Kapitel 12

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Die ersten zehn Minuten ritten wir in Stille, dann begann Kellin mit Gerard zu plaudern und alle redeten durcheinander. 
Nur Stiles war komplett ruhig und wog Wendolin hin und her. 

"Und du hast wirklich eine gute Erklärung parat?", fragte Gracie hinter mir. 

Ich seufzte leise. "Ich hoffe, dass sie gut genug ist. Es tut mir wirklich leid", sagte ich und mein Blick war auf Stiles fixiert.

"Ich weiß", meinte Gracie. 

"Wieso bist du nicht sauer?", fragte ich. Sie hatte ebenso einen sehr guten Grund auf mich sauer zu sein. Dennoch schien sie überhaupt nicht verärgert oder so. 

"Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich glaube dir, dass du eine gute Erklärung hast. Außerdem wollte ich sowieso schon lange nach Beaconia. Ich habe immer die Hoffnung, in einem anderen Königreich Tony zu treffen...", erzählte sie. 

"Oh, stimmt, Tony", sagte ich und dachte daran, dass er ja mein Ritter war. Oh, wie Gracie sich freuen würde. Aber ich wollte es ihr jetzt noch nicht erzählen. 

"Ich glaube, dass Stiles dir verzeihen wird", sagte sie und lehnte sich an mich. Ich machte kurz 'Hm' und konzentrierte mich dann wieder auf das Reiten. 

Kurze Zeit später fiel mir eine Frage ein, die mich schon länger beschäftigte. 

"Sag mal, Gracie, woher wusstest du, dass du in Tony verliebt bist?", fragte ich und probierte nicht allzu interessiert zu klingen. 

Gracie kicherte. "Lustig", sagte sie nur kurz. Was?

"Was?", fragte ich verwirrt. 

"Genau dasselbe hat Stiles mich gestern auch gefragt", sagte sie. 

"Was?! Wirklich?", fragte ich überrascht. Hieß das...?

"Ja. Und Kellin damals auch. Ich weiß nicht, warum ihr Jungs das nicht einfach selbst rausfindet", sagte sie und kicherte noch immer. Ich wurde rot, was sie zum Glück nicht sehen konnte.

"Also?", hakte ich nach. 

"Na ja... Es waren mehrere Dinge. Ich fand ihn einfach faszinierend. Egal was er getan hat, ich fand es toll. Ich fand ihn wunderschön, egal wie er aussah. Einmal hatte er eine schlimme Grippe und hat den ganzen Tag gebrochen und trotzdem fand ich ihn total süß. Und wenn wir uns geküsst haben, war alles okay. Dann war es egal, dass wir kein Geld hatten und dass ich erst nicht schwanger geworden bin. Alles war okay, wenn wir uns geküsst haben. Egal was ich mit ihm gemacht habe, ich war glücklich. Eines Nachts lag ich neben ihm und ich habe mir überlegt, ob ich mir mit ihm eine Zukunft vorstellen konnte. Und ich konnte es. Ich sah Wendolin und oh Mann, verliebt zu sein ist etwas tolles", erklärte sie und ich hörte, wie sie beim erzählen lächelte.

Ich dachte nach. Alles traf zu. Ich fand Stiles faszinierend und wunderschön, egal wie er aussah. Ich liebte es, ihn zu küssen und immer wenn ich bei ihm war, war ich glücklich. Aber konnte ich mir eine Zukunft mit ihm vorstellen? Oh, ja! 
Ich sah uns beide an dem großen See bei unserem Schloss, Hand in Hand auf der großen, weißen Hollywoodschaukel. Ich sah, wie wir uns küssten und so ein süßes Pärchen waren wie Kellin und Vic. Wenn da nicht meine Eltern wären...

"Und? Siehst du ihn in deiner Zukunft?", fragte Gracie nach einer Weile. 

"Ja, aber meine Eltern-" Gracie unterbrach mich.

"Derek, deine Eltern haben damit wirklich nichts zu tun. Wenn du ihn liebst, dann spielen deine Eltern keine Rolle und wenn sie dich lieben dann erst recht nicht. Sie werden glücklich sein, wenn du glücklich bist. Ich als Mutter kann sagen, dass ich selbst glücklich für Wendolin sein würde, wenn sie einen Baum heiraten würde. Ich meine, es wäre etwas verrückt, aber solange sie glücklich ist", meinte sie. 

Ich nickte, was sie nicht sehen konnte. Sie hatte recht; meine Eltern sollten kein Problem sein. 

"Und als Stiles' beste Freundin und Irgendwo-Mutter gebe ich dir meinen Segen", sagte sie neckend, woraufhin ich grinste. Es war als ein Scherz gemeint, aber in Wahrheit gab es mir wirklich viel Mut. Gracie war eine tolle Frau. 

In Reversor machten wir eine kleine Pause und Vic und Kellin tauschten ihre Plätze, dann ging es weiter. 

Wir ritten gerade auf einer großen Straße, als von hinten jemand laut rief: "Hey! HEY!"

Ich drehte mich um und etwas weiter hinten kam der schwarzhaarige Oliver auf seinem schwarzhaarigen Ross angeritten.

"Oli!", rief ich grinsend. Es sah immer noch zu lustig aus, die beiden Schwarzhaarigen zu sehen. 

Wir ritten alle etwas langsamer, sodass Oliver schnell aufholen konnte. 

"Wo warst du Derek? Frank? Gerard? Hat Malia euch geschickt? Jaime, du bist ja auch hier! Und wer ist das alles?", fragte er in seinem britischen Akzent und sah sich außer Atem um. 

"Ich war bei ihnen, ist eine lange Geschichte. Das sind Kellin, Vic, Gracie, Wendolin und... Stiles", erklärte ich kurz und zeigte auf die jeweiligen Personen. 

"Oh ok, hi", sagte Oli nur kurz. 

"Sag mal, Frank! Was ist mit den anderen Rittern? Ronnie, Alex und so?", wollte ich wissen. ich sollte mich wohl schlecht fühlen, dass ich noch gar nicht nachgefragt habe, aber meine Gedanken waren in letzter Zeit zu sehr mit einem bestimmten Jungen beschäftigt. 

"Alle schon am Hof. Sind alle nach einem oder zwei Tagen zurückgekommen, außer du. Und Oli", sagte er. Oliver grinste.

"Deine Mutter hat ganz schön geweint. Sie hat gesagt, sie war die ganze Nacht wach und hat auf dein Telegramm gewartet", meinte Gerard. 

"Ja, bestimmt", murmelte ich sarkastisch und wurde dafür von Gracie gehauen. 

"So spricht man nicht über seine Mutter", sagte sie scharf und ich nickte. 

"Bald sind wir zu Hause", sagte Oliver zufrieden, als wir an einem Beaconia-Schild vorbeikamen. 

"Mhm", machte ich leise und der Rest des Weges war nur begleitet von Vogelgezwitscher und den Hufe-Klappern.

Circa eine halbe Stunde später kamen wir an einem Schild vorbei, auf dem 'Zum Schloss' stand. Ich atmete tief ein und drückte meinen Rücken durch, genau wie an dem Tag, an dem wir losreisten. 

Ich versprach meinen Eltern mit einer Verlobten wiederzukommen und jetzt kam ich mit vier anderen Menschen wieder, von denen keiner meine Verlobte war. Na super. 

Wir ritten in den Hof, auf dem keine Menschenseele war, aber dafür war da etwas anderes. Und zwar sehr viel davon. 

Über allen Bäumen und Pflanzen hing weiße Dekoration und überhaupt, alles war in weiß. 

"Glückwunsch", sagte Jaime leise, ohne jeglichen Witz in der Stimme. 

King For A Day [STEREK]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt