Kapitel 9

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Kapitel 9

Sollte man jemals vor der Entscheidung stehen eine Hochzeit zu halten, dann sollte man sich die Entscheidung zwei Mal durch den Kopf gehen lassen oder besser eine gefühlte tausend Mal. Und dann mit einem verzweifelten Gesicht Nein schreien und ganz weit weg gehen, sodass einen die Vorstellung eine Hochzeit zu halten, nie mehr in den Sinn kommt. So fühlte ich mich jedenfalls, als ich die Höllen Woche durchlebt hatte. Genau, ich hatte dieser Woche einen Namen gegeben, denn genauso fühlte sie sich an. Wie die Hölle, die man vor und zurück durchschritten hat. Wenn mir jemals jemand gesagt hätte, wie aufwendig eine Hochzeitsvorbereitung ist, dann hätte ich mir meine Entscheidung wirklich nochmal durchdenkt. Egal wie viel auf dem Spiel stand, bei diesen Qualen, fragte man sich, ob sich all der Aufwand lohnte.

Evelyn hatte diese Hochzeit schon geplant. Und mit geplant war die Vorstellung gemeint, die an James verdammten Geburt entstanden war und bis zu seinem 27. Lebensjahr gereift war, zu diesem einen prunkvollen, perfekten Moment. All die Jahre, hatte sie reiflich darüber nachgedacht, diesen Tag zu dem wichtigsten Tag ihres Lebens zu gestalten. Ja, das war richtig. Bei der flammigen Ambition, die sie an den Tag legte und den Entscheidungen, die sie über meinen Kopf entschied, ging es nicht um mich, die Braut, sondern ganz alleine um Evelyn Castro. Ich wusste, dass ich wütender sein musste, aber es handelte sich hier um die Schwiegermutter und zudem war ihr Name Evelyn, da konnte man wirklich nicht überrascht sein, wenn man gesagt bekommt, dass es an dieser Hochzeit um die Castros ging und nicht um das Mädchen, dass versuchte durch die Hochzeit zu einem Kreis zu gehören, für den sie ganz offensichtlich nicht gemacht worden war. Ihre Worte, nicht meine.

Und um das Mädchen, das ganz offensichtlich nicht zum Castro sein gemacht worden war, ein wenig akzeptabler zu machen, benötigte es einiges an Arbeit. Falls jemand jemals „Plötzlich Prinzessin“ angesehen hatte und dass auch nur, weil es nichts besseres an diesem Tag zu tun gegeben hatte, der hatte nun eine vage Vorstellung von meiner Woche, nur das ich bestimmt das doppelte zu tun hatte.

Da war das damenhafte Benehmen, dass ich von Evelyn höchst persönlich in den Schädel gerammt bekommen hatte und das so lange, bis ich am späten Abend keinen Muskel rühren konnte. Mein Nacken schmerzte vom ganzen steifen Sitzen, mein Füsse fielen beinahe von meinem Körper ab, von den vielen gefährlich hohen Schuhe und das ganz Körper waxing, war bestimmt nicht nötig gewesen. Es wurde an meinen Tischmanieren gefeilt, meine Artikulation wurde ausgebessert, auch wenn ich als Anwältin, einen Wortgewandtheit besass, die keine dieser hohlen Weiber besass, die mir die Manieren der hohen Schule versuchten beizubringen. Kurz und gut man verpasste mir eine gute alte Gehirnwäsche, in der Hoffnung, ich würde mich in eine jüngere Version von Evelyn Castro verwandeln. Selbst die Klamotten, die ich an den täglichen Besuchen von wichtigen Personen an hatte glichen ihren! Wir sahen wie die besten Freunde, die wir nicht waren, aus, die ihre schnarch langweiligen Freundinnen empfingen und mit ihnen banale Themen ansprachen, die manchmal in die rekordverdächtigen Höhen der Oberflächlichkeit stiegen. Natürlich wurden auch wichtige Themen, wie Hilfeorganisationen, die von ihnen gegründet worden waren und auch geschäftliche Kontakte, besprochen, jedoch verloren sie an Wert, wenn im selben Atemzug besprochen wurde, welches Kleid für die Benefizgala und für die geschäftlichen Abendessen angezogen wurde. Doch wie ich es gelernt hatte, lächelte ich doof und stimmte den Frauen nickend zu. Nicht nur hier hatte ich diese Scharade aufgedrückt bekommen, auch in der Arbeit musste ich das Schauspielern beherrschen. Jedoch bedrückte mich der Gedanke, dass ich einen grossen Teil meines Lebens mit gefälschter aufgespielter Aufmerksamkeit verbringen musste.

Hochzeitsmanager wurden mir aufgedrückt um jedes kleinste Detail, das andere normale Personen, so nie überdenken würden, durchzugehen, damit diese Hochzeit das grösste Ereignis dieses Jahres werden würde. Ich wurde in verschiedenste Boutiquen geschleift um meine Masse aufzunehmen um mir die vornehmsten Kleider zu nähen. Ganz nach dem Geschmack meiner zukünftigen Schwiegermutter. Mir wurden die Haare bis zum Schlüsselbein geschnitten und mit helleren Tönen untermalt, sodass ich als eine dunkle Blondine durchgehen konnte, was so gar nicht meine Vorlieben unterstrich und mir wurde jede Stunde der Ablauf der Hochzeit, wieder und wieder erklärt, als wäre die Möglichkeit  erdenkbar, dass ich etwas vergessen könnte. Ich hatte nach wenigem Durchlesen, die Sitzreihe der beinahe 500 Gäste im Kopf, geschweige der einfachen Gang zum Altar. Evelyn konnte sich anscheinend immer noch nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass ich klüger war, als sie sich wünschte. Wäre ich eine dieser Blondinen, über die man so gerne Witze riss und in die sie mich versuchte zu verwandeln, so wäre es für sie ein leichtes gewesen mich auszuspielen, wie eine ihrer Marionetten. Doch leider erwies sich, dass ich mehr im Köpfchen hatte, als gut für mich war und das schien auch Evelyns Dorn im Auge zu sein. Abgesehen von der Tatsache, dass ich nicht die reizende Victoria Bonetti war. Sie wollte Kontrolle, dich ich ihr nicht zugestehen wollte.

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