1. Kapitel (8)

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Mit siebzehn durfte ich in Arizona nicht einmal ohne erwachsene Begleitung in einer Bar sein, geschweige denn Alkohol trinken. »Du etwa?«


»Ich bin achtzehn. Mein Bruder ist einundzwanzig.« Er nickte in Richtung des Pooltischs, wo der vierte Spieler gerade zu einem Stoß ansetzte. Seine Miene war so finster wie seine pechschwarzen Haare. Als ich mich abwandte, bemerkte ich Chase' erwartungsvollen Blick.

»Ich bin siebzehn«, gestand ich.

Er grinste. »Dachte ich mir. Und der Rotwein?«

Geheimnisvoll erwiderte ich: »Dafür habe ich meine Quelle.«

Jäher Lärm ließ uns die Köpfe wenden. Der vierte Poolspieler schmiss seinen Queue hin, rief zornig etwas in Richtung der anderen und stürmte mit seinem Bier auf uns zu. Belinda sah ihm fasziniert nach.

Chase hob grüßend seine Cola. »Missy, mein Bruder Dodge. Dodge, das ist Missy.« Er und Dodge ähnelten einander sehr, nur waren Chase' Züge ein wenig sanfter und weicher als die kantigen, harten Linien seines Bruders. »Hast du verloren?«, neckte er Dodge.

Dieser schnappte: »Guck dir die Schwachköpfe an! Kaum wackelt so ein Flittchen mit ihren ...«

Chase unterbrach ihn mit einem vorgetäuschten Hustenanfall und wies dabei verstohlen auf mich.

Dodge begriff schnell. »Freundin von dir?«, fragte er mich unwirsch.

»Ihre Quelle für angeblichen Rotwein«, erklärte Chase belustigt.

Mit neuem Interesse betrachtete sein Bruder erst mich, dann Belinda. »Keine von euch ist einundzwanzig.« Es klang nicht nach einer Frage. »Aber für reiche Leute gelten die Gesetze wohl nicht.«

»Für reiche Leute?«, stellte ich mich dumm.

Er nickte. »Das ist doch die Hillingsley-Tochter.«

Mein Atem stockte – erst nach einer Schrecksekunde begriff ich, dass er Belinda meinte!

»Die ›reichen Leute‹ stehen da drüben«, nahm mich Chase sofort in Schutz. »Missy hier hat ein Stipendium.«

Wieder musterte mich Dodge. Sein Blick blieb an meinem Designerkleid hängen und meine Wangen fühlten sich heiß an, weil ich ihm am Gesicht ablas, dass er denken musste, Belinda habe mir den Fummel für heute Abend geliehen.

Ich wollte ihm die Wahrheit sagen – doch etwas ergriff von mir Besitz. Ständig versuchte mich meine Freundin zu den Proben ihres Drama-Clubs zu zerren und redete mir zu, ich solle doch mal meinen Horizont erweitern und in eine andere Rolle schlüpfen.

Na gut. Sie hatte es so gewollt.

Ich holte tief Luft. »Faye war so nett mich für die Ferien einzuladen.«

»Faye heißt sie also?«, knurrte Dodge.

Kaum nickte ich, wandte er sich ab und stürmte zurück zum Pooltisch. Was hatte ich bloß getan? Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch sah ich ihm nach und tröstete mich mit dem Gedanken, dass mich Belinda hierhergeschleppt hatte. Also war es ihre Schuld.

Egal, was kam.

Dodge sagte etwas zu ihr. Nannte er sie »Faye«? Was, wenn ihn jemand hörte? Ich zog den Kopf ein. Sobald Mom und Dad von dem Barbesuch erfuhren, würden sie ausflippen!

Aber komischerweise machte mir dieser Gedanke weniger Angst als die Vorstellung, Chase könnte mitkriegen, dass ich ihn angelogen hatte. Dabei kannten wir uns erst seit ein paar Minuten.

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