6: Mission

482 31 2
                                    

"... ihr darf unter keinen Umständen auch nur ein Haar gekrümmt werden!" Ich zucke kurz zusammen als M ihre Rede beendet. Sie starrt mich an und ich kann ihre Abneigung gegen mich beinahe greifen. Ich habe ihr allerdings auch nicht richtig zugehört weil ich den Ablauf sowieso schon auswendig kenne.
"Das ist eure erste Mission. Schließt sie besser positiv ab."
Mit einem letzten warnenden Blick in meine Richtung dreht sie sich ab und starrt anscheinend grübelnd aus ihrem Fenster auf London. Der Regen prasselt gegen die Scheibe. Natürlich regnet es. Wir sind hier in England.
Ich interpretiere Ms Abwesenheit als Entlassung. Also mache ich auf dem Absatz kehrt und rausche an Liam vorbei zum Ausgang. Mein Geburtstag ist jetzt schon zwei Wochen her und ich habe Liam gewissermaßen ignoriert. Ihn scheint das nicht zu stören. Auf jeden Fall hat er kein einziges Mal versucht das Eis zu brechen und eigentlich sollte er das tun.
"Livia!", zischt er hinter mir und beschleunigt sein Tempo um mit mir Schritt zu halten. "Hm?", grummle ich und stolziere mit hoch erhobenem Kopf durch die Büros des MI6.
"Was ist los?"
Ich bleibe plötzlich stehen und funkle ihn an. Das meint er doch jetzt nicht ernst?!
"Na was wohl? Dreimal darfst du raten!", zische ich und gehe weiter.
Mal wieder holt er zu mir auf und flüstert:" Wegen des Kusses?"
"1000 Punkte für den Kandidaten!", grummle ich mit einem Seitenblick und drücke die Tür nach draußen auf. Dort wartet bereits ein schwarzer Van der uns zum Flughafen bringen soll. Liam hinter mir schweigt. Wer hätte das gedacht.
Mit Schwung reiße ich die hintere Tür des Autos auf und lasse mich hineinfallen. Er glaubt anscheinend dass ich auf den nächsten Sitz rutsche um ihm Platz zu machen. Auf jeden Fall macht er Anstalten sich auch durch die Tür zu zwengen. Da ich aber nicht so gut auf ihn zu sprechen bin und überhaupt keine Lust habe auch nur irgendwie höflich zu sein, knalle ich ihm die Tür vor der Nase zu. Liam sieht mich durch die Scheibe genervt an, umrundet den Wagen und lässt sich neben mich fallen während er die Tür hinter sich schließt. Immer noch wütend verschrenke ich die Arme vor der Brust und starre stur aus dem Fenster währenddessen der Fahrer losfährt. Zwischen uns herrscht eine angespannte Stille. Ich habe ehrlich gesagt auch nicht vor das zu ändern. Also starre ich weiter und beobachte die vorbeifahrenden Autos. Dicke Regentropfen prasseln auf die Scheibe und sind abgesehen von dem Motorengeräusch der einzige Laut. Mach einer weiteren 3/4 Stunde Schweigen sind wir da.
"London Gatwick Airport"
Das Aussteigen endet genauso wie das Einsteigen. Ich reiße meine Tasche an mich, schmeiße die Autotür zu und stolziere davon. Liam ist noch mit Aussteigen beschäftigt, da bin ich schon auf den Weg in die Private Area. Da das Risiko entdeckt zu werden oder irgendetwas falsch läuft in einem normalem Flugzeug viel größer ist, fliegen wir mit einem Privatem nach Brüssel. Dort sollen wir im EU Parlament aufpassen, da es starke Drohungen von Terroristen gab. Ich bin nicht sehr heiß drauf, aber machen kann ich auch nichts dagegen. Liam holt mit einem olympiareifen Sprint zu mir auf und fragt etwas aus der Puste:" Vielleicht wartest du auf mich?"
"Ach, ich hab gedacht das macht man so. Einfach WEGGEHEN." Mit Betonung auf Weggehen.
"Daher weht der Wind.", murmelt er hinter mir während wir den langen Korridor zum Flugplatz runtergehen. Ich verdrehe die Augen in alle Richtungen. Männer.
Immer noch SEHR genervt drücke ich dem Wächter stumm meinen MI6 Ausweis beinahe ins Gesicht und rausche weiter. Liam hinter mir entschuldigt sich und zeigt dann auch seinen. Ahaaaa jetzt entschuldigt er sich auch noch für mich?!!

***5 Stunden später***

Naja, der Flug an sich wäre eigentlich angenehm gewesen, wenn wir nicht durchgehend gestritten hätten. Nach einer weiteren Stunde hatte ich mich eigentlich beruhigt und sogar gesprächig gezeigt, nur wurde ER dann wütend weil ich so "kompliziert sei" und daraufhin wurde ich wieder wütend woraufhin ich IHM erklärt habe dass er der größte Depp auf Gottes Erden sei.
Und dann waren wir wieder am Anfang.
Auf jeden Fall habe ich nun ein Headset im Ohr und beobachte die Lage. Besser gesagt, ich warte bis sich ein Verdächtiger durch den Lüftungsschacht durchpresst, sich vor die Politiker wirft und sich in die Luft sprengt. Ungefähr so was.
Ich stehe am oberen Ende des Saales während Liam unten an einer Tür herumlungert und die Eingänge beobachtet. Natürlich waren wir nicht die einzigen. Es standen an jedem Eingang bewaffnete Einsatzkräfte. Quasi die Schweizer Garde der EU. Nur tragen die keine bunten Fummel. Apropos, ich selbst habe mich in einen Hosenanzug geworfen und trage zu meinem Leiden schon wieder High Heels. Für die Tarnung, versteht sich. Denn ich soll quasi mit der Menge "verschmelzen". So habe ich das immerhin gelernt.
Nach einer weiteren Stunde bin ich schon gelangweilt. Momentan sprechen die Politiker von Gurkenkrümmungen. Nicht gerade das heißeste Thema. Ich hatte immerhin die Hoffnung dass sie etwas Interressanteres zu besprechen hätten als Gurken. Zum Beispiel Afrika Hilfsprojekte oder so was. Von mir aus auch Klimaschutz oder Wirtschaftswachstum. Inzwischen lehne ich an einem Pfosten und rätsle ob es danach ein Buffet gibt. Liam scheint es nicht anders zu gehen, denn immerhin ist es Nachmittag und ich habe seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Sushi wäre wirk-...

Mit einem Knall fliegt die Tür auf und bewaffnete Männer stürmen in den Raum. Auch am oberen Ende stürmen auf einmal Männer auf mich zu. Sie tragen alle schwarze Masken und fuchteln mit Maschinengewehren herum. Also ducke ich mich und laufe mit meiner Waffe in der Hand zu der englischen Premierministerin.
"Ich kümmere mich um Hills!", brülle ich in mein Headset und schiebe mit der anderen Hand eben Hills' Kopf etwas unsanft unter einen Tisch. Inzwischen haben die Männer das Feuer eröffnet. Allerdings sind die noch mit den anderen Sicherheitskräften beschäftigt. Halb unter dem Tisch versuche ich unter dem Gewirr aus schreienden Menschen, umherfliegendem Papier und Tischen sich nähernde Terroristen zu erkennen. Es liegen bereits erste Leichen am Boden, von Politikern und Einsatzkräften. Ich kann fürs erste keine sehen, also ducke ich mich auch unter den Tisch und drücke der verschreckten Frau eine Pistole in die Hand und entsichere eben diese.
"Ohne Zögern feuern wenn ich tot oder nicht da bin!", schreie ich sie über den Lärm hindurch an während ich mir die lästige Anzugjacke von den Schultern reiße und wegschmeiße. Sie nickt etwas zaghaft. Doch um ihre nicht vorhandene Entschlossenheit kann ich mich nicht kümmern, weil ich einen Mann auf uns zulaufen sehe. Der glaubt anscheinend, dass ich auch eine Politikerin bin, weshalb ich mit Schwung auf einmal aufstehe und ihn mit einem einzigen Schuß ins Bein außer Gefecht setze. Beim Vorbeilaufen trete ich ihm das Gewehr aus der Hand. Das wäre vermutlich nicht mal nötig gewesen, da er ohnehin wie ein Baby schreiend sein Bein haltet. Bluttropfen spritzen auf meine weiße Bluse. Wie sind sie hier rein gekommen? Es stehen ungefähr 150 Einsatzkräfte auf dem gesamten Gelände verteilt, sie hätten dort niemals durchkommen dürfen, erst recht nicht unbemerkt!
Ich knie mich wieder nieder um nicht ins Schussfeuer zu geraten und presse mich mit dem Rücken an einen Tisch. Die meisten Eindringlinge tümmeln sich unten beim Redepult. Der Politiker der bis vorhin noch geredet hatte, liegt tot am Boden. Zwischen allen anderen kann ich Liam erkennen, der einem Mann gerade in den Arm schießt. Ich werde auf einen Mann aufmerksam, der mich anscheinend bemerkt hat und mich als "widerstandsfähig" bewertet. Auf jeden Fall beginnt er auf mich zu feuern. Ich hatte ihn wohl etwas zu spät entdeckt, da mich eine Kugel am Arm streift während ich mich schnell hinter einem Tisch rolle. Mir entfährt ein unschönes Keuchen als der Schmerz einsetzt, Hills neben mir sieht mich aus Angst erfüllten Augen an. Blut strömt aus meinem Arm und tränkt meine Bluse. Ich beiße die Zähne zusammen und stehe wieder auf während ich auf den Mann feuere. Allerdings brauche ich einige Versuche bis ich ihn richtig treffe, da mein rechter Arm nun eher untauglich ist. Ich bin schon froh als ich ihn überhaupt treffe. Auf einmal trifft mich etwas am Hinterkopf, und zwar so hart dass ich auf den Boden knalle. Schmerz setzt ein und die Mischung aus Einschusswunde und Kopfschlag ist nicht sehr angenehm. Vermutlich hätte ich KO werden sollen, aber offensichtlich hat er falsch getroffen. Kaum dass ich am Boden liege, drehe ich mich um und sehe einen maskierten Mann ober mir, der gerade mit einer Pistole auf mich zielt. Er muss mir mit dem Griff eins übergezogen haben. Allerdings habe ich vor noch zu leben, also trete ich ihm ordentlich in die Kronjuwelen. Er jault auf, sodass ich Zeit habe wieder aufzustehen und ihm gleich noch eine ins Gesicht zu verpassen während ich ihm die Waffe aus der Hand reiße. Weiter komme ich nicht, weil mich eine Druckwelle gegen einen Tisch schmettert.
Eine Bombe war hochgegangen.

Just A Joke ♤Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt