber nach. Wir mussten Reversor auf dem Weg nach Sirenius durchqueren, es war ein ziemlich kleines Königreich, aber es hatte keine guten Wege und man braucht wesentlich länger, als man denkt.

Allerdings war es mein Ziel gewesen heute noch in Sirenius zu sein und ich hatte keine Lust auf eine Nacht in Reversor.

"Dann beeilen wir uns eben", sagte ich und grinste leicht. Dieses Freiheitsgefühl, welches sich gerade erst aufbaute, ließ mich ziemlich unbeschwert fühlen.

Oliver sah mich verwirrt an und daraufhin zwinkerte ich nur und ritt mit Thorny schneller.

.-._.-._.-._.-

"Derek!"

Ich hörte wieder einmal die britische Stimme von Oliver hinter mir. Dieses Mal kam sie von hinten, da es in den dichten Wäldern von Reversor kaum möglich war nebeneinander zu reiten.

"Was gibt's, Oli?", fragte ich nach hinten und schob meinen Arm nach vorn, um damit Spinnennetze vor meinem Gesicht zu entfernen.

"Dort vorne sieht es schon ziemlich dunkel aus. Ich finde, wir sollten wirklich eine Weile hier bleiben und sehen, wenn der Sturm vorüber ist", meinte er.

Ich seufzte leise und drehte mich nach hinten, für einen Moment nicht beachtend, dass mir Spinnen auf dem Kopf rumkrabbeln könnten.

"Oliver, wir können uns um eine frühere Pause kümmern, wenn es regnet und blitzt und donnert. Aber nicht, wenn dort hinten noch die Sonne scheint", erwiderte ich und drehte mich dann wieder nach vorne, gerade rechtzeitig um Thorny von einem Baum wegzulenken.

Ich hörte Oliver hinter mir seufzen, aber das war mir egal. Ich konzentrierte mich auf das Zwitschern der Vögel und nicht auf den dunklen Himmel vor uns.

.-._.-._.-._.-

"Ier st ne Berge!"

Ich sah zu meiner Seite und hielt mein Arm schützend vor mein Gesicht. Es hagelte und gewitterte schrecklich. Gerade als Oliver irgendetwas sagte, donnerte es und ich konnte ihn nicht wirklich verstehen.

"Was?", schrie ich zu dem Schwarzhaarigen. Der Hagel prasselte auf den Pflasterstein und machte die eigene Stimme kaum hörbar.

"HIER IST EINE HERBERGE!", schrie Oliver mit voller Kraft und sogar sein Pferd zuckte zusammen.

Ich sah zu dem Haus, auf das Oliver zeigte. Meine Augen weiteten sich und ich schüttelte schnell den Kopf. Nein, niemals würde ich dort drin schlafen, keine einzige Nacht.

"Was? Wir müssen irgendwo bleiben!", rief der Ritter, diesmal nicht so laut.

"Nein! Einfach nein! Ich will ja nicht so sein, aber ich werde nicht in dies-"

Plötzlich erstrahlte die Umgebung links von mir und es ertönte ein schrecklich lauter Knall. Ich hörte Pferde wiehern und Männer schreien. Beinahe fiel ich von Thorny runter, als er plötzlich wie vom Blitz getroffen losgaloppierte. Aber nicht Thorny wurde getroffen, sondern ein Baum neben uns, der mittlerweile in Flammen aufgegangen war.

Ich umklammerte Thorny's Hals und schloss die Augen. Wieso hab ich nicht auf Oliver gehört? Ich wusste doch, dass er ein vernünftiger Kerl war.

Es donnerte noch immer und der Hagel prasselte auf meine Haut. Hoffentlich tat es Thorny nicht auch so weh, aber das Pferd schien mit ganz anderen Gedanken beschäftigt zu sein. Er rannte durch das kleine Dorf, in dem wir waren und das in vollem Tempo.

Wo wir hingingen war mir egal, ich wollte das ganze nur überleben.

Es donnerte wieder und in dem Moment hielt ich mich nicht an Thorny fest. Das Pferd bäumte sich auf und ich flog in einem großen Bogen auf den Boden.
Ich spürte nur noch einen stechenden Schmerz in meinem ganzen Körper und dann wurde mir schwarz vor Augen. 

King For A Day [STEREK]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt