Kapitel 1

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Ein normaler Tag wie jeder andere begann in Washington D.C.

Die Menschen liefen auf den Bürgersteigen umher und gingen ihren Tätigkeiten nach. Die Sonne schien am Himmel und spendete in der Mitte des Sommers ihre wohlige Wärme. Kinder spielten auf den Wiesen und machten sich die Ferien zu einem schönen Abenteuer. Bälle rollten und flogen, Drachen schwebten in absehbarer Höhe und das kichern und lachen hallte über die Wiesen. Es wurde nur von dem Lärm der tosenden und hupenden Autos übertönt. Diese reihten sich in endlosen Schlangen über Kleinstraßen und Highways. Alles in Allem also ein Sommer wie er für Washington wie gemacht ist. Es wäre auch endlos so weiter gegangen wenn sich ein Junge auf dem Weg zu seinem Seminar nicht verspätet hätte.

Die Rede ist von Anthony Finch. An diesem ach so schönen Sommertag hatte er ein Seminar für fortgeschrittene Physik besuchen wollen, dabei hatte er nur vergessen den Wecker zu stellen. Also rannte Anthony die meiste Zeit des Morgens durch Washington D.C. auf dem Weg in die Universität die das Seminar auch jüngeren Besuchern geöffnet hatte. Anthony war keineswegs erwachsen. Er war gerade einmal 15 Jahre alt, und war noch reichlich grün hinter den Ohren. Die meiste Zeit in der Schule hatte er damit verbracht Lehrer zu korrigieren, Einsen zu schreiben und von anderen Schülern gehänselt zu werden. Wegen seines beachtenswerten IQ von 189 war er als Genie zu einem Stipendium von mehreren Colleges eingeladen. Auch wenn Anthony spaß gehabt hätte das College schon mit 15 zu besuchen, hatte er sich dazu entschlossen ein Schuljahr zu wiederholen und alles langsam anzugehen. Das College hätte viel zu viele Anforderungen an ihn, dachte er sich. Aber einem College Besuch konnte er nur entkommen wenn er eine Bahnbrechende Entdeckung in seiner Lieblingsnaturwissenschaft Physik machte. Deswegen also das Seminar für fortgeschrittene Physik. Mit seinen langen Beinen trug Anthony sich schnell und effizient über den Asphalt und wechselte immer wieder die Straßenseite zwischen den stehenden Autos um Menschenmengen auszuweichen. Menschen waren Anthony generell nicht sehr geheuer. Sie waren nicht logisch. Sagte man ihnen die Wahrheit, wie er einst seiner Lehrerin gesagt hatte sie sei nicht qualifiziert, waren sie sauer. Und log man sie an, waren sie das auch. Manchmal weinten sie sogar. Deswegen pflegte Anthony nur wenige Kontakte. Als er durch eine Seitengasse huschte fiel ihm ein dunkler Van ins Auge. Sein eidetisches Gedächtnis meldete sich. Anthony blieb stehen. Er kannte den Van. Das Kennzeichen hatte er definitiv einmal gesehen.

Anthony erinnerte sich wieder. Er hatte den Van vor wenigen Minuten in die andere Richtung fahren sehen. Dann war er noch einmal an einer Kreuzung aufgetaucht und dann noch einmal vor wenigen Sekunden. Anthony war nur noch wenige Minuten von der Universität entfernt. Also nahm er das Tempo wieder auf und prüfte ob der Van sich bewegte. Er lief um eine Ecke und lugte dahinter hervor. Und tatsächlich. Kaum war er um die Ecke startete der Fahrer den Wagen, wendete und folgte Anthony auf einer Nebenstraße. Anthony war jetzt beunruhigt. Er erhöhte sein Tempo und raste über den Bordstein. Er war nicht nur Intelligent sondern auch sportlich. Er konnte ohne Probleme eine ganze Stunde Joggen und dabei einen 10 Kilo schweren Wagen ziehen. Zwar nicht groß, gerade einmal 1,76 m aber dafür schlank und mit unauffälligen dezenten Muskeln bepackt. Seine grauen Augen waren immer hellwach und die kleinen Ohren immer auf jedes Geräusch gefasst. Seine genauso grauen Haare, ein Gendefekt seiner Mutter, waren kurz und lässig nach hinten geworfen. Alles in allem sah er wahrscheinlich ganz passabel aus, doch seine mangelnde Interaktionsfähigkeit mit Menschen machte ihn zum Außenseiter.

Also sprintete er über den Bordstein in Washington DC und rempelte jetzt auch Passanten an. Etwas in seinem Kopf sagte ihm er musste weg, und sein Kopf war der einzige dem er vertraute. Er konnte die Universität schon sehen, doch war noch ein gutes Stück entfernt. Er konnte den Van hinter sich hören. Er hatte sich den Klang des Motors in den Sekunden, in denen er sie gehört hatte eingeprägt, und jedes Geräusch das er kannte, erkannte er unter Millionen anderen. Also machte der allgemeine Trubel ihn nicht mehr oder weniger Blind oder Taub für Einzelheiten. Der Van war in Hörweite. Zu nah für Anthony um stehen zu bleiben und sich umzusehen. Aber zu weit weg als das er jetzt aufgeben würde. Er rutschte links in eine Seitengasse und rannte diese Entlang. Bei der nächsten Gelegenheit bog er wieder rechts ab und hielt auf die Uni zu. Als er sie fast erreicht hatte verlangsamte er sein Tempo, brachte seinen Puls unter Kontrolle und verlangsamte seine Atmung. Als er dann bereit war die mit Wissen gefüllten Hallen zu betreten, unter dem riesigen Torbogen hindurchzugehen und sich in das Seminar zu setzen, stachelte eine Stimme in seinem Hinterkopf ihn dazu an sich umzudrehen. Also tat er das und sah den Van die Auffahrt zur Uni nehmen. Adrenalin wurde in seinem Körper in Sekundenschnelle verteilt, sein Atem wurde flacher, seine Pupillen weiteten sich und sein Körper spannte sich an. Er Ballte instinktiv die Fäuste und schwitzte plötzlich unnatürlich viel. Er machte sich auf alles gefasst.

Anthony Finch - Der Beginn einer ÄraWhere stories live. Discover now