Ich gebe es nur sehr ungern zu, aber momentan sieht meine Lage nicht gerade rosig aus. Bis jetzt habe ich es ausgehalten, den ganzen Tag in einem Käfig zu sitzen ohne mein Gesicht zu verlieren, aber ich habe das Gefühl, dass dieser Tag bereits näher rückt.
Es ist eben nicht gerade förderlich für eine gesunde Psyche permanent eingesperrt zu sein, beschimpft und geschlagen zu werden. Ich behaupte sogar, dass es richtig scheiße ist.
Ich höre auf, die Gitterstäbe zu betrachten und setze mich auf. Meine Schläfen schmerzen immer noch von der Elektroschocktherapie. Sie glauben wohl, dass sie mich durch Schmerzen kleinkriegen würden, aber da haben sie sich ganz gewaltig geschnitten. Dass sie mich foltern, zeigt nur ihre Ratlosigkeit. Vermutlich wissen sie nicht mehr, wie sie mich kontrollieren sollen. Es ist auch viel einfacher, auf ein Problem einzuschlagen, als es irgendwie anders zu lösen. Hätte ich vermutlich auch gemacht...
Mit ein leisem Stöhnen lege ich mich doch wieder auf den Boden. Meine Motivation aufzustehen um im Kreis zu laufen ist schon wieder erloschen. Tief in Gedanken versunken, habe ich anscheinend gar nicht mitbekommen, wie die Wachleute außerhalb meines Käfigs das Tor öffnen und eine winzige Frau den Raum betritt. Nicht, dass es mich stören würde. Es ist mir im Grunde genommen scheißegal. Zumindest war es das, bis sie meinen Namen regelrecht herumbrüllte.
"Livia Black"
Ich schaue kurz auf um eine bereits ergraute, kleine Frau mit kalten blauen Augen zu sehen. Gelangweilt lasse ich mich wieder auf den Boden fallen und sage sarkastisch:" Livia Black ist gerade nicht erreichbar, bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Ton."
"Also ist das Ihr richtiger Name.", stellt die Frau fest.
"Nein, eigentlich Hans - Peter", brumme ich nur und beschließe, meinen Gast doch etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Also stehe ich doch auf und gehe mit bedachten Schritten auf die Gitterstäbe zu. "Was verschafft mir die Ehre? Der Tee ist leider alle."
"Nun, ich bin auch nicht gekommen um mit Ihnen Tee zu trinken, Miss Black. Ich will Ihnen ein Angebot machen.", erläutert sie mir großzügig den Grund ihres Besuches. Ihre Stimme ist eiskalt und monoton. Da ist etwas an ihr, das ich noch nicht so richtig zuordnen kann.
"Aha. Und das wäre?", frage ich und beuge mich ein wenig zu ihr hinunter während ich direkt in ihre Augen schaue. Sie erwidert meinen Blick trotzig und es scheint, als ob wir mitten in einem lautlosen Kampf stecken würden. Nach einigen Sekunden Schweigen, breche ich eben diese.
"Wobei ich sagen muss, dass mein Grün Tee ganz hervorragend ist.", sage ich und grinse ihr ins Gesicht. Und als ob ich nie etwas gesagt hätte, fährt die mysteriöse Frau einfach fort. Wie unhöflich.
"Sie waren für einen Moment überrascht, dass ich Ihren Namen kannte, nicht wahr?", stachelt sie nun. Ja, das war ich in der Tat. So gut wie niemand kannte meinen Namen, und ich habe auch nicht vor, diese Tatsache zu ändern. Aber ich will ihr auch nicht zeigen, dass es mich tatsächlich überrascht hat. Also trage ich es mit einem weiterem Augenkampf aus. Wieder starrt sie hartnäckig ohne zu zwinkern zurück. Nach einigen weiteren Sekunden, wird mir die ganze Geschichte aber zu blöd. Ich stehe hier doch nicht wie ein Depp und trage minutenlang einen Augenkampf mit einer Seniorin aus! Aber wie üblich, lässt mein Stolz es nicht zu, jetzt wegzuschauen. Stattdessen fahre ich sie etwas gereizt an: "Was ist denn nun das Angebot?"
"Das Angebot, Miss Black, könnte sie zu einem anständigen Menschen machen."
"Sie haben meine Frage nicht beantwortet.", brumme ich nur. Langsam geht sie mir ganz schön auf die Nerven.
"Der MI6 sucht neue Agenten. Sie wären eine der wenigen, die unseren Anforderungen entsprechen.", platzt sie nach gefühlten Jahrhunderten geradewegs heraus. Soso, der MI6 hat offensichtlich nicht genug Agenten. Und nicht nur das, anscheinend so wenige, dass sie sich sogar an jemanden wie mich wenden. Also sind sie verzweifelt.
Ich lasse mir Zeit mit meiner Antwort und lege den Kopf schief während ich so tue, als ob ich gründlich nachdenken würde. Meine Antwort ist jedoch schon längst gefallen. Ich werde mein restliches Leben sicherlich nicht in einem Käfig verbringen. Und da möchte man ja natürlich jede Gelegenheit nutzen. Vielleicht sterbe ich auf einer der Missionen, doch das ist mir egal. Warum sollte ich leben, wenn es keinen Sinn hat? Während ich draußen noch viel erleben kann und einen verfrühten Tod in Kauf nehmen muss, warum dann noch lange hier drinnen versauern?
"Ich glaube wir sind im Geschäft.", sage ich und grinse sie hinter den Gitterstäben an. Ich bilde mir beinahe ein, dass ich auf ihrem eintönigen Gesicht einen kurzen Moment der Erleichterung ablesen kann. Im Nachhinein bin ich mir jedoch nicht mehr sicher, da sich ihr Ausdruck gleich wieder verändert.
"Glauben Sie nicht, dass sei nur ein Spiel.", fährt sie mich scharf an, hängt dann aber noch ein:" Sie werden demnach bald entlassen.", dran.
Und mit einem letzten, warnenden Blick macht sie kehrt. Ich sehe ihr noch nach, wie sie mit schnellen Schritten auf das Tor zu stöckelt und die Wachen ihr hastig eben dieses öffnen. Mit einem Rummser fällt das Tor wieder zu und verschluckt die Gestalt der kleinen Frau.
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Just A Joke ♤
Fanfic"Die meisten würden sagen, dass ich... sagen wir... speziell bin. Und das bin ich auch. Gewalttätig, wahnsinnig, sarkastisch, ... . Ja, es ist eine lange Liste, aber speziell ist auch darunter."