Kapitel 5 - Angriff der Löwen

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PoV Jackson
»Wenn wir in Simons Camp sind, dann rede ich mit ihm mal über Daniel. Er hat sehr große Träume. Er möchte so ein Wissenschaftler werden wie er große Robert Oz.« erzählte mir Abe während wir mit dem alten Flugzeug des Camps zu Simon flogen, »Er fragt andauernd wieso. Wieso ist der Himmel blau? Wieso kann das Flugzeug fliegen? Wieso brüllt der Löwe? Ich bin eher auf Vergnügen aus. Ich frage lieber wann. Wann kriege ich mein nächstes essen, wann meinen nächsten Drink, Wann kriege ich meine nächste Frau?« Das war wieder typisch Abe. »Ich frage lieber Wie. Wie kriege ich dich dazu die Klappe zu halten?« Abraham lachte nur. Er wusste wie ich das meinte. »Wenn Daniel wirklich Wissenschaftler werden will, sollte er sich nicht diese Videos ansehen.«, meinte ich kopfschüttelnd. »Das ist alles Unsinn. Aussterbewellen, Dinosaurier und...Diese Videos dokumentieren nur, wie ein brillanter Mann den Verstand verliert.« »Wie du mal gesagt hast, die Menschen sind unbegreiflich, bei Tieren weiß man immer woran man ist. Mein Freund, Jackson Oz! Der Philosoph des Okavango Deltas.« prahlte Abraham gespielt und grinste.

»Tiere sind berechenbar

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»Tiere sind berechenbar. Sie wollen Nahrung, sie wollen Schutz und sie haben kein Ego, sie haben keine Selbstzweifel...« »Und sie begehen keinen Selbstmord.« vollendete Abraham meinen Satz. Getroffen sah ich nach unten zum Boden. Er spielte auf meinen Vater an, der sich vor zwei Jahren das Leben genommen hatte. »Genau. Das tun sie auch nicht.«
Wir landeten unmittelbar in der Nähe des Camps. Ich schnappte mir einen Rucksack und schulterte ihn locker, während Abe die Kiste mit den Funkmodulen trug. Er lief durch das hohe Gras voraus.
»Wo bleiben die Mädchen? Ich möchte begrüßt werden mit heißen Handtüchern und kalter Limonade.« Ich versuchte mit ihm Schritt zu halten und sah mich um, konnte aber niemanden entdecken. »Vielleicht hatten sie dich und dein übermäßiges Flirten einfach satt.« neckte ich ihn. Er sah mich nur seufzend an. »Die Safaribusse und Jeeps sind jedenfalls weg.« stellte ich fest. »Aber die Zimmermädchen und Küchenpersonal...Die müssten doch hier sein oder zumindest Arthur mit seinem verletzten Fuß.« Da fiel mir das vorige Gespräch mit meiner Mutter ein. »Ne, dem geht's wieder gut. Der ist bestimmt schon über alle Berge. Und um die Uhrzeit müsste Simon auf Safari sein, mit seinen französischen Besuchern«, erklärte ich. »Banditen?« »Es gibt hier schon seit Jahren keine Banditen mehr«, informierte mich Abe und lief schnurstracks weiter.
Wir erreichten die große Gemeinschaftshütte. Auf der Terrasse standen noch die Reste des Frühstücks, was mich stutzig machte. Das Meiste sah noch nicht mal angerührt aus. Abraham ging direkt zum Funkgerät, um die Funkmodule abzustellen. Er werkelte ein wenig daran herum. »Ich bin mir sicher, es gibt für alles eine einfache Erklärung.« Ich kratzte mich am Kopf.
Da Abe beschäftigt war, machte ich es mir zur Aufgabe, irgendjemanden von dem Camp zu finden. Als ich durch die Hütte und über die Terrasse lief, fiel mir eine am Boden liegende Videokamera auf. Ich hob sie auf und schaltete sie ein. Der Bildschirm wurde blau und ich spulte vor, bis ein Mann erschien. Noch immer konnte ich mir nicht vorstellen, was passiert war, deshalb beschloss ich Abe von meinem Fund zu berichten. »Abe, sieh dir das an. Die Kamera lag vorne auf der Terrasse.« Wir beugten uns über das kleine Display und ich startete das Video. Der Tourist im Zentrum des Bildes begann zu reden. »Jan und ich haben einen ziemlichen Sonnenbrand. Aber du solltest die Französin mal sehen...die ist heute noch fällig...« Damit schweifte de Kamera zur Seite. Es ertönten Schreie und Löwengebrüll. Das Gerät fiel zu Boden und das Video wurde unterbrochen. Abraham sah mich fragend an. Ich erwiderte seinen Blick. Was war hier eigentlich los? »Sie scheinen das Camp verlassen zu haben. Lass uns ums Camp gehen, vielleicht finden wir ja doch noch jemanden und dann sollten wir deinen Cousin suchen. Wenn er noch unterwegs ist, sollte er wissen, was hier los ist.« Abe nickte stumm und wir machten einen Rundgang um das Camp. Aber die Suche blieb ergebnislos. Wir konnten niemanden finden. Ich weiß nicht, ob ich froh darüber sein sollte, aber was wir fanden, war ein einzelner Jeep. Die restlichen waren fort. Möglicherweise hatten sie das Camp ja auch mit den Jeeps verlassen. Wir beschlossen also mit dem, statt mit dem Flugzeug nach Simon zu suchen. Ich packte Gewehre mit ein, die ich in Simons Hütte entdeckt hatte. Zwar hoffte ich inständig, dass wir sie nicht benutzen müssen, aber sicher ist sicher. Man weiß nie was noch auf einen zu kommt.
»Können wir fahren?«, fragte ich Abe, der am Boden kniete. »Da ist Löwen Kot. Und Spuren.« Er deutete auf die Fußspur eines einzelnen Löwen. Sonst gab es im gesamten Camps keine, dass wäre mir aufgefallen. »Das war nur ein Löwe...aber wenn ein einzelner Löwe hier in das Camp kommt, würde niemand so ausflippen. Schon gar nicht, wenn Simon hier wäre. Der hat immer alles im Griff.« Das Ganze kam mir immer komischer vor. »Ja...«, meinte Abe, »aber was war es dann?«
Wir fuhren in Richtung Okuti Camp, also gen Westen. Das war die Strecke, die Simon seinen Gästen am liebsten zeigte, da man hier reichlich Leoparden und Elefanten beobachten konnte. Doch als wir ihn nach einer Stunde Fahrt durch die Savanne immer noch nicht antrafen, meinte ich, dass wir umkehren sollten. Er hätte ja auch eine andere Route nehmen können. Allerdings bestand Abe darauf, weiter zu fahren. Ich nickte nur und überlegte derweilen, was in der Msisimko Lodge passiert sein könnte.
»Ich hab darüber nachgedacht, was du mir mal über die URA erzählt hast.« Er sah mich überrascht an. »Die Rebellenarmee? Ja, was ist mit denen?« »Du hast gesagt, wenn die ein Dorf überfallen, dann gehen sie im Gänsemarsch. Dadurch hinterlassen sie nur eine Fußspur und keiner erfährt, wie viele an dem Angriff tatsächlich beteiligt waren, richtig?« Abwartend sah ich zu ihm. »Ja...Und?« Er schien nicht zu begreifen, worauf ich hinauswollte. »Was wäre...naja, was wäre, wenn nicht nur ein Löwe die Menschen aus Simons Camp verjagt hätte, sondern mehrere. Im Gänsemarsch.« »Na klaar«, antwortete er schmunzelnd. »Und dann haben sie Reise nach Jerusalem gespielt.« Ich seufzte. »Ja...ja du hast recht. Das ist lächerlich.« Das war es wirklich. Ich fragte mich, wie ich nur auf solche hirnverbrannten Ideen kommen konnte. Das muss von meinem Vater auf mich abgefärbt haben, dieses Aufstellen von verrückten Theorien. Ich sah zur Seite nach draußen, in der Hoffnung den Safaribus zu finden.
Nach weiteren Minuten entdeckten wir ihn dann schließlich im hohen Savannengras. Kein Mensch war weit und breit zu sehen. Das an sich war eigentlich nicht ungewöhnlich,da man bei Safaris oft den Bus verließ, um sich die Tiere näher anzuschauen. Die Gäste sollten ja möglichst viel sehen können. Der Fahrer jedoch, sollte im Wagen sein. Wir stiegen aus,nahmen aber vorsichtshalber noch die Gewehre mit.

Wieder sah ich mich um

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Wieder sah ich mich um. Keine Spur von Simon und der Truppe. »Kommst du Rafiki?« Abe war schon etwas in Richtung Bus gelaufen und sah mich ungeduldig an. Ich nickte gedankenverloren und gemeinsam gingen wir durch die Schneise, die der Bus durch das hohe Gras geschnitten hatte.
Als wir in die Nähe des Busses gekommen waren, hörten wir ein gequältes Stöhnen. Sofort rannte Abraham los und rief etwas in Setswana, das ich nicht verstand. Ich entschied mich hier zu warten und Ausschau nach Tieren zu halten und gab Abe so Rückendeckung. Was war denn nur passiert und vor allem, wo war der Rest der Gruppe? So langsam machte sich ein ungutes Gefühl in mir breit. Das konnte nichts Gutes heißen.
Es raschelte neben mir im Gras. Ruckartig drehte ich mich zur Seite und richtete meine Waffe auf die sich bewegende Stelle. Ich konnte nichts entdecken. Mir lief es eiskalt den Rücken runter und ich sh unsicher zum Bus hinüber, in dessen Inneres Abe verschwunden war. Da krallte sich plötzlich etwas in meinen Arm und zog mich zu Boden.

PoV Casey
Gelangweilt ließ ich meinen Blick über die helle Wolkendecke gleiten. Die Sonne stand sehr hoch und hüllte alles in eine warme, angenehme Atmosphäre. Ich blieb an einem Vogel hängen. Eine schwarze Krähe. Sie glitt sanft neben dem Flugzeug her. Verwundert nahm ich meine Kamera und hielt den Anblick fest. Dass Vögel so hoch oben fliegen kommt schon das eine oder andere Mal vor, aber es sind wenn dann Zugvögel oder Sperbergeier. Eine normale Krähe wie diese fliegt höchstens bis zu 2000 Meter über dem Normalhöhennull. Ich betrachtete sie, bis sie sich plötzlich fallen ließ, in den Sturzflug ging und aus meinem Sichtfeld verschwand.
Ich hasste Flugzeuge. Die Aussicht war zwar zeitweise wunderschön, aber die lange Zeit, die man in diesen öden Metallkisten verbringen musste, ließ sich manchmal einfach nicht todschlagen. Seufzend griff ich nach meinem Handy und warf einen Blick auf den Bildschirm. Nichts. Ein bisschen enttäuscht öffnete ich meine Nachrichten. Jackson hatte mir bis jetzt weder geantwortet noch zurückgerufen. Ich hatte irgendwie darauf gehofft, obwohl ich ja wusste, dass er höchstwahrscheinlich in einem Jeep sitzt und durch die Savanne streift. Sein leichtes Grinsen schlich sich unbewusst auf meine Lippen. Jackson Oz, der Safariguide aus Botswana. Gedankenverloren starrte ich auf mein Hintergrundbild. Das Bild war an jenem Abend entstanden, als wir gemeinsam mit Abe und Claire zu Abend gegessen hatten. Wir beide lächelten ziemlich erschöpft in die Kamera. Es ist eine schöne Zeit gewesen. Ich strich über das Display um noch eine Weile in meinen Erinnerungen zu schwelgen, bevor ich zurück nach Hause kam und der stressige Alltag wieder seinen Lauf nahm. Mir graute es etwas davor, obwohl ich mich unglaublich freute, Theodore wieder zu sehen.
Mein Handy fing an zu vibrieren und ich zuckte zusammen. St. Christin Hospital. Ich spielte mit dem Gedanken es einfach zu ignorieren, drückte dann aber widerwillig doch auf den grünen Hörer. »Morgan?« »Guten Tag, Miss Morgan. Doktor Whilhite hier«, kam es aus meinem Smartphone. »Hallo Doktor. Wie kann ich ihnen helfen?«, ich versuchte mich zusammenzureißen und einigermaßen angebracht zu reagieren. »Nun, es tut mir leid, falls ich sie in ihrem Urlaub störe, aber ich wollte mit ihnen über den Zustand ihrer Mutter sprechen. Die Medikamente, mit denen wir sie momentan behandeln schlagen deutlich besser an als wir erwarten. Auch die Psyche ihrer Mutter stabilisiert sich allmählich. Ich denke, wir könnten in einigen Wochen das Abschlussgespräch führen.« Jeder andere hätte sich gefreut zu hören, dass es seiner Mutter bessergeht, aber die Euphorie hielt sich bei mir in Grenzen. »Ja...ähm das sind doch gute Neuigkeiten«, versuchte ich meine Aufgewühltheit zu überspielen. »Hören sie, ich sitze gerade noch im Flugzeug und ich muss auflegen, weil wir jetzt landen«, hoffentlich konnte ich ihn so abwimmeln. Ich konnte und wollte jetzt nicht über meine Mutter sprechen. »Kein Problem, Miss Morgan. Ich werde mich in den nächsten Tagen nochmal bei ihnen oder Mister Jameson melden. Dann können wir weiteres besprechen.« »Alles klar...dann auf Wiederhören.« Schnell und ohne auf eine Antwort seinerseits zu warten legte ich auf und ließ meinen Kopf seufzend in den Sitz zurückfallen. Ich atmete tief durch und fuhr mir durch die Haare, als mir ein schwarzer Fleck neben dem Flugzeug ins Auge stach. Verwundert rückte ich näher ans Fenster. Hunderte oder sogar tausende Vögel flogen dicht um das Flugzeug herum. Das war eigentlich nicht normal. Normalerweise fliegen sie gar nicht in solchen Höhen und schon gar nicht in Schwärmen. Stirnrunzelnd setzte ich mich aufrecht hin, als der Pilot begann seine Durchsage zu machen. »Sehr geehrte Fluggäste, wir beginnen in Kürze den Landeanflug auf den San Francisco International Airport. Bitte bleiben sie solange angeschnallt sitzen, bis die Anschnallzeichen über ihnen erloschen sind.«

Naaaaa, wie gefällt's euch bis jetzt???

Mothercell [1] | j. ozWo Geschichten leben. Entdecke jetzt