Kapitel 15 - Es wird immer seltsamer

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PoV Jackson
Die Augen sind die Fenster zur Seele. Wie Abe vorhin meinte: Die Wahrheit trübt die Realität. Was wäre, wenn der trotzige Blick ein Anzeichen darauf wäre, dass sich die Art, wie die Tiere die Welt wahrnehmen verändert? Er beeinflusst, wie sie das interpretieren, was sie sehen. Wer früher also einmal als Freund galt wird jetzt als Feind betrachtet. Eben deswegen verändert sich ihr Verhalten.
Was wäre, wenn mein Vater genau das herausgefunden hat und deshalb den Tieren auf seiner Insel die Augen entfernt hat, weil sie die Veränderung verursacht haben? Nachdenklich folgte ich Abe und diesem Franzosen Gaspard Alves, der uns mit dem Helikopter von der Insel geholt hatte und uns jetzt durch die französische Botschaft in Tokyo führte. Schließlich öffnete er eine Tür, die in einen großen hellen Raum führte. Ich sah mich um: In der Mitte des Raumes stand ein großer Tisch, an dem bereits zwei Personen saßen. Ein etwas älterer Mann und eine junge Frau. »Jackson Oz, Abraham Kenyatta, Jamie Campbell, Mitch Morgan«, stellte Alves uns und die beiden vor. Ich hob zur Begrüßung nur kurz die Hand. »Sie haben sicher viele Fragen, aber zuerst einmal nehmen sie Platz.« Wir folgten seiner Aufforderung und nahmen gegenüber von den Beiden Platz. Seltsam war das alles schon irgendwie. Ich meine woher wusste dieser Mann, dass wir auf der Insel von meinem Vater waren und woher kannte er unsere Namen?
Wir saßen längere Zeit schweigend in dem großen Raum. Keiner sagte irgendetwas. Nicht einmal der Franzose. Abe und ich sahen uns immer nur kurz an, bis dieser Mitch Morgan endlich die Stille durchbrach. »Das wird langsam seltsam.« Er griff nach seinem Glas und nahm einen großen Schluck von seinem Getränk, das eindeutig nach Alkohol roch. »Ja«, stimmte ich seiner Aussage zu, »worauf genau warten wir hier eigentlich?« Ich wurde mehr oder weniger ungeduldig. Alves löste sich von seinem Platz. »Auf Monsieur Delavenne«, antwortete er. Ich zog fragend die Augenbrauen hoch und blickte nach rechts zu Abe. Auch er schien keine Ahnung zu haben, mit wem wir es hier zu tun hatten und warum wir hier waren. Kaum eine Minute später wurde die Tür geöffnet und ein dunkelhäutiger, älterer Mann, ebenfalls im Anzug betrat den Raum. »Ich begrüße sie«, begann er und stellte sich neben Alves, »entschuldigen sie die Geheimniskrämerei. Sie alle vier sind hier, weil ihre Vermutungen der letzten paar Wochen zutreffen. Sie alle haben Kenntnis von den Löwenangriffen in Botswana und Los Angeles. Außerdem gab es eine Reihe von Angriffen durch Hunde in Slowenien.« So langsam konnte ich vermuten, was das hier war. »Und in Japan kurz vor Fukushima ist ein Flugzeug durch einen Schwarm von Fledermäusen ins Meer gestürzt«, meinte ich und musste unweigerlich an den Piloten und Minako denken und wie Abe und ich sie aus dem Wasser gezogen hatten.
Abe gab mir einen leichten Stoß gegen den Unterschenkel und riss mich von diesem Gedanken los. Alves hatte sich inzwischen wieder zu Wort gemeldet und einen Fernsehbildschirm eingeschaltet. Er zeigte und Aufnahmen von unterschiedlichen Angriffen auf der ganzen Welt. »In Jakarta haben drei Sumatra Nashörner den Geländewagen einer Familie norwegischer Touristen umgekippt. Die Nashörner warteten bis die Familie, Vater, Mutter, Kinder, aus dem Wagen stiegen und zertrampelten sie.« Er wechselte zu einem anderen Video, »in Wuppertal in Deutschland tauchten plötzlich sechs Braunbären in einem Park auf und stürmten einen Kinderspielplatz. Das folgende Massaker hinterließ sieben tote Kinder und weitere vierzehn Verletzte.« Die Schreie hallten durch den Raum. Es war grauenvoll und ich wendete meinen Blick ab und sah auf meine Hände. Diese Bilder demonstrierten nur, wie gewaltig die Dinge waren, die sich zurzeit in der Welt abspielten und die keiner wirklich ernst zu nehmen scheint. »Einzeln betrachtet stellt jeder dieser Vorfälle lediglich ein tragisches Ereignis dar. Ich glaube aber sie sind der Beweis für etwas Anderes« sagte Delavenne. Ich runzelte nachdenklich die Stirn. »Und für was genau?«, fragte ich nach. Sofort richtete er seinen Blick auf mich. »Für die globale Pandemie, die ihr Vater vorhergesehen hat...offensichtlich ist sie nun ausgebrochen.«
Mein Vater? Was? Also war ich nicht der einzige, der mittlerweile daran zweifelte, ob mein Vater wirklich verrückt war, oder ob er das alles einfach schon ewig vorausgeahnt hatte. Mitch, der mir gegenübersaß, schien nicht zu verstehen, was mein Vater mit alle dem zu tun haben sollte und hakte nochmal nach. »Aber...Entschuldigung...sein Vater?« »Professor Robert Oz«, antwortete Delavenne. Kurz herrschte Stille, bis Mitch seinen Finger hob und auf mich deutete. »Wir sind also alle hier, weil sie glauben, dass die wissenschaftlichen Theorien eines berüchtigten Spinners jetzt Realität werden?« Seine Worte waren voller Verachtung und hart und auch wenn ich es nicht wollte und mich inzwischen damit abgefunden hatte, was andere über meinen Vater dachten, so trafen sie mich. Tief in mir, war nicht der Hass darauf, dass er uns im Stich gelassen hatte, sondern da war einfach nur er, mein Vater. »Vorsicht Doktor wichtig«, ermahnte Abe Mitch mit drohendem Tonfall, der keine Widerrede duldete. Delavenne schien diese kleine Aneinander Reibung nicht zu gefallen und er war beiden einen ebenfalls mahnenden Blick zu.
»Das ist alles sehr interessant und eindeutig besorgniserregend, aber nichts davon beweist irgendetwas und ganz sicher nicht den Beginn der tierischen Apokalypse.« Mitch hatte anscheinend den Ernst der Lage nicht richtig verstanden. Ich wollte etwas erwidern, aber Delavenne war schneller und kam mir mit einer Antwort zuvor. »Aus diesem Grund habe ich Monsieur Alves gebeten sie sechs zusammenzubringen.« Sechs? Soweit ich sehen konnte, waren wir nur zu viert. Ich war aber nicht der Einzige, der so dachte. »Sechs? Ich zähle nur vier«, stellte Jamie fest. In diesem Moment öffnete sich die Tür erneut und ich glaubte meinen Augen nicht, als ich die Person sah. Durch die Tür kam Chloe. Sie sah nicht mehr so verängstigt und panisch aus. Nein im Gegenteil, diesmal war ihr Auftreten selbstsicher und wirkte ausgesprochen professionell. Ich setzte mich aufrecht hin und bemerkte sofort, dass sie meinen Blick mied. Warum auch immer. Nur ganz kurz streifte er meinen. »Das ist Chloe Tousignant. Sie wird auch mit ihnen zusammenarbeiten.« »Hallo, sagte Chloe und Delavenne ergriff wieder das Wort. »Sie wird als meine Stellvertreterin fungieren.
Sie genießt mein vollstes Vertrauen. Jede Entscheidung die sie treffen, wird mit ihr abgesprochen. Chloe Tousignant leitet die Operation.« Sollte das alles Zufall sein? Ich wollte nicht mehr einfach nur herumsitzen, sondern lieber etwas unternehmen. »Und wer ist die sechste Person, die mitmacht?«, hakte ich nach. »Nun sie werden sie noch früh genug kennenlernen. Sie in Beloxi zu ihnen stoßen. Sie besitzt ebenfalls einen Doktortitel in der Biologie und ist eine ausgezeichnete Genetikerin und kennt sich auf dem Gebiet der Tierwissenschaft äußerst gut aus. Deshalb könnte sie mehr als nur eine große Hilfe sein« Das waren ja wirklich sonderlich viele Information, aber bei seiner Beschreibung der Person, musste ich schlagartig an Casey denken. Sie war in den selben Bereichen tätig. Aber sicherlich war sie es nicht, auf die wir treffen würden. So viel Zufall war gar nicht möglich. Dennoch hoffte ich inständig sie so bald wie möglich wiederzusehen.
Delavenne baute sich nochmals vorne auf und es kam mir vor, als wären wir nun am Ende dieser...Versammlung oder was auch immer das war angekommen. »Irgendetwas geht mit Sicherheit da draußen vor sich. Wir wollen, dass sie gemeinsam herausfinden, was es ist. Bevor es zu spät ist.«

Mothercell [1] | j. ozWo Geschichten leben. Entdecke jetzt