Melody II

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Er saß in seinem Zimmer, die Beine auf dem Schreibtisch überkreuzt. Er beobachtete wie sie langsam die Treppe hinauf ging und im Flur stehen blieb. Wenig später fühlte er wie eine vertraute Energie seine suchte und er erlaubte sich ein kleines Lächeln. Dumm war sie keineswegs. Sie huschte an seiner Zimmertür vorbei und ging bis zum letzten Zimmer auf der rechten Seite. Anscheinend wollte sie so weit weg von ihm sein wie nur irgend möglich. Eine Denkfalte bildete sich auf seiner Stirn. War er vorhin zu weit gegangen? Es war bestimmt nicht seine Absicht gewesen sie zu verletzten aber er brauchte ihren uneingeschränkten Gehorsam. Und wer nicht hören wollte, musste fühlen - so war es immer schon gewesen. Unsicher trat sie von einem Fuß auf den anderen, ohne die Tür zu öffnen. Er verdrehte die Augen. In dem Raum war schon nichts das sie fressen würde. Endlich stieß sie die Tür auf und sogleich wuchsen ihre Augen zu Tellergröße. Er lächelte zufrieden, als er sie dabei beobachtete, wie sie vorsichtig im Zimmer umher ging. Anscheinend gefiel es ihr. Der Verdacht wurde bestätigt als er ihr Gesicht sah, das sie machte während sie das Bad erkundete. Schließlich tapste sie wieder zum Bett zurück und setzte sich. Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung als sie in die weiche Matratze sank. Wieder huschte ein kurzes Grinsen über sein Gesicht. Plötzlich nahmen ihre Züge einen traurigen Ausdruck an und gleich darauf einen geschockten. Sie schlug die Hände vors Gesicht und seufzte verzweifelt. Er zog eine Augenbraue hoch. Was hatte sie denn auf einmal? Dann nahm sie die Hände wieder vom Gesicht und starrte auf die Wand. Sie schien zu überlegen. Plötzlich wanderte ihr Blick unsicher zur Tür, doch in der nächsten Sekunde war ihr Blick geklärt und sie blickte drein als wäre sie zu allem bereit. Er zog die Augenbrauen zusammen. Was hatte sie vor? Einen Wimpernschlag später war sie verschwunden. Er zog die Beine vom Tisch und setzte sich ruckartig auf. Sie hatte sich teleportiert. Er stieß ein leises Knurren aus. Er musste sie finden, sofort. Er streckte seine Magie nach allen Winkeln von Magix aus um sie zu finden und schließlich fand er sie an dem Ort, der am offensichtlichsten war aber auch am gefährlichsten für ihn. "Zeig mir Bloom!", herrschte er die Zauberkugel vor sich an, die eben noch ein leeres Zimmer gezeigt hatte. Das Bild verschwamm und klärte sich einige Sekunden darauf wieder. Er sah wie die Fee sich mühsam aufrappelte. Er schnaubte. Diesen Zauber musste sie wirklich dringend üben. Dann ging sie zu ihrem blauen Hasen und küsste ihn auf den Kopf. Er dachte schon sie würde gleich in Tränen ausbrechen, zur Tür hinaus stürmen und Faragonda alles erzählen. Jedoch eilte sie nur zu ihrem Schrank, riss die Türen auf, schmiss einen Koffer auf ihr Bett und begann - seiner  Ansicht nach- wahllos Kleidungsstücke hineinzuwerfen. Er erlaubte sich seine verkrampfte Haltung zu lockern und ließ sich gegen die Stuhllehne sinken. Sie lief weiter zu ihrem Schreibtisch, schnappte sich eine Tasche und stopfte Bücher und etwas zum Schreiben hinein. Sie nahm ihr Häschen auf den Arm und schloss die Augen. Er sah sich ihren Koffer genauer an und bemerkte, dass ein Riemen nicht richtig geschlossen war. Er verdrehte die Augen; War ja klar, dass es ihr nicht aufgefallen ist, aber er freute sich schon auf die Landung. Das dürfte auf jeden Fall interessant werden. Dann war das Mädchen mitsamt ihren Sachen verschwunden und keine zwei Sekunden später, hörte er einen lauten Krach am Ende des Flurs. Er stöhnte und rieb sich die Schläfen. Wenn das nicht vorhersehbar war. Er hob seine Hand und machte einen kleinen Schwenker nach rechts und schon veränderte sich das Bild abermals und zeigte wieder das Zimmer am Ende des Flurs. Diesmal war es nicht mehr leer. Das Mädchen lag am Bauch auf dem Bett und ihr Hase ebenfalls unweit von ihr. Die Tasche und deren Inhalt lagen über Couch und Boden verteilt, während der Koffer sperrangelweit offen stand und die Kleidung im ganzen Zimmer verstreut war. Der Rotschopf richtete sich auf und sah sich geschockt um, dann drückte sie ihr Gesicht mit einem Seufzen in die Matratze. Anscheinend erkannte sie selbst auch, dass sie dringend Übung brauchte. Dann drehte sie sich auf den Rücken und ihr Hase hüpfte auf ihren Bauch. Sie fing an ihn zu streicheln, doch mit der Zeit wurde sie immer langsamer und Blinzeln dauerte immer länger, bis sie ihre Augen gar nicht mehr öffnete und sich ihr Brustkorb gleichmäßig hob und senkte. Nach ein paar Minuten drehte sie sich auf die linke Seite, zuckte aber sofort zusammen. Sie wachte zwar nicht auf, aber ihr Gesicht blieb schmerzverzerrt, auch als sie wieder auf dem Rücken lag. Er seufzte. Ja, er war zu weit gegangen.


Night has fallen ~Pausiert~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt