Kapitel 13 - Schmerzliche Trennung

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Es war Nacht. Um genau zu sein war es 3.40 Uhr. Seufzend wälzte ich mich von einer auf die andere Seite und versuchte meine Augen zu schließen, um endlich schlafen zu können, aber es funktionierte nicht. Die Sache mit den Füchsen, die Löwenangriffe und dann dieser Vogelschwarm...ich konnte an nichts Anderes mehr denken. Und dann diese Dinge, die Arthur in das Notizbuch geschrieben hatte. Es ergab alles keinen Sinn für mich. Auch meine biologischen Kenntnisse und mein Wissen, was den medizinischen Bereich von Tieren anging, half mir in keinster Weise weiter. Ab und zu konnte ich einzelne Fetzen aufschnappen, aber das einzige was ich wirklich zustande gebracht hatte, waren drei Tierarten, die auf den hinteren Seiten fast unlesbar skizziert waren: Cnidaria, also Nesseltiere, Machairodontinae, Säbelzahnkatzen und Squamata, die Gattung der Schuppenkriechtiere. Keine Ahnung was das zu bedeuten hatte und weshalb sie in dem Buch standen. Ich fuhr mir durch die Haare und richtete mich auf. Schlafen konnte ich ja sowieso nicht, vielleicht hilft ja ein Glas Milch.
Ich tapse barfüßig über die Flurfliesen in die Küche und nahm mir einen Beutel Milch aus dem Kühlschrank und ein Glas. Das kalte Getränk tat gut, doch müder war ich dadurch auch nicht geworden. Wer hätte es auch gedacht?
Nachdem ich das Glas vollends ausgetrunken und in die Spüle gestellt hatte, ging ich hinaus und entdeckte auf dem Weg zurück in mein Zimmer, das aus Theos Arbeitszimmer Licht kam. Was machte er denn um diese Uhrzeit? Hoffentlich saß er nicht immer noch an den Prüfungen. Neugierig schlich ich mich näher.
Aus seinem Schreibtisch tummelten sich nur so die Unterlagen und durch die Berge von Papier und Fotos, sowie Büchern und sonstigem Zeug, konnte man den Computer fast gar nicht mehr erkennen. Nur der Schein des Bildschirms leuchtete durch die einzelnen Ritze. Er hatte ihn noch nicht einmal heruntergefahren. Kopfschüttelnd näherte ich mich der kleinen Couch, auf der Theo lag und tief schlief. Ich nahm eine Decke und deckte ihn sanft zu. Dann drehte ich mich von ihm weg und versuchte das Chaos ein wenig zu beseitigen. Immer wieder fielen mir dabei Bilder von Botswana in die Hand. Ungewollt begann ich zu schmunzeln und musste an die vielen Safaris mit Jackson und Abraham denken.
Auf einmal hörte ich wie Theo hinter mir anfing im Schlaf zu reden. Ich lege die Bilder bei Seite und ging zu ihm. Seine Stirn war von einer feinen Schweißschicht überzogen und sine Augenlider zuckten heftig. Er schien fast so als würde er schlecht träumen. »...Global. Sie haben alle Schuld. Ich bin schuld...« Er redete wirres Zeug und plötzlich liefen ihm Tränen über die Wangen. »Theo? Hey Theo!« Vorsichtig rüttelte ich an seiner Schulter und weckte ihn auf. Er schoss in die Höhe und sah hektisch um sich. Dann packte er mich mit einem Mal an den Schultern und sah mir mit verstörendem Blick tief in die Augen. »Wir sind schuld. Wir sind schuld daran. Die Tiere...sie sollen die Welt neu bevölkern. Menschen sind nichts wert. Ich habe ihnen geholfen...ich bin schuld daran.« Ängstlich löste ich seinen Griff und drückte ihn zurück auf die Couch. »Theo, beruhig dich.« Ich strich ihm beruhigend über den Rücken und drückte ihn sanft. Das Gerede wurde weniger und er ruhiger. Ich half ihm auf und brachte ihn rüber in sein Schlafzimmer. Er fiel in sein Bett und schlief sofort weiter. Auf seinem Gesicht konnte man die Spuren der getrockneten Tränen noch immer gut erkennen. Was hatte er nur? Noch immer verwirrt lief ich ebenfalls zurück in mein Zimmer und legt mich in mein Bett. Aber ans Schlafen war jetzt nicht zu denken, die Sorgen um Theo überschatteten sogar meine Gedanken an den Angriff.
Völlig gezeichnet von der schlaflosen Nacht saß ich halb dösend am Frühstückstisch und nippte lustlos immer wieder an meinem Kaffee, den Theo mir frisch aufgebrüht hatte. Er stand gutgelaunt am Herd und vollführte mal wieder eine seiner großartigen Kochkünste. Er liebt es in der Küche zu stehen und andere zu bekochen. Allerdings wirkte sie Stimmung, die heute Morgen zwischen uns herrschte irgendwie kühl. Keiner wollte den Anderen auf das ansprechen, was vergangene Nacht vorgefallen war. Ich konnte ihn in gewisser Weise verstehen. Vielleicht war es ihm peinlich, aber das konnte nicht unausgesprochen zwischen uns sein. Während er weiterhin singend und tänzelnd dabei war, Rührei z kochen, räusperte ich mich. Er drehte sich überraschend zu mir herum und sah mich fragend an. »Alles in Ordnung? Nicht das du jetzt krank wirst.« Lachend machte er weiter und verteilte die Eier auf zwei Tellern. Einen davon reichte er mir und den anderen stellte er vor sich. Er verschlang gierig die Portion, ich dagegen stocherte eher lustlos in meinem Essen herum. »Was ist los, Casey?«, fragte er besorgt. »Nichts«, log ich und bereute es im selben Moment, »nein eigentlich ist gar nichts gut. Was war heute Nacht mit dir los?«
Anhand seines Blickes konnte ich schon erahnen, dass dieses Gespräch kein leichtes werden würde. Er wollte sich von mir abwenden, doch ich schnellte nach vorne und hielt ihn am Arm fest und sah ihn eindringlich, fast flehend, an. »Theo, bitte! Was war los? Du hast geweint.« »Casey, da war nichts. Ich hatte einen Albtraum, mehr nicht.« »Ach ja?«, ich glaubte ihm kein Wort. Er wollte mir etwas vorspielen. »Du hast wirres Zeug gesagt, wie, dass die Tiere die Welt wieder bevölkern sollen und das du oder besser gesagt ihr daran schuld wärt. Ich mach mir doch nur Sorgen um dich. Seit ich die Sache mit dem trotzigen Blick angesprochen habe, bist du so...anders.« Ich legte ihm meine Hand auf die Schulter. Wenn ich jetzt nachgab, würde ich nie eine Antwort bekommen. Normalerweise war es genau umgekehrt und ich war eher die Verschlossene und er war in meiner jetzigen Position. Er seufzte. »Während Arthur und ich mit Robert zusammengearbeitet haben, gab es immer wieder diese Momente, in denen wir dachten, dass wir es endlich geschafft hätten. In denen wir endlich am Ziel angekommen waren doch dann kam immer etwas, was uns zurückgeworfen hat. Dieses eine Mal war kurz bevor wir uns getrennt hatten und sechs Jahre vor Roberts Tod. Wir waren damals ein paar Tagein Oklahoma und haben Experimente an Hauskatzen durchgeführt. Dabei ging es um die Erweckung der kognitiven Sinnesschärfung der Tiere. Wir brauchten Beweise für unsere Theorien. Und wir waren kurz davor, bis Robert der Katze eine Flüssigkeit spritzte. Er wollte uns nicht sagen woher er diese Flüssigkeit hatte. Deshalb wollten Arthur und ich nicht, dass er es ihnen gibt. Wir konnten ja nicht wissen was es für Auswirkungen haben könnte. Aber Robert wollte nicht auf uns hören und tat es trotzdem. Er hat unsere ganze Arbeit ruiniert. Die Arbeit von mehreren Jahren. Wir hatten unsere Ressourcen zur Forschung verbraucht. Es gab keinen Weg das alles neu zu machen. Ich war so wütend. Arthur war wütend. Am selben Abend noch haben wir uns getrennt, in einem heftigen Streit. Jeder ging seinen eigenen Weg und...«, er stockte und ich merkte, dass es ihm zu schaffen machte und setze mich neben ihn auf einen Stuhl, meinen Kopf auf seiner Schulter, »das Letzte was ich zu Robert Oz gesagt habe war, dass ich es bereue ihn je kennengelernt zu haben, dass er ein grauenvoller, eigensinniger Mensch wäre, der es nicht verdient hätte eine so wundervolle Familie zu haben, für die er sowieso kaum Zeit hatte. Das war das Letzte was er von mir zu hören bekommen hat, bevor er starb. Verstehst du Casey? Ich konnte mich bei meinem besten Freund nie dafür entschuldigen und dass alles nur wegen diesen hirnverbrannten Ideen und Theorien. Ich will einfach nichts mehr damit zu tun haben. Tu mir den Gefallen und lass mich bitte mit Fragen oder Dingen darüber in Ruhe. Es ist nur zu deinem Schutz.«

Mothercell [1] | j. ozWo Geschichten leben. Entdecke jetzt