Kapitel 13

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Ich betrachtete mich im Spiegel um sicher zu gehen, dass ich akzeptabel genug für das Etablissement war, in das mich James ausführen wollte. Ich hatte mich heute für etwas Kürzeres entschieden. Ein blassblaues Kleidchen mit Spitze um Dekolleté und Ärmel. Der Saum ging mir bis kurz vor die Knie. Ich drehte mich um und sah auf meinen freien Rücken. Hoffentlich war es nicht zu offenherzig für ein Restaurant. Meine Haare hatte ich zu einem lockeren Knoten auf meinem Kopf mithilfe von vielen Nadeln zusammengesteckt und meine Ohren, passend zu dem riesigen Verlobungsring an meinem Finger, mit weissen Diamantsteckern bestückt.

Evelyn hatte beinahe einen Anfall gehabt, als sie meinen Ring nicht am Finger gesehen hatte und mich wirklich beschuldigt ihn verkauft zu haben, damit meine Familie etwas zu essen hätte. Die Empörung, die ich verspürte, sollte man sich mal vorstellte. Als ich die Kette mit dem Ring unter meinem Shirt hervorzauberte, hatte sie schnell den Mund gehalten, aber nicht den Anstand gehabt sich zu entschuldigen, sondern mich nur aufgefordert ihn wieder an den Finger zu stecken, sodass die Leute ihn am Abendessen zu sehen bekamen.

Ich schüttelte den Kopf, als ich daran dachte und machte mich auf den Weg zum Wohnzimmer, wo das Telefon klingelte. Die etwas hohen Schuhe waren zwar ungewohnt, aber ich schien sie genug zu meistern, um nicht mit ihnen umzufallen.

„Adriana Harper?“, nahm ich ab und legte meinen Lippenstift sowie Portemonnaie in meine Handtasche.

„Miss Harper, die Limousine steht unten bereit“, sprach der werte Herr Franco mit trockener Stimme, bevor er auflegte. Seit ich ihn zurechtgewiesen hatte, spielte er den Beleidigten. Ich verdrehte die Augen, verliess jedoch die Wohnung und machte mich auf den Weg zum Aufzug.

James hatte mir vor genau vier Stunden geschrieben, wann die Limousine vor der Tür stehen würde. Er hatte noch nicht verraten, welches Restaurant es werden würde, aber dass ich mich schick anziehen sollte und dass er sich auf den Abend freue. Ich hatte mir noch einige Male gefragt, woher der Sinneswandel gekommen war, dass er endlich bereit war über unsere Lage zu sprechen. Vielleicht hatte er endlich den Mut dazu aufgefasst, oder eingesehen, dass wir nicht ewig so weitergehen konnten?

Unten angekommen erwartete mich schon ein schicker Wagen, der von dem alten Herrn gefahren wurde, der mich damals zum ersten Mal hierher gefahren hatte. Ich lächelte dem Mann erfreut zu, was dieser mit dem Tippen auf seinen Chauffeurhut erwiderte.

„Schön Sie wieder zu sehen, Frau Harper“, begann er und hielt mir die Wagentür auf.

„Die Freude liegt ganz meinerseits. Danke“, erwiderte ich und stieg in den Wagen ein. Eine Limousine war für eine Person vielleicht zu dick aufgetragen, aber bei den Castros musste alles und jeder eine Nummer grösser sein, damit es akzeptabel wurde.

Der Chauffeur hatte die Trennwand zwischen Fahrerkabine und Rücksitze offen gelassen und erklärte mir, dass James schon bei dem Restaurant auf mich wartete. Wir plauderten noch ein wenig über mein Einleben in mein neues Zuhause, bevor er schon bekannt gab, dass wir angekommen waren. Die Scheiben des Wagens waren dunkel gehalten, aber ich konnte das Blitzlichtgewitter trotzdem erkennen und seufzte genervt auf, als mir klar wurde, dass die Paparazzi auch von diesem Abendessen erfahren haben musste.

Mein Vater hatte in seinem Leben auch den einen oder andern Medienheini an seiner Backe gehabt, doch hatte er uns immer von ihnen abschirmen können, sodass Meli und ich ohne diese Verfolgung hatten aufwachsen können. Aber nun als eine zukünftige Castro, schienen die Medien ein Muss zu sein. Je mehr über einen gesprochen wurde, desto besser. Es würde mich nicht wundern, wenn Evelyn den Paparazzi den Tipp gegeben hat, damit sie morgen Schlagzeilen mit ihrem Nachnamen lesen konnte.

„Bereit?“, fragte der Fahrer, der mein Unwohlsein wohl sehen konnte. Ehrlich gesagt, nein, aber hatte ich eine Wahl?

Die Tür ging auf und ein charmant lächelnder und wirklich gut angezogener James stand vor mir und bat mir seiner Hand um aus dem Wagen auszusteigen. Der Ring von Fotografen blendete mich mit dem Blitzlichtgewitter, aber ich konzentrierte mich auf James Gesicht und versuchte die Menschen, die nach James und meinem Namen riefen, zu ignorieren. Ich musste noch lernen, wie mit den Medien umzugehen war. In den letzten Wochen hatte ich diesen Wunderkind-Stempel von ihnen aufgedrückt bekommen. Es war erstaunlich, wie viel sie von mir herausfinden hatten können. Von meinem Schulabschluss bis zu meiner Arbeit als Anwältin, war es ihnen möglich gewesen, alles aufzudecken. Selbst meine Familie hatten sie nicht ausgelassen, was mich mehr als genervt hatte. Wie sie über die Firma meines Vaters, die schon schönere Tage gesehen hatte, hergezogen hatten, hatte mich zur Weissglut getrieben. Es war nicht die Schuld meines Vaters gewesen, sondern grosses Pech in Investitionen, die nie so hätten enden dürfen, wie sie geendet hatten.

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