Leon und Luis

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Leonies POV:

Ich war froh, wieder zuhause zu sein. Auch wenn es eine wunderschöne Zeit in Wien war, mit Gwen und Runes Hochzeit, dem Wiedersehen mit Ben und Fritz und einem ausgiebigen Frühstück am Morgen danach, fühlte ich mich nun doch etwas überfahren. Zwillinge durch die Welt zu schleppen, war eben doch nicht so easypeasy wie zuerst vorgestellt... 
Unternehmen tat ich nun nicht mehr viel, schon die Ausflüge in die Allianz Arena fielen mir zunehmend schwerer. Ich beobachtete wie die Jungs den FC Augsburg richtig locker verputzten, sich aber bei der TSG Hoffenheim zu viele leichte Fehler leisteten und mit einer 0:1-Niederlage abgeben mussten. Und als ob das noch nicht genug war, bekamen wir fürs Champions League-Viertelfinale als Gegner Real Madrid zugelost. Als perfekte Generalprobe dafür konnten wir direkt das Match gegen den BVB am Samstag zuvor werten. Und Sorgen mussten wir uns erst recht keine machen... Die Dortmunder wurden mit einem 4:1 zurück in den Ruhrpott geschickt, sie selbst hinterließen uns aber auch einen Wermutstropfen. Robert war bei einem Foul von Roman Weidenfeller ziemlich unglücklich auf die linke Schulter gefallen. Am Tag drauf begleitete ich Robert zum Doc, welcher uns schon mit bangen Blick erwartete: "Es tut mir Leid, aber deine Schulter ist geprellt, Robert!" Ich seufzte, na toll... Robert dagegen brauchte etwas länger, um den Stand der Dinge zu realisieren: "Ja und?" "Nichts ja und. Selbst wenn du mich so anschaust... Ich werd dir keine Spielberechtigung geben. Nicht mit dieser Art von Verletzung!" Schiebt es meinetwegen auf meine Hormone, aber so langsam wurde ich sauer. Auf Roman, eigentlich auf den gesamten BVB... Roman hätte in dieser Situation auch rechtzeitig zurückziehen können, sodass Robert nicht gestolpert wäre und sich jetzt nicht die Schulter geprellt hätte... Hatte er das etwa absichtlich gemacht? Robert war gerade in der Form seines Lebens und schoss Tore wie am Schnürchen. War man beim BVB etwa immer noch sauer wegen Lewys Wechsel oder gar wegen der Champions League? Wollten sie etwa, dass wir auch nicht gewinnen würden... Das wäre ja das Allerhöchste! In einem undurchsichtigen Moment meinerseits äußerte ich diesen Gedanken gegenüber Manu, der nur leicht lächelnd den Kopf schüttelte. Jedenfalls fehlte den Jungs die vertraute Anspielstation in der Spitze und den letzten Pässen fehlte es an Präzision. Und es war ja nicht so, dass Real keine Tore schießen würde. Dass ausgerechnet Ronaldo den Ball beide Male über die Linie drückte, half nicht wirklich dabei, meine Laune anzuheben. Der Kopfballtreffer von Vidal reichte also nicht und zu allem Überfluss handelte sich Javi innerhalb von drei Minuten auch noch eine Gelb-Rote-Karte ein. 

Die Luft war raus, bei allen - und deshalb kamen sie bei Leverkusen auch nicht über ein torloses Unentschieden heraus. Die Reise nach Madrid sollte vorerst meine letzte Reise werden während meiner Schwangerschaft. Auch Stefan, der nun wieder durchgehend an meiner Seite war, wollte, dass ich von nun an nicht mehr so viel erledigte. Also saß ich im Bernabéu neben Stefan und Fabi in der Lounge und musste mit ansehen, wie die Jungs völlig zugeschnürt wurden und ausgerechnet in den letzten zehn Minuten den 2:2-Ausgleich kassierten. Das hieß Verlängerung... Anfangs sah es gut aus, die Abwehr hielt. Doch dann traf schon wieder Ronaldo - allerdings aus klarem Abseits. Doch der Schiedsrichter ahndete diese falsche Position nicht und das Tor zählte, genauso wie das nächste, das der gegnerische Stürmer wieder aus dem Abseits geschossen hatte. Diese zwei ungültigen Tore bedeuteten das Aus für unsere Jungs und Carlo war dermaßen sauer auf den Schiedsrichter, dass ihn sein Sohn regelrecht vom Feld zerren musste. Wir mussten nun wohl oder übel akzeptieren, was passiert war, trotzdem hatte ich eigentlich keine Lust, mit irgendjemandem zu reden. 

Auch wenn es mir sehr Leid tat, ließ ich Toni eiskalt stehen und stieg ohne ein weiteres Wort in den Team-Bus. Erst als ich vor dem leeren Vierersitz stand, realisierte ich, dass Manu und mein Bruder fehlten. "Leo, Leo warte", Phillip kam schnaufend von draußen in den Bus gerannt. "Phips, was ist los? Weißt du, wo Manu ist?" Doch dieses Mal war er derjenige, der mir keine Antwort gab, sondern zog mich einfach wieder aus dem Bus heraus und setzte mich in ein wartendes Taxi. Erst als er dem Fahrer irgendein "hospital" als Ziel nannte, stockte ich. "Was zum Teufel wollen wir im Krankenhaus?" "Manu hatte irgendwelche Probleme mit seinem Fuß, Volker wollte es nur abklären lassen..." Er wusste eindeutig noch mehr, verschwieg es mir aber. Nun hatte ich das Gefühl, wir fuhren eine Ewigkeit durch die Stadt und sprang an unserem Ziel regelrecht aus dem Fahrzeug. Eine Krankenschwester schickte uns in den ersten Stock in einen Warteraum, wo wir Manu und Thomas vorfanden. Die beiden sahen ziemlich geknickt aus und ohne dass ich fragen musste, meinte Manuel: "Mein Mittelfuß ist angebrochen..." Innerlich stöhnte ich auf; das konnte doch nicht wahr sein... Meinem Verlobtem strich ich dennoch tröstend über den Rücken und gab ihm einen kleinen Kuss. Mit Krücken ausgestattet fuhren wir zurück ins Mannschaftshotel, wo überraschenderweise noch ein Großteil der Mannschaft im Gemeinschaftsraum saß, um zu hören, was Manu fehlte. 

Unser eigener Stern des SüdensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt