Kapitel 2 - Dean

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Der erste Schultag nach den Sommerferien war der beste, fand Dean. Er konnte all die Leute wieder treffen, die er in den Ferien aus den Augen verloren hatte, konnte mit seinen besten Freunden über missglückte Frisuren lachen und endlich wieder mit seinem Team abhängen.
Das einzige, was Dean eigentlich störte, war der Unterricht.

„Dean!"

Seine beste Freundin Kyara rannte an ein paar peinlich berührten Neuntklässlern vorbei auf ihn zu und sprang ihn mitten auf dem Flur an. Da kannte sie keine Grenzen.

„Immer langsam, Ky!", rief er lachend und stellte sie vorsichtig wieder auf dem Boden ab.

„Von wegen langsam! Ich hab dich wochenlang nicht gesehen! Was gibt's Neues?"

Gesehen hatten sie sich zwar nicht, aber er war mit ihr in diversen Gruppenchats, wo alle ihre Neuigkeiten posteten. Wenn es also welche gäbe, dann wüsste sie sie. Kyara zog ihn in eine ruhige Ecke und flüsterte: „Ich hab gehört du und Alex habt Schluss gemacht?"

Wie gesagt, sie wusste sowieso schon alles und fragte nur der Form halber. Er stöhnte. „Wo zur Hölle ist Lemon?"

„Vergiss Lemon und erzähl mir haarklein, was passiert ist."

„Kyaraaaaa-"

Sie griff in ihre Handtasche und zog eine Dose Eiskaffee für ihn heraus. Bestechung funktionierte bei ihm leider ziemlich gut.

„Na schön. Er ... er meinte es nicht ernst, okay? Er wollte nur mit mir ins Bett."

„Dämliche Basketballspieler, die sind alle gleich", murmelte Kyara mitfühlend. „Geht's dir gut?"

„Sobald ich Lemon eine verpasst habe, ja", erwiderte Dean und öffnete die Kaffeedose.

Er traf Lemon in Mathe, wo er sich neben ihn setzte, ein paar andere begrüßte und dann Lemon unverwandt anstarrte. Lemon hieß eigentlich Leonard, aber er war eigentlich ständig angenervt und sauer, daher der Spitzname. Außerdem war Lemon Deans bester Freund auf der Welt.

„Was?!", fragte Lemon, als Deans Gestarre ihm unangenehm wurde.

„Du hast Kyara das mit Alex erzählt."

Er versuchte wenigstens nicht, es zu leugnen. „Sie ist ein Vampir, Dean, sie saugt dir die Geheimnisse einfach aus!"

„Aha!"

„Wir haben sie mit ihrer Mum bei Olive Garden getroffen und sie hat nicht lockergelassen, also hab ich ein Opfer gebracht und -"

„Du hast mich geopfert, Lemon!"

„- ein Opfer gebracht und ihr von dir und Alex erzählt. Sei nicht so kindisch, sie hätte es so oder so rausgefunden."

„Meine Herren!", rief vorne Miss Rojas. „Leonard, Dean, ihr wollt es euch nicht direkt mit mir verscherzen, glaubt mir."

„Sorry!", rief Dean und grinste. Er hörte eine Minute lang zu, dann wandte er sich wieder an Lemon. „Ich akzeptiere deine Entschuldigung für unwiederbringlich verletztes Vertrauen und -"

Lemon seufzte hörbar. „Ich meckere beim Mittagessen nicht, wenn du dir das fettigste Zeug holst, einverstanden?"

Dean strahlte ihn an. „Deal."

Dean war nicht ernsthaft sauer auf Lemon, denn was Lemon sagte entsprach absolut der Wahrheit: Kyara hätte es sowieso irgendwann herausgefunden. Und deswegen rechnete er Lemon diesen Deal umso mehr an, denn Dean war in den Ferien bei seiner Tante in Iowa gewesen und hatte da ein bisschen zugelegt. Sein Trainer würde das gar nicht gerne sehen, und Lemon wusste das. Er war so etwas wie Deans unfreiwilliger Ernährungscoach und konnte ihn mit nur einem Blick dazu bringen, die Pommes gegen einen Salat zu tauschen. Viele fanden das irgendwie merkwürdig und nannten die beiden ein altes Ehepaar, aber für Dean war das inzwischen ganz normal. Das mit dem alten Ehepaar nahm er auch gar nicht als Beleidigung auf, auch wenn manche es sicher so meinten. Lemon war ein unersetzbarer Teil seines Lebens und er hatte ihn sehr, sehr gern.

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