❥ Kapitel 10

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Auf der Toilette spritzte ich mir erstmal eine Menge kaltes Wasser ins Gesicht, ehe ich noch für kleine Mädchen ging. Die Beiden da draußen wollten mich bestimmt nur auf den Arm nehmen, erlaubten sich einen kranken Scherz mit mir. Hexen. Das ich nicht lache. So etwas gibt es doch gar nicht. Außerdem, wenn Mary eine gewesen wäre, hätte sie es mir bestimmt gesagt. Oder?

Vor der Damentoilette warteten schon Magnus und Neil auf mich. Angeregt und mit leiser Stimmlage unterhielten sich, doch sobald ich näher an sie herantrat, kehrte Schweigen ein. Dafür das sie mir gerade so etwas Großes eröffnet hatten, waren sie immer noch immer Geheimniskrämer.

»Warum steht ihr hier wie Bodyguards herum?« Fragend schaute ich zwischen den Beiden hin und her. Sie deutete nach hinten, wo eine Mitarbeiterin stand. Diese hatte die Hüfte in die Hände gestemmt und blickte uns verärgert an. »Man wirft uns raus, gleich steigt hier eine Party. Natürlich nur für geladene Gäste«, gab Magnus mir die Antwort. Neil zuckte mit den Schultern, als ich ihm einen Blick zuwarf. »Also ich habe gesagt wir wären eingeladen, aber man wollte uns nicht glauben.«

Bevor wir unser Gespräch fortsetzten, konnten wurden wir von der Mitarbeiterin aus dem Restaurant gescheucht. Wenigstens hatte ich diesmal meine Sachen dabei. Schnell warf ich mir meinen Mantel drüber und versenkte meine Hände in den Taschen. »Wie wäre es mit einem Kaffee?« Mit schief gelegtem Kopf blickte ich die Jungs an, die dem Vorschlag mit einem Nicken zustimmten.

Es war ein kleines, gemütliches Lokal, in dem wir uns einige Minuten später niederließen. Nicht allzu viele Leute anwesend und die Bedingung war auch sehr freundlich. In nur weniger als fünf Minuten hatte ich einen brühenden Kaffee vor mir, ebenso Neil. Magnus dagegen hatte sich für einen Kakao entschieden.

Kritisch beäugte ich seine Tasse. »Wirklich? Wie alt bist du, fünf?« Empört schob er die Unterlippe vor. »Es geht nichts über einen guten Kakao!« Belustigt schnaubte Neil, lehnte sich jedoch schon bald zurück und die Ernsthaftigkeit kehrte in sein Blick zurück.

»Also Freya. Was willst du wissen?« Mich wunderte es nicht, dass Neil so schnell zum Thema kam. Er machte auf mich nicht den Eindruck ein großer Redner zu sein, eher jemand der mit dem Kopf durch die Wand ging und dabei nicht viel Worte verschwendete.

Aber er hatte Recht. Was genau hatte ich mir von diesem Gespräch erwartet? All die Fragen, die sich vorhin noch in meinem Kopf gebildet hatten, waren nun verschwunden. Zurückgeblieben war nichts weiter als Leere und Verwirrung. Aber auch ein Hauch Trauer haftete dran. Mary würde mich in diesem Leben nicht mehr in Ruhe lassen, auch nicht mit ihren Problemen.

»Na ja ... ich glaube euch nicht«, rückte ich mit der Wahrheit hinaus. Hörbar schlürfte Magnus an seinem Kakao, während ich mit meinen Fingern über den Rand meiner Tasse fuhr. »Ist ja auch nicht verwunderlich«, warf der Rothaarige in einer kurzen Pause ein. »Mary wollte es am Anfang auch nicht glauben.«

Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen. »Sie hatte es auch nicht gewusst?« Neil schüttelte den Kopf. »Bis ein Dämon ihr Blut probiert hatte, wusste es wohl niemand. Danach haben wir sie unter unsere Fittiche genommen.« Schockiert erwiderte ich seinen ruhigen Blick. »Dämon? Blut?«

Magnus nickte heftig. »Dämonen bevorzugen das Blut von magischen Wesen, Menschen dagegen sind für sie nur mickrige Snacks.« Es war mir weniger um das Blut gegangen, als das Wort Dämon. Dies schien auch Neil aufzufallen. »Hexen. Dämonen. Elfen. Werwölfe. Vampire. Trolle. Feen. All diese magischen Wesen wandeln unter euch Menschen und das schon seit Jahrzehnten.« Seine Stimme war gesenkt und wissend sah er mich an. Scharf zog ich die Luft ein, umklammerte meine Tasse fest und hoffte, ich würde jeden Moment aus diesem Traum erwachen.

»Und ihr ...«, schwer schluckte ich und deutete mit dem Finger auf die Beiden, »seid Hexer?« »Halbhexer!«, warf Magnus ein wenig zu laut ein, was ihn einen wütenden Blick von Neil einfangen ließ. »Halt verdammt nochmal die Klappe Halbling«, knurrte dieser und kniff die Augen zusammen. Ich wollte gar nicht wissen, wieso niemand es hier hören sollte. Jedoch vermutete ich es hieß nichts Gutes.

»Und ähm ... was könnt ihr so?« Fragend zogen sich meine Augenbrauen zusammen und ich warf den Beiden einen auffordernden Blick zu. »Es gibt elf Arten von Hexen«, begann Neil zu erklären. Er zog einen kleinen Block aus seiner Jackentasche und einen Stift. Den Block legte er in die Mitte und malte einen großen Kreis darauf.

Danach zeichnete er elf kleine Kreise an die Linie des größeren Kreises. Diese begann er zu beschriften. Die ersten vier beinhaltete die vier Elemente, welche eine größere Form hatten als die anderen. Die vier Elemente waren an den Eckpunkten des Kreises und es waren jeweils immer zwei gegenüber. Feuer gegenüber von Wasser. Erde gegenüber von Luft.

»Dies sind wohl die vier verbreitetsten Arten. Siebzig Prozent der Hexen sind in diese vier Kreise zu unterteilen«, erklärte Neil und deutete auf die einzelnen Punkte. Danach beschriftete er zwei weitere Kreise, die etwas kleiner waren als die vorherigen. Einen davon links von Feuer mit den Namen Finsternis und den anderen rechts von Wasser mit dem Namen Licht.

»Diese Art von Hexen sind entweder gut oder böse, ein Zwischending gibt es bei ihnen nicht. Davon gibt es zwar ungefähr zehn Prozent, dennoch sind gerade mal zwei davon bekannt«, erzählte er und fuhr sich mit einer schnellen Geste durch das aschblonde Haar.

Es folgten zwei weitere Namen, die links und rechts von Erde und Luft angesiedelt waren. Tiere und Pflanzen. »Sehr naturverbundene Hexen, meist findet man sie auch dort und sie sich wirklich sehr Menschenscheu.«

Danach malte er drei weitere Kreise auf. Der Kreis mit dem Begriff Blut stand zwischen Finsternis und Luft, war sehr klein und deutete wohl damit die Seltenheit dieser Art an. Ein etwas größerer Kreis als Blut mit dem Namen Sand stand zwischen Feuer und Pflanzen. Sand? Was bitteschön konnte diese Hexenart?

Neil schien meinen fragenden Blick bemerkt zu haben. »Meist leben sie in Wüsten und sind oft auch menschenscheu.« Der letzte Kreis trug den Namen Eis/Kälte und war etwas größer als Blut und Sand, stand dabei jedoch zwischen Licht und Erde. »Bevorzugen kalte Gebiete und sind meist sehr offene Persönlichkeiten.« Neil lehnte sich zurück und schob das Blatt zu mir hinüber.

Interessiert musterte ich, legte den Kopf schief und ließ mein Finger dann auf einen winzigen Punkt zwischen Tiere und Wasser fallen. »Fehlt hier nicht einer?« Fragend blickte ich zu Neil hoch. »Das tut er tatsächlich. Aber nur Mary wusste, wo sich eine Hexe dieser Art aufhält und was sie eigentlich kann.«  


Enymir - No magic is infinite  #AtriumAward #IceSplinters18 #TeaAward2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt