Normalerweise verabscheute Dean den Winter. Aber dank Will war nichts mehr normal. Minnesota-Grau war plötzlich eine bunte Farbe. Alles fühlte sich so viel wärmer und besser an, nur weil er wusste, dass Will ihn liebte. Lemon verdrehte jedes Mal die Augen, wenn er Dean sah, weil Deans Dauergrinsen „zum Kotzen" war. Sogar Kyara reagierte mit tiefen Seufzern der Resignation, wann immer Dean Will erwähnte. Und er erwähnte Will ziemlich oft. Aber in ihren und Lemons Augen konnte er das erkennen, was wichtig war: Sie freuten sich aufrichtig für ihn.
Seit Alex ihn letzten Frühling nach dem Basketballspiel geküsst hatte, war er nicht mehr so glücklich gewesen. Doch diesmal lauerte nichts Verborgenes in dunklen Ecken, er brauchte keine Geheimnisse haben und keine Angst, dass Will ihn nur wegen seines Körpers wollte. Es war dieses Mal das genaue Gegenteil. Will war ein Wunder, das gar nicht hätte möglich sein dürfen.
„Und weißt du, normalerweise, wenn du jemanden fragst, wie sein Tag war, dann willst du es nicht wirklich wissen", erzählte Dean bei einem Mittagessen aus Hähnchen und Kartoffelbrei, „aber Will ist anders. Wenn er fragt, dann weiß ich einfach, es interessiert ihn wirklich. Er will alles hören, was ich zu sagen habe."
„Ja, Mann, wir haben's verstanden. Will ist viel zu gut um wahr zu sein, blablabla." Lemon stocherte missmutig in seinem Salat.
„Was ist denn heute los mit ihm?", fragte Kyara grinsend. „Er ist ja noch ein bisschen mieser drauf als sonst."
„Ich kann dich hören, ich sitze genau hier."
„Keine Ahnung", erwiderte Dean und ignorierte Lemon geflissentlich. „Vielleicht sollten wir ihn verkuppeln."
„Das wagst du nicht."
„Och, Lemon." Kyara legte einen Arm um ihn und strich ihm mit der freien Hand die dunklen Haare ein bisschen in die Stirn. „Wir finden schon ein Mädchen für dich. Aus dem Buchclub vielleicht, da gibt's ein paar Zynikerinnen."
Lemon stöhnte. „Hör mal, ich hab gar nicht die Energie für eine Beziehung, ich bin quasi sein Elternteil." Er deutete mit der Gabel auf Dean.
„Er hat recht", meinte Dean achselzuckend. „Er ist heimlich mein Dad, weil er irgendwie ein vierzigjähriger Mann im Körper eines Siebzehnjährigen ist."
„Das kommt erstaunlich gut hin", sagte Alessandro lachend.
„Also." Katherine stützte am anderen Ende des Tisches die Ellbogen auf die Tischplatte. „Wann kriegen wir dein Weltwunder von einem Freund eigentlich mal zu sehen?"
Dean grinste und ging in Deckung. Sie fragten ihn das öfters und es war nur verständlich. Er hatte immer noch kein anderes Foto von Will als das von dem Essaywettbewerb. Er hatte auch selber ein enormes Bedürfnis, von Will mit Selfies zugespammt zu werden und beschloss, das bald in Angriff zu nehmen. Warum er das nicht schon längst getan hatte, fragte ihn nicht nur Katherine. Er war sich nicht ganz sicher aber irgendwo lauerte das Gefühl, dass ihre Beziehung vielleicht darunter leiden würde, normaler werden würde durch alltägliche Dinge wie Handynummern austauschen.
Das ist Unsinn, sprach Will das Offensichtliche aus. Als würde ich dir Nachrichten schreiben, wenn ich hier deine Stimme hören kann.
Will hatte recht, natürlich.
Ist da noch ein anderer Grund?, fragte Will weiter.
Ich weiß nicht ... was, wenn du mich nicht attraktiv findest?
Eine Sekunde herrschte Stille, dann schallte Wills Lachen durch die Verbindung. Er lachte laut und lange und Dean, der in seinem Zimmer auf dem Bett lag, wurde rot.
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Soulmate Voices
Romance>Vielleicht hat das Universum versucht sicherzustellen, dass wir einander finden.< Will und Dean sind sich nie begegnet und haben auch sonst nicht viel gemeinsam. Doch eines Tages hören sie plötzlich die Stimme des jeweils anderen in ihren Köp...