12||Das zwölfte Kapitel oder nur Lernen...
Als ich am Samstagmorgen gegen acht Uhr in mein Zimmer schlürfte, war Hermine schon wach und auch Ginny lag mit gekreuzten Knöcheln auf meinem Bett und las eine Zeitschrift über Besenflege.
Erst als ich die Gardine zurückzog, bemerkten sie mich.
,,Licht aus!", schimpfte Hermine und zog sich die Decke über den Kopf. Ich grinste und verdrehte die Augen.,,Ich zieh mich an.", murmelte ich und suchte nach meinen Klamotten für den Tag. Zuerst wollte ich meinen grauen, übergroßen Pullover anziehen und dann in eine schwarze Jeans schlüpfen, aber Ginny hielt mich davon ab.
,,Heute ist doch der große Tag! Dein Date!", jubelte sie und ich rollte mit den Augen.
,,Es ist kein Date, wir lernen nur ein bisschen. Das ist alles!", pflaumte ich sie an und schlüpfte aus meinem Pullover, um mir mein Tagesoutfit anzueignen.
,,Aber...du weißt schon, eine schummrige, verlassene Bibliothek, ihr zwei ganz allein in einer Ecke, wunderschönes, kaltes Wetter, Ro-man-tih-hik!", fiepte sie und ich überlegte, mich für den ganzen Tag zu vergraben.
,,Willst du nicht lieber andere Unterwäsche anziehen?", fragte sie und zog angewidert ihre Augen zusammen, als hätte sie in eine saure Zitrone gebissen. Sie sah auf meinen alten BH und kräuselte ihre Nase.
,,Wieso, ich- GINNY!" Nachdem ich ihre Absichten durchschaut hatte, schnaubte ich abfällig und Ginny grinste unschuldig.
,,Ich mein ja nur, ich mein, das würde sicher nicht schaden. Angelina kennt sich damit ja aus.", blubberte sie und ich schluckte.
,,Nein, danke.", betonte ich noch einmal und streifte mir Strumpfhose und Rock an.
,,Aber wie wäre es, wenn du deinen Schal abn-"
,,Nein! Mein Schal bleibt!", sagte ich bestimmt und etwas lauter. Ginny nickte nur schnell erschrocken und ich schlüpfte in mein Top. Sie sah ein bisschen geschockt und erschreckt aus und es tat mir auf einmal unglaublich leid.
,,Es tut mir leid, es ist nur...er ist mir sehr wichtig.", entschuldigte ich mich und Ginny nickte verzeihend. Ich atmete beruhigt aus und streifte mit den Fingern über mein Top. Ich steckte es in meinen Rock und suchte nach unerwünschten Falten.
Ich band mir den Cardigan um und streifte die Stiefel über, Ginny band mir die Kette um und ich sagte, ich müsste noch einen Abstecher ins Badezimmer machen.
Heute war Binden-Wechsel-Tag und ich streifte mein Armband und die Bandage ab. Ich hörte Ginny und Hermine im Nebenzimmer quatschen und konnte deshalb beruhigt mit meiner Arbeit beginnen.
Es war erst viertel zehn und ich brauchte höchstens eine halbe Stunde, was perfekt in meinen Zeitplan passte. Ich tuschte mir kurz die Wimpern, nur falls er mir unerwünscht (oder doch erwünscht) nah kommen sollte, und bürstete mir meine Haare sorgfältig durch. Ich versuchte ein Lächeln im Spiegel, was mir aber ziemlich suspekt vorkam.
Mein Riss war nicht weg. Trotz meines Wissens, dass er immer da sein würde, hatte ich doch gehofft, dass er vielleicht verschwunden war. War er nicht. Würde er nicht.
Ich verband ihn wieder und nahm zittrig und vorsichtig meinen Schal ab. Es war jedes Mal ein neues Trauma, unter die Binden und das Gecremte zu sehen.
Mit zusammengebissenen Zähnen spülte ich meinen Hals aus und ein agressiver und derber Schauer rauschte mir durch den Körper und ich zuckte so zusammen, dass ich mich hinhocken musste.
Mit einer Hand, die sich am Waschbecken festgeklammert hatte und der anderen Hand, die vorsichtig die Creme wegwischte, hockte ich im Bad und hoffte, dass niemand hineinkommen würde. Ich hatte das Schloss nicht magisch verriegelt und das war eine Schwachstelle.