❥ Kapitel 11

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Mary wusste Bescheid, sie wusste so vieles und nun war sie tot. Sie hatte ihre Geheimnisse mit ins Grab genommen. Immer wieder gingen mir Neils Worte durch den Kopf, während ich aus meinem Küchenfenster schaute. Zwischen meinen Fingern war eine warme Tasse, gefüllt mit Schwarztee, gefangen und wärmte mich ein wenig.

»Sie hätte uns alle retten können, aber war egoistisch gewesen und gleichzeitig so vorsichtig«, waren Neils Worte gewesen. Mary hatte ihnen nie erzählen wollen, was für eine letzte Hexenart es gab und wo der Schlüssel war. Dabei waren genau dies zwei wichtige Sachen, laut Magnus Worten. Zwar hatten sie mir nicht erzählen wollen wieso, doch irgendwann hatte ich ihnen geglaubt.

In ihren Gesichtern hatte die Verzweiflung gelegen und immer wieder hatte Neil sich suchend umgeschaut, als erwartete er das Böse höchstpersönlich in dem Lokal. Aber vielleicht war dem auch so und ich wusste es nur nicht. Seufzend führte ich die Tasse an meine Lippen und trank einen großzügigen Schluck. Hinter mir hörte ich das Schlürfen von Schritten.

»Kater ausgeschlafen?«, murmelte ich fragend, wand mich jedoch nicht zu Samy um. Brummend antwortete er etwas, was ich jedoch nicht verstand. Bevor ich gegangen war, hatte ich Neil gefragt ob Sam oder seine Schwester was wussten. Er hat es verneint und gemeint ich sollte ja nicht auf die Idee kommen ihnen doch noch was zu erzählen. Die beiden waren Menschen und hatten kein Recht von ihnen zu erfahren.

Zwar sah ich dies anders, als Neil – immerhin war Bella mit Lexie verlobt und würde lange Zeit mit ihr verbringen – doch hatte ich tatsächlich kein Recht mich einzumischen. »Warst du unterwegs? Deine Schuhe lagen so schlampig herum.« Schnaubend nickte ich. »Habe nur schnell meine Sachen geholt.«

Mein bester Freund tauchte neben mir auf und lehnte sich an den Tresen. »Wirklich begeistert siehst du ja nicht gerade aus«, kommentierte er meine Mimik und griff mir einfach meine Tasse aus der Hand. Er trank einen kurzen Schluck, verzog das Gesicht und drückte es mir wieder zurück zwischen die Finger.

»Ich ähm ...« Meine Gedanken nahmen meine gesamte Aufmerksamkeit für sich ein, weswegen ich nur desinteressiert abwinkte. Sams Augenbrauen schoben sich zusammen und er begann auf seiner Unterlippe zu kauen. »Vielleicht sollte ich lieber gehen?« Abwesend zuckte ich mit den Schultern, seine Worte kamen gar nicht erst bei mir an.

Alles was gerade wichtig war, waren die Geheimnisse, die mir anvertraut worden waren und wie ich es am besten für mich behielt. Klar ein kleiner Funken Zweifel blieb, doch im Großen und Ganzen schenkte ich Neil und Magnus mein volles Vertrauen. Was für einen Grund hätten sie mich auch zu belügen? Geld konnten sie von mir jedenfalls nicht wollen, davon hatte ich nämlich nichts.

»Gut«, knurrte er und stieß sich vom Tresen ab. In den nächsten Minuten hörte ich ihn seine Sachen zusammen suchen und dann nur noch das laute Knallen der Haustür. Samy mochte jetzt zwar sauer sein, aber in einem Tag würde sich dies wieder gelegt haben und ich ihn anrufen. Dann würden wir essen gehen und alles wäre wieder im Butter. So verlief ein Streit meistens bei uns, wobei man dies gerade nicht als Streit zählen konnte.

Nachdem mein Tee leer war, begann ich ruhelos die Wohnung aufzuräumen. Ich musste ich unbedingt von meinen Gedanken ablenken, die viel zu viel meines Denkens einnahmen. Klar es war viel was man verarbeiten musste, dennoch wollte ich gerade nicht so viele Gedankenfetzen im Kopf schweben haben.

Mit einem tiefen Ausatmen ließ ich mich schlussendlich auf mein Sofa nieder, legte die Beine hoch und den Kopf in den Nacken. Irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein, denn ich wurde ruckartig aus meinem Zustand gerissen, als ein lautes Krachen zu vernehmen ist.

Flatternd öffneten sich meine Augen und versuchten Fokus zu finden. Aber auch mein Gehirn arbeiteten auf Hochtouren, um sich der Lage bewusst zu werden. Wieder ertönte ein lautes Krachen, welches aus der Küche kam. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. War Sam etwa wiedergekommen und genehmigte sich nun einen Snack? Immerhin hatte er einen Schlüssel für meine Wohnung.

Eine andere Erklärung konnte es nicht geben. Ein Einbrecher würde hier eh nichts lohnenswertes finden. Noch etwas benommen erhob ich mich vom Sofa und machte mich auf den Weg in die Küche. Doch statt meinen besten Freund anzutreffen, der sich einfach nur einen Snack genehmigte, stieß ich auf jemand Unbekannten.

Es war ein Mann mit einem breiten Kreuz. Er trug einen langen schwarzen Mantel, der an meinen Schränken entlang strich wie eine Katze um die Beine ihres Besitzers. Sein Gesicht konnte ich nicht erkennen, dafür jedoch seine Hände, die in meinen Schränken wühlten. Achtlos warf er Gläser und Teller zur Seite. Daher auch der Krach.

An seinen Händen konnte ich schwarze Male entdecken. Sie sahen aus, wie drei Pfeile die man übereinander gelegt hatte und sie alle nun ungefähr Richtung Osten zeigten. Ich war wie erstarrt von diesem Anblick, wusste nicht, was ich tun sollte, dass ich einfach stehen blieb und diese Male anstarrte.

Gerade als er sich bücken wollte, um unter meiner Spüle zu wühlen, schien er mich zu bemerken. »Na endlich bist du wach!«, schnaufte er und streckte sich mit einem ausgiebigen Gähnen. Verwirrt starrte ich ihn an, da er mit mir sprach, als würden wir uns kennen. »Mary Schätzchen, diese Dummheit steht dir ja gar nicht.« Endlich wand er mir sein Gesicht zu, was mich scharf die Luft einziehen ließ.

Seine komplette rechte Gesichtshälfte war übersät mit wulstigen Brandnarben, welche unter dem schwarzen Kragen seines Pullovers verschwanden. Jedoch stachen seine strahlenden hellblauen Augen zwischen den Narben hervor. Amüsiert blinzelten sie mich an, als sie meinen Ausdruck erkannten.

»Ja ich weiß, ich bin der letzte, mit dem du gerechnet hast«, fing er an und augenblicklich wandelten sich seine Gesichtszüge von amüsiert zu ernst. »Aber ich muss unbedingt mit dir reden. Es geht um Clara.«

Natürlich hatte ich keine Ahnung, wer Clara war, weswegen ich instinktiv den Kopf schüttelte. Diese Antwort schien ihm gar nicht zu gefallen. Mit zwei Schritten stand er vor mir und unterzog mich einer genauen Musterung. »Ich dachte, sie hätte gelogen und dir einfach nur die Kette geklaut, ähm ich meine ihr. Aber wie es scheint, stimmt es.« Einige Sekunden verstrichen.

»Du bist nicht Mary«, stellte er nüchtern fest. Seine Worte jedoch halfen mir Clara eine ungefähre Gestalt zuordnen zu können. Es war die kräftige Frau mit Marys Halskette, die mich bewusstlos geschlagen hatte. »Nein bin ich nicht«, stimmte ich zu und schluckte schwer. War dies ein Fehler? Ihm zu sagen, dass ich nicht die Gesuchte war?  

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Falls es unter euch ein paar RPG Begeisterte gibt, so meldet euch doch mal per PN bei mir hätte da vielleicht was für euch (: ♥

Enymir - No magic is infinite  #AtriumAward #IceSplinters18 #TeaAward2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt