[26] Am seidenen Faden

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Astrids Sicht

Völlig erschöpft landeten unsere Drachen auf unserer alten Heimatinsel. Trotz der Anstrengung suchte ich aufmerksam die Umgebung nach Haudrauf, der uns in Empfang nehmen sollte, ab. Wenige Atemzüge später kam er aufgeregt um eine Hausecke auf uns zugerannt.

"Endlich seid ihr wieder da! Habt ihr die Zutat?", fragte er uns sofort leicht atemlos.

In seinen Augen stand große Hoffnung, welche wir glücklicherweise nicht zerstören mussten.

"Ja, haben wir. Wir haben endlich alles beisammen!", antwortete Fischbein voller Vorfreude, Hicks bald endlich wieder bei sich haben zu können.

Ich spielte kurz mit meinen Fingern, um mich abzulenken. Bald kann ich den Drang nicht mehr zurückhalten, Hicks endlich nur für mich zu beanspruchen, dachte ich schief grinsend und lächelte in mich hinein.

Wenige Augenblicke später kam auch schon Gothi auf Ohnezahn sitzend zu uns geflogen und sah uns reihum an. Sie begrüßte uns mit einer kurzen Handgeste und Ohnezahn Gurte erfreut auf.

"Es kann endlich losgehen, Gothi", befahl Haudrauf keine Zeit verlierend.

Daraufhin nickte die alte Dame nur entzückt und deutete mit zittriger Hand auf ihren Hexenschuppen. Wir folgten ihr wortlos in die Lüfte und landeten auf der stabilen Plattform vor ihrer Hütte. Unsere Drachen schüttelten sich vom langen Flug und kauerten sich bequem auf den Boden, nachdem wir von ihnen abgestiegen sind. Ohnezahn stupste mich aufgreget an und ich kraulte ihn kurz. Mein Blick bleib am Kessel hängen, welcher schon wie wild brodelte. Alle Zutaten schwappten schon umher, nur das Sonnenmoos fehlte noch.

"Dann wollen wir mal Hicks retten!", sprach Fischbein hocherfreut und entknotete den Kräuterbeutel von Fleischklops' Sattel.

Sogleich nahm Gohti die kostbare Pflanze aus Fischbeins großen Händen und ließ sie in den Topf fallen. Eine blassgrüne Dampfwolke entstand, welche sich mit der Luft verwirbelte. Interessiert verfolgte ich das Wunder mit. Zum Glück haben wir Gothi. Keiner kann bessere Heiltränke brauen als sie, kam mir der dankbare Gedanke.

Plötzlich klapperte die alte Damen mit ihrem Stock auf dem Holzboden herum und wir sahen alle auf. Sie zeigte Fischbein, dass er wieder übersetzen soll.

"Es wird Zeit. Einer von euch kann Hicks holen gehen", übersetzte Fischbein mit geneigten Kopf.

Gothi nickte kurz und wand sich wieder dem Gebräu zu, welches sie mit beiden Händen umrührte. Sofort setzte sich Haudrauf in Bewegung und ging in das kleine Häuschen hinein, nur um einige Atemzüge später mit Hicks auf seinen Armen wieder zu uns zu kommen. Hicks' Gesichtsfarbe glich die eines Geistes und sein Körper machte eher den Eindruck nach einem frisch gefallenen Engel, als nach den eines starken Drachenreiters. Mein Mund formte sich zu einer dünnen Linie und ich musste hörbar schlucken. Unausgesprochene Vaterliebe spiegelte sich in Haudraufs Augen wider und er wickelte den Jungen noch fester um die Lederdecke.

"Wohin?", fragte er nur besorgt.

Die alte Dame deutete kurz mit einem Finger auf eine Holzbank und widmete sich sofort wieder dem Kessel zu. Haudrauf tat, wie ihm gehießen wurde und er legte Hicks vorsichtig auf dem Mobiliar ab. Sogleich rutschte die wohl eiskalte Hand von der Holzkante hinunter.

"Mein Sohn!", rief Haudrauf leicht erschrocken und alle Blicke schnellten zu ihm herum.

Er fing Hicks' linken Arm auf und legte ihn vorsichtig auf seiner Brust ab. Mit zittrigen Händen fuhr er behutsam über sein Gesicht, wand sich jedoch nach einiger Zeit wieder ab und stellte sich danach neben mich.

Dragons, ein neuer Kampf beginntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt