Am nächsten Morgen stehen wir mehr oder weniger pünktlich auf. Zumindest rechtzeitig, sodass wir noch zum Frühstück hinunterkommen. Gleich nach dem Frühstück beginnen wir dann auch schon zu drehen. Cole hat sich, nebenbei bemerkt, nicht wieder beruhigt. Also plant Lili, heute noch mit ihm zu reden.
„Eva? Kannst du mir bitte mal helfen?" schreit der Lichttechniker über den ganzen Platz. Ich nicke und laufe zu ihm rüber. Irgendwie kommt mein Charakter in dieser Szene nicht lange vor, also helfe ich zwischendurch immer den Lichttechnikern. Einfach weil ich sozial bin. Also helfe ich wieder mal aus. Und ganz ehrlich? Die hier brauchen dringend mehr Lichttechniker.
Eine Stunde später bin dann auch endlich ich mal an der Reihe. Auch wenn ich in dieser Szene nicht unbedingt viel Text habe, kann ich ihn einwandfrei auswendig. Denn auch wenn man das bei mir nicht erwartet, bin ich ziemlich ehrgeizig. Auch in der Schule war ich immer eine sehr gute Schülerin. Und das, obwohl mein gesamtes Umfeld sagt, ich wäre der faulste Mensch, den sie kennen.
Also spreche ich so emotional wie möglich meine Zeilen ein paar mal, bis der Regisseur sich letztendlich zufriedengibt. Als ich jedoch wieder hinter die Kamera gehe, höre ich schon von weitem eine ziemlich laute Diskussion. „Hör mir doch einmal zu! Du kannst nicht einfach sauer sein und nicht mehr mit uns reden, aber nicht sagen, was los ist!" ganz eindeutig Lili. „Du siehst doch, dass ich das kann. Und jetzt lasst mich in ruhe, ich muss drehen."
Darauf sehe ich, wie ein ziemlich aufgewühlter Cole Sprouse wieder hereinkommt und mich absichtlich, oder unabsichtlich, ich weiß es nicht, anrempelt.
Und das ziemlich fest. So fest, dass ich hinfalle, um genau zu sein.
„Steh nicht immer so im Weg." Sagt er nur statt einer Entschuldigung. Und langsam beginnt er, mich aufzuregen. Ich bin normalerweise wirklich keine Person, die Streit sucht oder ähnliches. Aber bei einem gewissen Punkt reicht es auch mir.
„Ich stehe nicht im Weg. Ich denke nur, dass du einmal lernen solltest, dich selbst ein bisschen besser zu kontrollieren. Ich kann auch nichts dafür, dass es dir nicht gut geht. Also lass es nicht an mir aus." Mit diesen Worten lasse ich ihn stehen und gehe wieder zu den Lichttechnikern, die sich anscheinend sehr über meine Mithilfe freuen.
Ich bin halt immer noch sozial wie Scheiße.
Einige Stunden später sitzen wir wieder alle beim Abendessen. Also alle, außer Cole. Wir reden über belangloses Zeug, das Drehbuch und ähnliches. Doch auf einmal sagt Lili etwas, das uns alle verstummen lässt.
„Leute? Cole ist wieder nicht da und langsam mache ich mir Sorgen. Können wir ihm nicht bitte ein bisschen Essen bringen, damit er wenigstens irgendetwas isst?" So ziemlich alle am Tisch sehen sie aus einer Mischung aus Entsetzen und Zustimmung an.
„Lili, ich finde es ja wirklich süß, dass du dir solche Sorgen um ihn machst, aber er ist selbst schuld. Und schau dir doch mal an, wie er dich und uns alle heute behandelt hat. Wenn er Hunger hat, wird er sich schon irgendwo etwas zu essen organisieren." Sagt Camila darauf.
Manche nicken zustimmend, andere sehen nicht allzu begeistert aus. Ich werde mich da einfach mal raushalten. „Schon, aber irgendwie ist er quasi ein Teil der Familie und wir sollten uns um ihn kümmern, wenn es ihm schlecht geht." Sagt nun Lili wieder.
Auch Camila scheint langsam ein bisschen einzuknicken und sich geschlagen zu geben. „Okay, wenn du meinst. Aber ich bringe ihm sein Essen sicher nicht, und du bitte auch nicht. Ich will nicht, dass wieder so etwas wie heute passiert."
Mittlerweile scheinen alle mehr oder weniger einer Meinung zu sein und es folgt eine Diskussion darüber, wer nun Mr. Sprouse sein Essen bringen sollte. KJ schließt sich selbst schon mal aus, genauso wie Madelaine und Ashleigh.
„Ich wüsste jemanden, der gehen könnte. Dann sieht er mich fragend an. „Natürlich nur, wenn es für dich okay ist. Ich glaube nämlich, dass er Eva auf eine verkorkste Art und Weise respektiert. Einfach, weil sie sich von ihm nicht provozieren lässt."
Ich überlege kurz. Irgendwie bin ich auch überrascht, dass Casey Cott 1. Weiß wie ich heiße und 2. Glaubt, dass ich dieser Aufgabe gewachsen sein könnte. Ich habe mit ihm nämlich noch nicht wirklich ein Wort gewechselt.
Am Tisch sehen mich nun alle Augen erwartend und gleichzeitig fragend an. „Ich glaube auch, dass du das wirklich gut machen würdest." Meldet sich nun Madelaine zu Wort. Was spricht eigentlich dagegen? Ich scheine nämlich wirklich als einzige nicht Angst oder sonst irgendetwas vor Cole zu haben.
„Okay, ich mach's. Aber wenn er es nicht annimmt, kann ich auch nichts dafür. Die meisten Anwesenden nicken erleichtert, wahrscheinlich, weil sie selbst es jetzt nicht machen müssen.
Dieser Cole scheint ja einen sehr speziellen Charakter zu haben.