Kapitel 6 - Wieder daheim

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PoV Casey
Schnellen Schrittes trugen mich meine müden Füße durch den Gang des Flugzeuges. Mit einem freundlichen Lächeln und einem kleinen Päckchen Gummibärchen wurde ich von den Stewardessen verabschiedet. Die entschuldigten sich noch ein weiteres Mal für die Komplikationen während der Landung. Offen gesagt war ich froh heil auf dem Boden angekommen zu sein und musste zugeben, dass wir schon großes Glück gehabt haben. Es hätte durchaus auch anders ausgehen können. Der Vogelschwarm wurde, je näher wir dem Boden kamen, erneut dichter und hatte den Piloten im Cockpit die Sicht versperrt. Er hat sich wie eine Decke um das gesamte Flugzeug gelegt. Es war alles dunkel, als wäre es Nacht, dadurch ist das Flugzeug für kurze Zeit vom Kurs abgekommen und auf die Bahn eines anderen Flugzeuges geraten, dass uns rechtzeitig gesehen hatte und nicht gestartet ist. Wir wurden alle ziemlich heftig durchgeschüttelt. Die meisten Passagiere bekamen Panik und schrien. Aber dann wie aus dem Nichts verschwanden die Vögel allesamt wieder und die Piloten konnten das Flugzeug ohne Probleme landen. Es war wirklich sehr merkwürdig. Sowas hatte ich noch nie erlebt.
Ich war wohl eine der wenigen, die ihre innere Anspannung versteckt hatte und nicht wie alle anderen in Panik ausgebrochen war. Manche Passagiere waren vor wenigen Minuten, sofort nach der Landung verärgert aus dem Flugzeug gestürmt und wollten sich augenblicklich bei der Airline beschweren. Dabei konnte dafür ja niemand etwas. Naja, wahrscheinlich lag es nur an dem Schock, den viele erlitten hatten.
Ich verließ das Flugzeug und machte mich im Flughafen auf die Suche nach meinem Gepäck. Meine Koffer waren unversehrt angekommen und die Bücher und Unterlagen von Arthur heil. Dann hieß es auf zum Zoll. Darauf freute ich mich schon seit der Landung, was natürlich ironisch gemeint war. Ich wusste, dass die Kontrolle der Koffer und Taschen wieder eine halbe Ewigkeit dauern würde. Und meine Vermutung wurde bestätigt, denn ich hatte zusätzlich noch das Glück, dass genau heute genauestens kontrolliert wurde. Der grimmig dreinblickende Mann wollte alles sehen und ich musste Koffer und Taschen öffnen und ausräumen. Dann musste ich mit ihm noch die Formulare für die Bücher und die Mitbringsel durchgehen und kam schließlich eine gute Stunde später aus dem Flughafengebäude. Erleichtert atmete ich die frische Luft ein, nahm meine Sachen und machte mich auf die Suche nach meinem Auto, was sich irgendwo auf dem rammelvollen Parkplatz befinden sollte. Unter so vielen Autos ging mein kleiner Wagen schnell verloren. Doch schließlich fand ich ihn. Ich schloss ihn auf und öffnete den Kofferraum um mein Gepäck unsanft hineinzuwerfen.
Seufzend ließ ich mich auf dem Sitz nieder und startete den Motor. Er lief nicht glatt, sondern holprig und ungleichmäßig. Ich sollte ihn unbedingt mal in die Werkstatt bringen.
Die Fahrt nach Hause verlief relativ langweilig und als ich dann in den Feierabendverkehr kam und ein Stau dem nächsten folgte, zappte ich die unterschiedlichen Radiosender durch, bis ich auf einen ziemlich interessanten Beitrag stieß. »Wir berichten noch einmal über den Vorfall gestern Abend in der Innenstadt von Los Angeles, bei dem zwei ausgewachsene Löwen aus dem Los Angeles Zoo zwei Männer mittleren Alters in der Nähe des Stadtzentrums angriffen. Wie mittlerweile bekannt gegeben worden ist, sind beide Männer noch in der Nacht im Krankenhaus an ihren Verletzungen gestorben. Die Zooleitung und auch ihre Pfleger sind schockiert und überprüfen momentan die Sicherheitsbedingungen auf dem gesamten Zoogelände. Die Tiere waren vermutlich am Nachmittag aus dem Zoo ausgebrochen. Genauere Informationen liegen uns leider noch nicht vor, doch wir werden sie auf dem Laufenden halten.« Was? Schockiert von dem, was ich da gerade mitbekommen hatte, starrte ich auf die Straße und übersah vor lauter Gedanken die Ampel, die gerade auf Grün umgesprungen war. Erst das Hupen der hinteren Wägen riss mich zurück in die Realität. Schnell drückte ich auf das Gaspedal und fuhr weiter. Einen solchen Ausbruch von Zootieren gab es schon seit Jahren nicht mehr. Die Tiere im Zoo sind normalerweise auch nicht aggressiv, das habe ich durch die Zusammenarbeit mit ihnen während einer der Studien für die Uni mit eigenen Augen gesehen. Erst die Sache mit den Vögeln und jetzt das. Ich bin wohl zur richtigen Zeit zurückgekommen.
»Theo? Theodore?« Lächelnd schloss ich die Tür auf und betrat die Wohnung. In der Garderobe hängte ich meine Jacke auf und trug dann meine Sachen in mein Zimmer. »Theo?« Die Wohnung war leer. Ich ging durch alle Zimmer und stieß in seinem Arbeitszimmer auf eine kleine Notiz. Bin nochmal kurz weg. Hoffe du kommst nach mir.
Tja, das war wohl nichts mein Lieber. Ich grinste und lief zurück in mein Zimmer um schon mal anzufangen die Taschen auszuräumen. Aber zuerst ließ ich mich erschöpft auf mein Bett fallen und starrte gedankenverloren an die Decke. Plötzlich begann mein Handy zu vibrieren. Ich streckte mich und griff in meine Jackentasche um es herauszuholen. Der Bildschirm leuchtete und zeigte eine Nachricht an. Sofort war ich hellwach und entsperrte ihn um die Nachricht zu lesen. Nur war es leider nicht wie erwartet Jackson. Es war eine allgemeine Rundmail vom Labor, wegen der neuen Aufträge von Raiden Global, die die obere Abteilung der Wissenschaftsleitung ab morgen entgegennehmen würde. Sie suchten anscheinend noch weitere Wissenschaftler. Ich seufzte. Ich hielt von den Experimenten von Raiden Global nichts und wollte mich eigentlich auch da raushalten, allerdings gab es eine ordentliche Draufzahlung und Zusatzgehalt, was ich wirklich gut gebrauchen könnte. Ich werde also nicht hauptsächlich an den Experimenten mitarbeiten, sondern nur die Verwaltung der gesamten Hilfsmittel und sonstigen Sachen machen.
Im Hintergrund lief leise etwas Musik mit, während ich auf dem Boden meines Arbeitszimmers saß und die Unterlagen von Arthur durchging. Ab und an druckte ich auch die eine oder andere eigene Aufnahme aus. Ich wollte Theo etwas unter die Arme greifen, da es so schon in der Universität einiges zu tun hatte. Und zudem machte es mir äußerst viel Spaß die Notizen von Arthur, Robert und Theo durchzugehen. Die Sache mit dem trotzigen Blick und der Tierapokalypse war schon etwas sehr weit hergeholt, aber an manchen Stellen war es gar nicht mal so abwegig. Wie ich so da saß und in die Notizen vertieft war, bekam ich nicht mit, wie die Haustür geöffnet wurde und eine Person sich mir näherte, in der Hand einen riesigen, wundervollen Blumenstrauß.
»Wen haben wir denn da?« Erschrocken fuhr ich herum. Meine Lippen formten sich zu einem breiten Grinsen, als ich sah wer da stand. Ich sprang auf und fiel ihm um den Hals. »Nicht so stürmisch, Kleine. Bin ja nur ich.« Sein tiefes, raues Lachen vibrierte an meinem Ohr und kitzelte. Ich seufzte. »Nur du? Du bist ja wohl mehr als nur du.« Sanft schälte ich mich aus seinem Griff und sah begeistert auf den riesigen Blumenstrauß. »Sind die für mich? Oder etwa für Jelly von der Verwaltung?« Schelmisch grinste ich ihn an. Er hasste es abgrundtief, wenn ich Anspielungen auf Jelly machte. Jelly Konrads war nämlich die leitende Vorsitzende der Verwaltung für die Bibliothek in der Universität. Sie war damals mit Theo in der Schule und warfen sich noch heute diese unverwechselbaren Blicke zu, wenn sie sich sahen.
»Obwohl das eine ausgesprochen gute Idee wäre, sind die«, er reichte mir den Strauß, »für dich.« Ich nahm den Strauß und staunte erst einmal über das Gewicht. Seit wann waren Blumen so schwer? Es war ein farbenfroher Sommerstrauß mit den unterschiedlichsten Sorten von Saisonblühern. »Danke...die sind wirklich wunderschön. Ich stell sie mal in eine Vase. Die bekommen einen Ehrenplatz auf meinem Schreibtisch.« Fröhlich lief ich in die Küche und durchforstete die Schränke nach einer passenden Vase. Theodore folgte mir. »Jetzt kommt wenigstens mal etwas Farbe in dein Zimmer. Nur schwarz und weiß...grauenvoll. Du solltest dir wenigstens farbige Vorhänge besorgen.« Er schüttelte sich gespielt und nahm mir das schwere Glasgefäß, das ich gerade aus dem Schrank geholt hatte und mit Wasser gefüllt hatte, ab. »Sag mal Casey, was hältst du davon, wenn wir ins Diner gehen, um deine Rückkehr zu feiern«, rief er mir aus der Küche zu, während ich die Blumen auf meinem Tisch platzierte. »Hört sich gut an. Ich zieh mich nur schnell um«, meinte ich und schloss die Zimmertür.

Mothercell [1] | j. ozWo Geschichten leben. Entdecke jetzt