Die Reise zum Halbfinale nach Marseille war wortwörtlich eine schwere und damit auch irgendwie ewig lang... Anscheinend hatten sich alle Franzosen im ganzen Land geschworen, uns Deutsche für zwei Tage zu ignorieren oder zu hassen. Wir bekamen das sowohl auf dem Weg zum Flughafen als auch auf dem Flug zu spüren. Die Stewardessen bemühten sich zwar, doch auch sie lächelten uns nur sehr zwanghaft zu. Doch davon und den anderen zahlreichen Franzosen, die im Stadion vertreten waren, ließen sich unsere Jungs anfangs ebenfalls nicht einschüchtern. Als ich nach dem Aufwärmtraining Richtung VIP-Tribüne ging, prägte ich mir den Weg fest ein. Man kann nie wissen, im Falle eines Falls, nämlich einer erneuten Verlängerung... Die ersten Minuten waren gut, die Abwehr stand und sie waren schon zwei Mal durch gute Kombinationen vors gegnerische Tor gekommen. Doch plötzlich lief schon wieder dieser teuflisch nervige Griezmann einen Konter, Boa war mittlerweile auch nicht mehr der Schnellste und somit schlug der Ball eiskalt hinter Manuel ein. Die Stimmung im Stadion glich einem Erdbeben, so sehr bejubelten die französischen Fans dieses 1:0. Zum Glück saßen wir Deutschen etwas abgegrenzt, sonst hätten wir Angst haben müssen, zertrampelt zu werden. Mein Freund ärgerte sich zutiefst und der Rest der Abwehr stand etwas verloren weit draußen vor dem Tor. Man könnte meinen, dass die Halbzeit nicht noch schlimmer werden könnte, doch in der 45. Minute gab es bei einer Ecke der Franzosen ein Riesengerangel im deutschen Strafraum und einen lauten Pfiff des Schiris. Erschrocken wandte ich mich um, da ich schon halb auf dem Weg aufs stille Örtchen war, und sah noch einmal auf der Stadionleinwand, dass Basti der Ball unglücklich an den ausgestreckten Arm sprang. Daher der lange Pfiff, es gab Elfmeter. Und schon wieder stand Antoine Griezmann (oder wie ich ihn im Stillen nannte: Gruzimann) am Punkt bereit. Dass Manu nervös war, konnte ich bis hierauf spüren. Ich hoffte, ihm zumindest in Gedanken Halt geben zu können, doch natürlich klappte dies nicht und der kleine Franzose schickte ihn in die falsche Ecke. Während der Pause zogen wir alle ziemlich lange Mienen und versuchten die Fans des Gastgebers, die schon den Sieg feierten, auszublenden. Die Jungs hatten anscheinend die Lust verloren, nachdem sie auch einige andere gute Angriffe nicht verwandelt hatten. Nach dem Schlusspfiff wartete ich unten in den Katakomben auf die sehr traurige Mannschaft. Mein Bruder und Basti kamen zufällig zusammen mit Antoine und einigen anderen die Treppen herunter. Und wie schon im Halbfinale der Championsleague wäre Basti Letzterem beinah an die Gurgel gegangen. Ich zog Bastian in den Gang zu unserer Kabine und meinte selbst provokativ zu Antoine, da ich wusste, dass er ein wenig Deutsch verstand: "Keine Sorge. Er weiß doch mittlerweile wie es ist, in einem Finale zu verlieren." Sein böser Blick - unbezahlbar.
Jessicas POV:
Ein Monat war vergangen seit Deutschland im Halbfinale der Europameisterschaft gegen Frankreich ausgeschieden war. Und wie es das Schicksal wollte, hatte Leonie Recht damit behalten, dass die Gastgeber im Finale verlieren würden. Ziemlich tragisch hatten sie gegen sehr schwache Portugiesen durch einen Konter in den letzten Minuten das entscheidende 1:0 kassiert. Wenigstens dieser Ronaldo hörte mal für den Moment auf zu motzen, jetzt hatte er ja mal das, was er wollte. Drei Tage später hatten sich die meisten in einen wohlverdienten Urlaub verabschiedet. Leo und Manu hatten ein Strandhäuschen in der Karibik gemietet, während ich mit Jen und Josh schon drei Wochen auf den Seychellen in unserem Ferienhaus genoss. Doch ich würde nicht mehr lange hier bleiben. Ich merkte, dass die meine Schwester und Josh ein wenig Zeit für sich brauchten und wollten. Und die gönnte ich ihnen auch. Meine Schwester stritt zwar vehement ab, dass ich störte, doch Josh sah ich heimlich aufatmen und ich konnte ihn verstehen. Seit zwei Jahren wohnten wir zusammen, machten gemeinsam Termine aus, damit sich der Jet lohnen würde, doch insgeheim war ich auch mal froh, etwas alleine zu unternehmen. Und genau deshalb hatte ich ein Flugticket nach Sydney und ein Hotelzimmer in einem Viersternehotel am Strand gebucht. Sydney war eine großartige Stadt und da wollte ich schon immer mal hin. Also, gesagt, getan. Nachdem der Privatjet auf australischem Boden gelandet war, wurde ich auch sogleich in mein Hotel gebracht, da es bereits Abend war. Nach einem Powernap raffte ich mich dazu auf, zumindest noch das Hotel ein wenig zu erkunden. Ich sah ich mich im Restaurant, der Pianobar und dem Wellnessbereich um und gelangte schließlich zur Strand- und Poolbar. Hier liefen tatsächlich ein paar süße Typen rum, also setzte ich mich dort hin, um mit dem nett aussehenden Barkeeper zu reden'. Dieser nickte, als er mich sah, widmete sich aber erst seiner Arbeit, da ich ja einen Drink bestellt hatte. Doch als er so meinen Cocktail mixte, musterte er mich und kniff angestrengt die Augen zusammen: "Dich kenne ich doch irgendwoher." Ich hob die Augenbrauen. "Tatsächlich?" Er ließ sich Zeit, man konnte es förmlich hinter seiner Stirn rattern sehen, während er mir mein Getränk servierte. "Jetzt hab ichs. Du... bist die Zwillingsschwester von Jennifer Lawrence." Beim Gedanken an meine anderen Schwestern, von der die Öffentlichkeit noch nichts wusste, musste ich grinsen. "Bist du denn nicht auch eine Schauspielerin?" Und dann unterbrach ich ihn: "Und mehr gibt es auch gar nicht über mich zu wissen. Ich bin nicht so interessant." Demonstrativ schüttelte ich mit dem Kopf, während ich keck einen Schluck mit dem Strohhalm nahm. Der Barkeeper - Bryan - schmunzelte. "No, no, no Ich erkenne eine interessante Frau, wenn ich sie vor mir hab..." Und so verwickelte er mich geschickt in ein Gespräch, das bis lang in die Nacht dauerte.
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Unser eigener Stern des Südens
FanfictionLeonie sitzt im Krankenhaus und realisiert, dass ihre Welt in Trümmern liegt. Sie würde wahrscheinlich nie wieder Handball spielen können. Doch das war ihre Lieblingssportart, ihr Ein und Alles, ihre Leidenschaft. Zur Erklärung: Ihr Knie war im Eim...