Kapitel 4 - Abschied

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PoV Jackson

»...große entopische Krisen durch Vulkane, Gletscher, Ozeane, globale Rückentwicklung, Massen Extinktionen, katastrophal und verheerend... wir ignorieren ja sogar den trotzigen Blick...«

Mein Kopf dröhnte als ich aufwachte und die Stimme meines Vaters im Hintergrund machte es auch nicht gerade besser. Ich drehte meinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam und erblickte Daniel, der gebannt vor meinem Laptop saß und sich die alten Videos meines Vaters ansah. Genervt schloss ich die Augen wieder. Er sollte sich diese Videos nicht ansehen sonst endet er genauso wie Robert. Aber es hätte sowieso keinen Sinn gemacht sich mit ihm darüber zu streiten. Außerdem schmerzte mein Kopf und drohte beinahe zu platzen. Ich hätte vielleicht ein, zwei Gläser weniger Kentucky trinken sollen. Es war aber immerhin der letzte Abend mit den Schweden und auch Casey würde später zurück nach Stanford fliegen. In den letzten Tagen haben wir ziemlich viel zusammen unternommen und uns so auch besser kennengelernt. Sie ist den Leuten hier im Camp in der kurzen Zeit in der sie hier war ein ganzes Stück ans Herz gewachsen. Inklusive mir, was nicht so oft vorkommt. Ihre Art wie sie mit Leuten umgeht...sie hilft und hört zu und stellt sich dabei nicht in den Vordergrund. Auch für meine Mutter war sie eine große Hilfe in der Klinik. Ja, unserer kleine Doktor Morgan. Ihre Abwesenheit wird sich ziemlich bemerkbar machen.

»Raus aus den Federn, Rafiki.« Abe rüttelte an meiner Hängematte. »Verzieh dich!« nuschelte ich entnervt. »Komm schon, Jackson, ich wollte heute endlich die Funkmodule in Simons Camp bringen und ihm bei der Reparatur helfen. Sonst bin ich immer derjenige, der mit den Frauen abhängt und nun sieht man dich nur noch mit der wunderschönen Miss Morgan zusammen.«  Ich versuchte seine Bemerkungen zu ignorieren um noch für ein paar Minuten meine Ruhe zu haben. Doch stattdessen begann Abe mit einem Löffel auf die Schale in seiner Hand zu hämmern was einen unerträglichen Lärm verursachte. »Du bist immer noch da oder...?« Lachend verzog sich Abe. Ich quälte mich aus der Hängematte und setzte mich auf einen Stuhl um meine Schuhe anzuziehen. Daniel saß immer noch vor meinem Laptop und drehte sich zu mir um. »Was meint dein Vater damit, Jackson? Was ist der trotzige Blick?« »Kleiner das weiß keiner. Das ist Quatsch.« Ich konnte nicht nachvollziehen, warum er sich diese Videos immer wieder ansah. Ich meine ich habe sie mir zweimal angeschaut und es ist nichts dabei rausgekommen. Abe schien zu merken, dass ich keine Lust hatte, über meinen Vater oder seine Theorien zu reden. »Daniel, geh bitte und bringe die Funkmodule schon mal ins Flugzeug.« trug er ihm auf und reichte mir ein Glas. »Was ist das?«, fragte ich skeptisch. »Ein Spezialtrank. Er hilft die Nachwirkungen der Sauferei mit den Schweden zu mildern.« Ich roch an der breiigen Masse und rümpfte die Nase. »Jetzt spiel hier nicht den Softi.«, meinte Abe provozierend. Zögernd setzte ich das Glas an und versuchte das Gesöff in einem Zug runterzukriegen. Während ich trank klärte mich Abe auf, was er da zusammengemischt hatte. »Da ist nur Muskat drin, Zitrone, Traubenkernöl, Kräuter...und zwei gehäufte Esslöffel Paviankot.« Sofort spuckte ich die Flüssigkeit, die ich noch im Mund hatte, zurück in das Glas. Mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und dem Bedürfnis ihm dafür eine reinzuschlagen schaute ich meinen besten Freund an. Abe sah mich nur amüsiert an und lachte. »Ich warte am Flugzeug auf dich.« sagte er und ging. Grad als er aus der Tür war, hörte ich ihn noch halb rufen. »Ahh, Guten Morgen, Miss Morgan.« Ich band meine Schuhe und richtete mich mühsam auf. »Guten Morgen, Abraham. Wie geht es dir?« hörte ich Caseys Stimme. »Gut, jedenfalls besser als Jackson. Der ist noch drinnen.«

Ich schnappte mir schnell mein Basecap, um sie noch zu erwischen und stieß prompt gegen jemanden. »Oh sorry. Geht's?« fragte ich Casey leicht besorgt, die vor mir auf dem Boden saß und perplex zu mir hochsah. Ich konnte nicht anders, als bei ihrem Anblick lauthals los zu prusten. Ihr schien es nicht viel anders zu gehen. Ich bot ihr meine Hand an, die sie ergriff. Schwungvoll zog ich sie zu mir hoch, sodass sie plötzlich doch ziemlich nahe vor mir stand. Unsere Gesichter trennten keine Fünf Zentimeter. Zwanghaft versuchte ich sie nicht anzustarren, was mir allerdings nicht so richtig gelingen wollte. Ihre schokobraunen Augen zogen mich wie jedes Mal in ihren Bann. »Jackson...Jackson?!« Casey fuchtelte wie wild vor meinem Gesicht herum und holte mich so zurück in die Realität. »Entschuldige...was hast du gesagt?« fragte ich nach. Sie legte ihren Kopf schief und sah mich fragend an. »Mein lieber Jackson, ich glaube, dass dir der Alkohol doch nicht so gut tut«, meinte sie mit ernstem Blick und durchbohrte mich förmlich, bis sich ihre Gesichtszüge veränderten und sie sich ein Grinsen nicht mehr verkneifen konnte. Ich kreuzte meine Arme vor der Brust und musste ebenfalls schmunzeln. »Ja, ich glaube da könntest du recht haben.« Sie winkte ab. »Ach Quatsch...eigentlich bin ich gar nicht deshalb hier, sondern um mich zu verabschieden.« Bei Letzterem wurde ihre Stimme immer leiser. Da fiel es mir wieder ein. Der Flug. Casey fliegt heute ja zurück nach Standford. »Ja, ich war gerade auf dem Weg zu dir, bevor Abe und ich rüber zu Simons Camp fliegen.« Ich war ein wenig neben der Spur, durch die Sache mit Daniel vorhin und diesen bescheuerten Kopfschmerzen.

»Ihr fliegt zu Simon? Ist alles in Ordnung?« hakte sie nach. »Abe meint das Funkgerät wäre kaputt. Wir schauen uns das alte Ding mal an und nehmen vorsichtshalber Ersatz mit.« »Ach so, na dann« Etwas Eigenartiges lag in der Luft zwischen uns. Vielleicht lag es ja am nahenden Abschied. Es gab so viel, was ich ihr in diesem Moment sagen wollte. Aber ich tat es nicht. »Also«, begann sie, »ich wollte mich für die schöne Zeit hier bedanken und dafür, dass du mir geholfen hast mit den Informationen und Bildern und so. Das hätte vermutlich nicht jeder einfach so gemacht. Es war wirklich ein einmaliges Erlebnis.« Ich grinste »Mir hats auch sehr gefallen und ich hoffe, dass es vielleicht kein einmaliges Erlebnis bleiben wird...du bist hier jeder Zeit willkommen Casey...und wir...also ich würde mich freuen...dich wiederzusehen.« Als ich das sagte, könnte ich schwören, dass sie leicht rot um die Nasenspitze wurde und sich kleine Grübchen auf ihren Wangen bildeten.

Wir liefen gemeinsam zum Jeep, der sie wieder an den Flughafen bringen würde. Derek war schon bereit und wartete, dass sie endlich fahren konnten. Je näher wir dem Wagen kamen desto langsamer wurden wir. Schließlich schlenderten wir und schwiegen.

»Also dann heißt es jetzt wohl auf Wiedersehen sagen« sie sah auf den Boden und malte Kreise mit ihren Schuhen in den warmen Sand. »Ja sieht ganz so aus.« Ich wusste nicht, was mich dazu bewegt hatte, aber ich ging auf sie zu und umarmte sie. Sie verspannte sich zuerst ein wenig, doch dann erwiderte sie die Umarmung und ich konnte ihre Hände auf meinem Rücken spüren. Es war nicht von Dauer und wir lösten uns und grinsten beide verlegen.

»Miss Morgan?« rief Derek. »Wir müssen los, sonst verpassen sie noch ihren Flug.« »Ähm ja ich komm sofort. Einen Moment noch« Sie sah mich an und lächelte. »Bis bald Jackson Oz. Und nimm dich vor den Löwen in Acht und sei vorsichtig« sie machte einen verschwörerischen Gesichtsausdruck und stieg in den Wagen ein. »Mach ich, keine Sorge. Meld dich wenn du gelandet bist. Und viel Spaß beim Informationen sortieren.« Für diesen Spruch hätte ich mich selbst ohrfeigen können. So ein Mist. Sonst fiel mir doch auch was Besseres ein.

Ein letzter Blick und ein letztes Mal sah ich ihr Lächeln, bis der Jeep davonfuhr. Ich stand noch eine Weile da, sah ihnen nach, bis sie in der Ferne verschwanden und ich mich auf zum Flugzeug machte, an dem Abe schon auf mich wartete.

Mothercell [1] | j. ozWo Geschichten leben. Entdecke jetzt