Kapitel 9 - Will

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Will wusste, dass Dean irgendetwas vor ihm verheimlichte. Er war öfters kurz davor zu fragen, überlegte es sich aber immer in letzter Sekunde anders. Wenn Dean es ihm erzählen wollte, würde er es von sich aus tun. Aber das half leider nicht, gegen das immer dichter werdende Geflecht aus Gedanken und Ideen, was es wohl sein könnte. Immerhin hatte Will ziemlich schnell begriffen, dass Dean sich seit der Halloweenparty seltsam verhielt. Da kam schnell die Frage auf, was auf der Party wohl noch passiert war, nachdem Will schlafen gegangen war. Vielleicht war ja Alex aufgetaucht. Oder jemand als Peter Pan. Und Dean hatte das Gefühl, mit Will nicht darüber reden zu können, weil Will die Sache mit Xander ja schon soo gut aufgenommen hatte. Gut, daran war Will selber schuld. Er nahm sich fest vor, sich für Dean zu freuen, wenn der ihm endlich von seiner neuen Eroberung erzählen sollte, auch wenn es sich anfühlen würde, als würde es Will das Herz aus der Brust reißen.

Der November half nicht gerade dabei, Wills Stimmung zu heben. Das Wetter verschlechterte sich täglich, es regnete die erste Woche praktisch ununterbrochen und es wurde kalt. Obwohl Will den Winter lieber mochte als den Sommer und auch lieber Pullis trug als T-Shirts, genoss er es nicht gerade, morgens an Autos mit zugefrorenen Scheiben vorbeizufahren und eine Frostwarnung auf dem Display des Armaturenbretts zu sehen.

Bei Dean in Minnesota war es natürlich noch eine ganze Ecke kälter und Dean beschwerte sich regelmäßig darüber, wie sehr er die Hitze des Sommers vermisste. Auch wenn er sich auf Thanksgiving und Weihnachten freute, Dean war ein Sommermensch.

Wills Leben hatte sich innerhalb der letzten paar Wochen ziemlich gewandelt, das meiste davon war auch gut. Bei ihrem letzten GSA Treffen war jemand neues dazugekommen, ein Mädchen von dem er nur wusste, dass sie in der Theater-AG war. Er hatte als Regel festgelegt, dass niemand sich outen oder seine Sexualität für die GSA offenlegen musste, immerhin sollte es ein sicherer Ort für alle sein. Die anderen hatten es trotzdem getan, Will eingeschlossen. Es hätte sich vielleicht nicht wie eine große Sache anfühlen sollen, immerhin war es für ihn nicht das erste Mal, aber es war das erste Mal vor mehr als einer Person. Trotzdem hatte er diesmal keine Angst. Hätte er aber vielleicht haben sollen.

Jeden Tag sah er seine Flyer, an Wänden, an Spinden, auf Tischen, überall. Die Leute hatten angefangen, sie zu bemalen und Beleidigungen draufzuschreiben. Einige hatten sogar das Bild von Riley verunziert. Das waren die einzigen Flyer, die Will jedes Mal abriss und in den Müll beförderte, weil er sah wie es Raquel zusetzte. Sie hatte den Ruf als Schulschlampe, aber ihr Herz hatte nur an einer einzigen Person gehangen. Riley hatte ihre Gefühle nicht versteckt und es hatte sie in den Tod getrieben. Raquel sagte, sie würde sich das nie verzeihen.

Ich könnte das nie, sagte Dean jeden Tag, wenn Will neue Flyer mitbrachte, um sie aufzuhängen. Hast du gar keine Angst?

Doch, erwiderte Will aufrichtig, während er vor seiner Literaturstunde neue Flyer im Korridor verteilte. Manchmal bestehe ich nur noch aus Angst.

Aber du machst trotzdem immer weiter. Deans Bewunderung war ungefiltert in jedem seiner Worte. Es war wie warme Milch mit Honig an einem der kälteren Abende. Es war pure Geborgenheit.

Ich muss eine Hydra sein, sagte Will. Sie nehmen einen meiner Flyer ab und ich hänge zwei neue auf.

Es war jeden Tag dasselbe Spiel, da war es an sich nur natürlich, dass Dean merkte, wenn Will nervöser war als üblich.

Du hast recht, sagte Will, als Dean ihn darauf ansprach, der Grund ist ... lächerlich, ehrlich gesagt.

Das glaube ich nicht, widersprach Dean. Du fühlst eben was du fühlst, oder? Nichts Lächerliches daran.

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